Blickpunkt:Film

Festival

Das 19. [Fünf Seen Filmfestival](/company/fuenf-seen-filmfestival) startet am 9. September mit „[Jane Austen und das Chaos in meinem Leben](/movie/jane-austen-a-gache-ma-vie)“ in Starnberg. Wir sprachen vorab mit dem Gründer und Leiter [Matthias Helwig](/person/matthias-helwig), der auch Betreiber der Breitwand Kinos ist, über den Nachwuchs und seine Erwartung.

**Wie jedes kleines Festival haben Sie mit der Finanzierung zu kämpfen. Ist es vielleicht ein bisschen leichter, weil etwa Starnberg eine reiche Stadt ist?**

Matthias Helwig: Das kann man leider nicht so sagen. Starnberg ist nicht viel reicher als andere Städte und Kommunen, weil die Einkommensteuer gedeckelt ist. Dieses Jahr hat die Stadt aufgrund der Proteste und der hohen Aufmerksamkeit für das Festival, sich wieder mit dem üblichen Betrag engagiert. Aber letztendlich ist jedes Gleichbleiben der Unterstützung eine Reduzierung, weil die Kosten wie in jedem Unternehmen steigen. Für die Größe und Strahlkraft unseres Festivals sind wir unterfinanziert. Im Gegensatz zum DokFest oder dem Filmfest München haben wir nur eine einzige Festangestellte über das Jahr. Wir bräuchten mindestens eine Personalstelle mehr. Jedes Jahr ist ein Kampf.

**Bei der Pressekonferenz war der Nachwuchs sehr präsent und ist über verschiedene Sektionen und in eigenen Sektionen prominent im Programm vertreten. Wie wichtig ist der Nachwuchs- bzw. Talent Film für ihr Festival?**

Das Problem ist der Name, die Bezeichnung. Ich finde, es gibt einen guten und einen schlechten Film. Nur die Branche will einen Debütfilm sehen. Aber zur Frage: Dieses Jahr hatten wir einfach einen sehr starken Jahrgang an jungen Leuten, die gute Filme machen. Das hat sich schon beim Max Ophüls Preis in Saarbrücken gezeigt oder auch beim Filmfest München, bei dem „[Karla](/movie/karla_c)“ oder „[Zweigstelle](/movie/zweigstelle)“ lief, die wir auch zeigen. Es wäre sehr schön, wenn sie mehr Chancen hätten. Aber die Realität sieht so aus, dass diese Filme zwar gefördert werden, auch Verleihförderung bekommen, aber im normalen Kinogeschäft keine große Rolle spielen. Das ist sehr schade. Dafür gibt es Festivals, die versuchen, diese jungen Leute nach vorne zu bringen, ihren Filmen Aufmerksamkeit zu verschaffen. Wir haben etwa auch früh [Petra Volpes](/person/petra-volpe) Filme gezeigt, die dieses Jahr Ehrengast ist.  

![„Zweigstelle“ (Foto: WennDannFilm/ Luis Zeno Kuhn)
](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/e6f2a342-2e6e-42ad-a6cb-7bb4aea16352.jpg)

**Was tun Sie, um auch das jüngere Publikum fürs Kino zu begeistern?**

Es gibt ein Angebot für Jüngere, es richtet sich an Leute unter 30 Jahren. Letztes Jahr hatten wir noch einen Festivalpass U 25. Das ist natürlich nicht die Lösung. Die Branche, die Medien dürften nicht immer nur Blockbuster bewerben. Heutzutage gibt es kaum Menschen, die sechs oder sieben Filme, die in einer Woche starten, auf dem Schirm haben. Das normale Publikum hat höchstens einen, wenn überhaupt, auf dem Schirm. Wenn nur Blockbuster beworben werden, muss man sich nicht wundern, dass nicht mehr und andere Filme gesehen werden. Auch die Förderer machen Fehler. Filme, die mehrere Millionen einspielen können, brauchen keine Förderung, finde ich. Es ist alles viel komplexer. Das Fördersystem ist eigentlich nicht förderlich.

