Blickpunkt:Film

Film

Die offensichtlichste Frage zuerst: Was macht Ihnen so viel Spaß daran, das Weiße Haus immer wieder in die Luft zu sprengen?

[ROLAND EMMERICH](/person/roland-emmerich): Das ist einfach eine Entwicklung gewesen: Als ich "[Independence Day](/movie/independence-day)" drehte, fragten wir uns, welches Gebäude in Washington zerstört werden soll. Produzent [Dean Devlin](/person/dean-devlin) schlug das Capitol vor, ich aber fand es viel brisanter, sich das Weiße Haus vorzunehmen, was in den USA wie eine heilige Kuh verehrt wird. Fox wollte die Explosion des Weißen Hauses anfangs gar nicht im Teaser haben. Wir testeten zwei Versionen, und die mit der Explosion funktionierte sehr viel besser. Bei "[2012](/movie/2012)" standen wir vor der gleichen Frage, was in Washington untergehen soll. [Harald Kloser](/person/harald-kloser) meinte, wenn wir nicht das Weiße Haus nehmen, werden alle fragen, warum diesmal nicht. Wenn man einmal mit eine Sache angefangen hat, kommt man nicht mehr davon los.


Sie hätten "White House Down" ja auch ablehnen können.

Das wollte ich ursprünglich auch. Schon als ich den Titel "[White House Down](/movie/white-house-down)" auf dem Drehbuch las, sagte ich, das ist absurd, das mache ich nicht. Aus Respekt habe ich dann doch das Skript gelesen, weil in Los Angeles darüber viel gesprochen wurde und viele meiner Freunde ganz heiß darauf waren. Ich wollte es eigentlich nur anlesen, um mitreden zu können, bis es 2:30 Uhr morgens war. Ich fand es wirklich großartig, zumal man von außen nicht so viele gute Drehbücher angeboten bekommt.


Was wussten Sie über das Projekt "Olympus Has Fallen", das thematisch fast identisch ist?

Davon war mir nichts bekannt, als ich den Job übernahm. Hätte ich von "[Olympus Has Fallen](/movie/olympus-has-fallen-die-welt-in-gefahr)" gewusst, wäre ich sicherlich nochmals ein bis zwei Wochen in mich gegangen, um zu recherchieren, wie ernst die Lage ist. Wahrscheinlich hätte ich es sogar abgelehnt, weil es mich schon immer ärgerte, wenn mehrere Filme das gleiche Thema behandeln. In unserem Fall ist es auch noch extremer, weil es ja wirklich das gleiche Haus ist und nicht wie etwa 1997, als "[Volcano](/movie/volcano)" und "[Dante's Peak](/movie/dantes-peak)" gegeneinander antraten, aber es um verschiedene Vulkane ging.


Letztendlich hat es "White House Down" also geschadet, dass "Olympus Has Fallen" in den USA bereits drei Monate früher gestartet ist?

Ja, das war ein Riesenproblem. In Amerika ist es auch ein bisschen anders als in Deutschland: Als wir mit der Fernsehwerbung begannen, wurde auf Twitter gefragt: "Warum noch einen?" Worauf wir antworteten: "Vielleicht weil unser Film besser ist!" Aber das interessiert dann nicht. Aber an den Boxoffices werden wir immer besser. In Japan und China ist "White House Down" richtig gut angelaufen, und ich hoffe auch, dass der Film in Europa besser angenommen wird.


Hat es Sie dennoch getroffen, dass "White House Down" gerade in den USA hinter den Erwartungen zurückblieb?

Das ist immer so, wenn so etwas passiert. Aber besonders fürs Studio war es ein Schock, denn Sony hat das Projekt initiiert. Alles sprach dafür, dass der Film ein Hit wird. Aber da spielen eben auch noch andere Dinge wie der Zeitgeist eine Rolle. Hinzu kam, dass Obama in den USA immer mehr in die Kritik geraten ist und verschiedene Publikationen unseren Film als Obama-Porn bezeichneten. Das will man über seinen Film nicht hören, weil dann fast 50 Prozent der Leute, die sich den Film vielleicht angesehen hätten, wegbleiben.






