"Babel" bringt Leben ins Festival
Nach zwei Tagen, in denen der Wettbewerb etwas durchhing und gerade die Cannes-Veteranen kaum Impulse gaben, kann das Festival de Cannes mit Alejandro González Iñárritus "Babel" sein erstes Meisterwerk vermelden.
Nach zwei Tagen, in denen der Wettbewerb etwas durchhing, während der zunächst als schwach eingeschätzte Markt florierte, kann das Festival de Cannes mit Alejandro González Iñárritus "Babel" sein erstes Meisterwerk vermelden. Den Abschluss einer losen Trilogie, zu der "Amores perros" und "21 Gramm" gehören, erkennt man aufgrund seiner fragmentierten Erzählweise eindeutig als Werk des mexikanischen Regisseurs, der hier durch Raum und Zeit zwischen vier Geschichten und Handlungsorten springt, deren Zusammenhang sich erst nach und nach erschließt: Ausgehend von einem Gewehrschuss, den zwei marokkanische Ziegenhirtensöhne unbedacht auf einen Bus in der Entfernung abfeuern, wird über ein amerikanisches Ehepaar auf Afrika-Reise, die taubstumme Tochter eines japanischen Industriellen, die vom Selbstmord ihrer Mutter traumatisiert ist, eine mexikanische Haushälterin, die mit den ihr anvertrauten Kindern von San Diego nach Mexiko reist, um der Hochzeit ihres Sohnes beiwohnen zu können, und eben die Familie der beiden marokkanischen Jungen erzählt. Wie bereits der Titel des ambitionierten Dramas vermuten lässt, ist das übergeordnete Thema die Unfähigkeit des modernen Menschen zur Kommunikation. Aber "Babel" ist nie dogmatisch, sondern involviert aufgrund seiner Figuren und der leicht nachvollziehbaren und doch extremen Situationen, in denen sie sich wieder finden. Mit u. a. Brad Pitt, Cate Blanchett und Gael Garcia Bernal ausgezeichnet besetzt, wagt Iñárritu den Blick über den eigenen Tellerrand, verbindet Privates mit Politischem: Wenn jemals der Begriff Weltkino zutreffend war, dann für diesen elektrisierenden Film, der brisanter und aktueller nicht sein könnte.