**Wie sieht es mit dem noch jüngeren Publikum aus?  Wie führt man etwa auch Kinder ans Kino heran, an Kinokultur, macht es Ihnen schmackhaft, dass sie nicht zu Hause bleiben und streamen oder Games spielen?** 

Beim Festival ist auch der Film für Kids stark vertreten und wir erwarten auch Regisseure zu ein paar der Titel. Familien auch ins reguläre Kino zu locken, ist ein schwieriges Geschäft, wenn es sich nicht um Marken handelt, wie „Die Schule der magischen Tiere“. Als Kinobetreiber werde ich damit Geld verdienen, aber Norbert Lechners „[Das geheime Stockwerk](/movie/das-geheime-stockwerk)“ ist etwas anderes. Der Nachteil meines Festival ist, dass es nicht in einer größeren Stadt stattfindet. Uns fehlen Studenten, die Leute zwischen 20 und 40. Hier gehen die Jungen weg und kommen wieder, wenn sie Familie haben und Eltern mit Kindern haben null Zeit… Du musst ein Event schaffen, damit die Menschen (wieder) ins Kino gehen, ein Festival. Und ein Festival muss gefördert werden. 
 
 
**Wie schätzen Sie gezielte Ansprache auf Social Media ein?**
 
Wir arbeiten natürlich auch mit Social Media, aber wenn Sie mich fragen, ist vieles Augenauswischerei. Man muss in diese Communitys reinkommen. Schulkinowochen oder ähnliches sind eine tolle Idee, aber die Familien gehen dann doch nur in „Die Schule der magischen Tiere 4“ oder in „Räuber Hotzenplotz“ und ein 16-Jähriger in einen Film, auf den er über seine Chats aufmerksam wurde.
 
**Mit dem Open Air Starnberg  haben Sie vor kurzem die besten Zahlen seit 2019 geschrieben. Was erwarten Sie sich nun vom Fünf Seen Filmfestival?** 
 
Früher hätte ich gesagt, es kommt eh keiner. Nach 19 Jahren hat sich das Festival etabliert. Es würde mich sehr überraschen, wenn wir weniger Zuschauer erreichen würden als sonst. Ich denke, wir halten die Zahlen und natürlich freue ich mich über einen kleinen Zuwachs. Es kommt natürlich auch auf das Wetter an. Meines Erachtens gäbe es das Programm her, um auch aus München Publikum zu mobilisieren. Wir probieren es. 
 
**Nächstes Jahr feiern Sie 20. Jubiläum. Dafür haben Sie bestimmt schon Ideen.** 
 
Na ja. Man hat so ein paar Gedanken, aber darüber will ich eigentlich noch nicht reden, ich feiere nächstes Jahr auch 40 Jahre Kino machen... 
 
**Das lässt sich gut kombinieren.** 
 
Ja, genau. Wir werden es versuchen, die Anträge werden wir erst nach der 19. Ausgabe stellen. Wir müssen schauen, dass wir das aktuelle Festival über die Bühne bringen. 

![„The Settlement“. Foto: Hassala Film](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/ff48da17-48f9-4a18-a5b9-194032f6a595.jpg)
 
**Welche Filme, welche Programmpunkte empfehlen Sie?** 

Ich liebe Architektur, war auf der Architekturbiennale in Venedig. Und freue mich deswegen über unseren neue Reihe, die wir im nächsten Jahr fortsetzen werden mit einem vielleicht spezielleren Fokus. Ich persönlich mag Filme wie „Half Moon“ über einen syrischen Klarinettisten, der in einer Welt voller Ruinen versucht, mit seiner Musik die Gesellschaft wieder nach vorne zu bringen, oder das ägyptische Drama „The Settlement“ um zwei Brüder in Kairo, die sich mit schwerer Arbeit durchschlagen müssen, weil sie uns eine ganz andere Welt zeigen. Die Neugierde zu entdecken, was hinter den Fernsehbildern steckt, ist mir überhaupt ein Thema und eine Grundvoraussetzung für einen Festivalbesucher. Wir haben auch Filme, die ganz still sind und Filme, in denen man herzhaft lachen kann, wie bei „Zweigstelle“. 



FSFF-Leiter Matthias Helwig zur 19. Ausgabe: „Jedes Jahr ist ein Kampf“