Wie sehr stehen Sie in der Verantwortung?

Ich habe meinen Job so gut wie möglich gemacht. Jetzt ist es eine weltweite Frage, inwieweit der Film seine Kosten wieder einspielt. Anfangs wird er wahrscheinlich weniger einspielen, aber er wird irgendwann auch im Fernsehen gezeigt und gewiss so lange laufen können, bis positive Zahlen herauskommen. Mit "[Der Patriot](/movie/der-patriot_f)" erging es mir ähnlich. Anfangs war der Film nicht so erfolgreich, doch durchs Fernsehen ist er zu einer der meist gesehenen Filme geworden.


In "White House Down" geht es auch um den Diebstahl von Geheimdaten der US-Regierung. Ist der aktuelle Bezug auf die Snowden-Affäre eher Zufall oder Absicht?

Es ist ein langer Prozess, bis aus einem Drehbuch ein fertiger Film wird. Insofern kann man nie wirklich auf Aktualität setzen. Auf der anderen Seite denke ich, dass man, selbst wenn man einen Unterhaltungsfilm drehen will, ehrlich sein und überlegen sollte, was in unserer Welt gerade los ist. Dazu gehört das Internet - sowohl im Negativen als auch im Positiven. In "White House Down" ist da einerseits der Hacker, der Geheimnisse klauen will, andererseits die Tochter, die über Wikileaks spricht, einen eigenen Youtube-Channel hat, und damit die Öffentlichkeit präsentiert.


Was ist an dem Gerücht dran, Sie würden eine Fortsetzung von "Independence Day" planen?

Da bin ich ständig dran, und anfangs waren sogar zwei Fortsetzungen angedacht. Aber wir haben entschieden, erst mal nur einen Teil zu drehen, weil letztendlich die Zuschauer entscheiden müssen, ob sie das nochmals sehen wollen oder nicht. Mir ist es daher wichtig, dass das Drehbuch perfekt sein muss, sonst mache ich den Film nicht.


Es war sogar angedacht, den ersten "Independence Day"-Film als 3D-Fassung erneut ins Kino zu bringen.

Inzwischen haben wir uns aber wieder dagegen entschieden. Denn diese 3D-Neuauflagen alter Filme gehen gerade ziemlich nach unten, und man schädigt seinen Film damit nur. Obwohl "[Jurassic Park](/movie/jurassic-park)" noch ganz gut gelaufen ist, aber Dinosaurier in 3D wollen die Leute einfach sehen.


Auf imdb wurde "Asteroids" als Ihr nächster Film angekündigt.

Nein, aber ich bin mit Produzent [Lorenzo di Bonaventura](/person/lorenzo-di-bonaventura) befreundet, der mich immer für Filme gewinnen will. Bei "Asteroids" sagte ich, dass ich es mir eine Woche lang überlegen werde. In dieser Woche wurde das dann einem Journalisten gesteckt, vor allem, um das Projekt anzuheizen, und schon steht es im Internet.


Was wird also Ihr nächstes Projekt?

Eigentlich mag ich keine Superhelden-Filme. Das sind für mich Fünfzigerjahre-Storys, die auch heute noch verkauft werden. Ich fragte mich dennoch, warum keine neuen Superhelden erfinden. Deshalb will ich mit Harald Kloser jetzt den Versuch mit "[Singularity](/movie/singularity)" starten. Es geht um die "Creation of the first man of the future" und ist eine Originalstory. Mal sehen, ob das erfolgreich ist, um daraus eine Serie zu machen. Aber soweit sollte man vielleicht gar nicht vorausdenken. Wichtiger ist es, eine gute Geschichte zu erzählen. Uns ist aber nur klar geworden, dass "Singularity" genauso daherkommt wie ein Superhelden-Film.

"Der Vorwurf 'Obama-Porn' ärgert mich"