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Blickpunkt:Film: [Baden-Baden](/company/televisionale-film-und-serienfestival-baden-baden), Deutscher Fernsehpreis - Sie werden mit Nominierungen überhäuft. Ein Ansporn, sich selbst zu überbieten?

GS: Die Frage lautet für mich: Welche Stoffe möchte ich gern und mit Leidenschaft machen? Man kann sich nicht einfach bewusst vornehmen, etwas zu toppen. Oder etwa gezielt planen, einen Film für den Fernsehpreis zu machen, damit geht man sofort baden.

BF: Dann müssen Sie aber noch den Sender überzeugen.

GS: Wenn man selbst von etwas wirklich überzeugt ist, hat man beim Pitch eine ganz andere Überzeugungskraft, als wenn man nur eine Geschichte vorschlägt, von der man glaubt, sie passe zu dem Sender. Das wird dann beliebig. Wenn man unbedingt eine Geschichte erzählen will, ist eine ganz andere Energie dahinter, und die spürt der Gesprächspartner auch.

BF: In "Einmal so wie ich will" steigt die Protagonistin unverhofft in Südafrika aus ihrem bisherigen Leben aus. Ist die Frage nach dem Sinn des Lebens mittlerweile zu einer der wichtigsten Fragen unserer Gesellschaft geworden?

GS: Für mich ist sie augenblicklich die interessanteste. Man hat dem Osten den Sozialismus und dem Westen den Kapitalismus genommen, den Gesellschften ihre Glaubensgrundfesten genommen. Darum korrodiert die Demokratie und sind die politischen Institutionen so gänzlich ohne irgendeine Substanz, weil es keine neuen Glaubensgrundlagen gibt. Mittlerweile hat unsere innere Wertestruktur mit der äußeren nichts mehr zu tun. Es gibt keine Großfamilien mehr, nur noch Einzelkämpfer, die sich als Egomanen um sich selbst drehen. Dadurch klappt das System zusammen, und man wird gezwungen, sich zu fragen: Worum geht es eigentlich? So stellt sich die Sinnfrage immer stärker. Bei "Einmal so wie ich will" findet die Protagonistin den Mut, mit 60 auszusteigen, kann sich aber von heute auf morgen nicht einfach ändern.

BF: Haben Sie im Bereich der Gesellschaftskritik Ihr Thema gefunden?

GS: Das ist für mich ein zentrales Thema. Ich mache gerade die Therapeutengeschichte "Helen, Ted und Fred". Darin geht es um den ganz normalen Wahnsinn im Alltagsleben. Um die Lebenslügen, mit denen wir es uns so bequem gemacht haben, die uns aber ersticken. Im kommenden Jahr werde ich eine Geschichte über die Verbürokratisierung der Arbeitsbeschaffung machen. Wir organisieren uns zu Tode. Die Leute werden nicht ermuntert, mit Lust zu tun, was ihnen Spaß macht. Das Anspruchs- und Versorgungsdenken wird immer weiter genährt, und wenn es nicht erfüllt wird, stellen sich Frust und Erstarrung ein. Es geht zuletzt immer um Selbstverantwortung. Wäre sie selbstverständlicher, würde es vielen besser gehen.

Gabriela Sperl über "Einmal so wie ich will"