Blickpunkt:Film

Film

Warum wollten Sie den Film unbedingt auf französisch und als französische Produktion machen?

[CHRISTOPHE GANS](/person/christophe-gans): Es ist wichtig für die französische Produktionslandschaft. Ich habe ja bereits zwei Filme in Hollywood realisiert, "[Crying Freeman](/movie/crying-freeman-der-sohn-des-drachen)" und "[Silent Hill](/movie/silent-hill)", ich habe also keine Probleme mit den Amerikanern. Ich liebe amerikanische Filme. Aber ich finde es wichtig, Entertainment in der eigenen Sprache, Ästhetik und mit den eigenen kulturellen Referenzen herzustellen. In den Neunzigerjahren liebte ich das Hongkong-Kino, ich schätzte nicht nur die filmischen Qualitäten, etwa in den Actionszenen, sondern genoss das Exotische, die Sprache, die Kostüme. Als ich "[Pakt der Wölfe](/movie/pakt-der-woelfe)" drehte, fragte man mich: "Was willst du mit diesem Film?" Ich antwortete: " [Tsui Hark](/person/tsui-hark) realisierte '[Once Upon a Time in China](/movie/wong-fei-hung-chi-saiwik-hung-si)', ich will 'Once Upon a Time in France' machen." Ich glaube, dass "[Die Schöne und das Biest](/movie/die-schoene-und-das-biest_3d)" vom US-Publikum als ein Stück exotisches Kino betrachtet werden wird. Als ich [Jean-Pierre Jeunet](/person/jean-pierre-jeunet) in den USA traf - er stellte dort "[Die fabelhafte Welt der Amélie](/movie/die-fabelhafte-welt-der-amelie-best-of-cinema)", ich "Parkt der Wölfe" her -, sagte er mir etwas sehr Wahres: "Christophe, weißt du, warum wir hier sind? Weil wir Frankreich repräsentieren." Das erklärt den internationalen Erfolg unserer Filme.


Warum drehten Sie in [Studio Babelsberg](/company/studio-babelsberg-motion-pictures)?

Weil es die nötigen Kapazitäten hatte. "Die Schöne und das Biest" ist in nur 57 Tagen entstanden, das ist sehr schnell für einen Film wie diesen. In Babelsberg hatten wir ein Dutzend Sets zur Verfügung. Ich konnte von einem zum anderen wechseln, während das erste umgebaut wurde. In Paris wäre das nicht möglich gewesen. Als ich überlegte, wo wir drehen könnten, hatte ich neben Babelsberg auch Prag und Montreal im Kopf. Ich entschied mich für Babelsberg. Deutsche und Franzosen sind kulturell eng verbunden. Wenn ich den deutschen Teammitgliedern etwas zu den Kostümen oder Requisiten sage, wissen sie sofort, wovon ich spreche. Das wäre in Kanada nicht so gewesen. "Die Schöne und das Biest" ist ein europäischer Film. Trotzdem haben wir die Spezialeffekte in Montreal umsetzen lassen, da gibt es ein kleines Silicon Valley mit den nötigen Kapazitäten. Alle Heads of Department stammen aus Frankreich. Das Know-how und Können holten wir uns in Deutschland und Kanada.


Ist die Arbeitsweise in Deutschland nicht etwas anders als in Frankreich?

Eigentlich nicht. Die Herausforderung dieses Films ist eine andere wegen der zahlreichen CGI-Szenen. Ich habe sechs Monate lang jede einzelne Einstellung detailliert durchgeplant und designt. Der Film kostete etwa 35 Mio. Euro. Das ist ein recht hohes Budget, aber nicht gigantisch. Der Standard der Effekte und die gesamte Ästhetik des Films sind sehr ansprechend und gelungen, wie ich finde. Wir haben uns aber auch um das kleinste Detail gekümmert, nichts verschwendet. Nur so konnten wir das Budget einhalten.





Warum gibt es so lange Pausen zwischen Ihren Filmen?

Ich mache nicht jeden Film, der mir angeboten wird. Ich möchte, dass ein Film meine Handschrift trägt. Meine Filme funktionieren am Boxoffice. Ich bin nur eben sehr wählerisch. Ich habe auch nicht pausiert, sondern an vielen Projekten gearbeitet. Aber wenn ich das Gefühl habe, dass der Produzent und ich nicht auf einer Wellenlänge sind oder irgendetwas anderes nicht zu 100 Prozent stimmt, dann lasse ich es lieber. Ich stehe zu all meinen Filmen, bereue nichts. Außerdem liebe ich es, Filme zu sehen. Ich bin froh, meine eigenen machen zu dürfen, und bin auch völlig entspannt dem gegenüber, was die Leute über meine Arbeit sagen. Ich habe all mein Herzblut investiert. Ich bevorzuge gut geschriebene, fundierte negative Kritiken vor positiven ohne Begründung.


Sie mixen Altmodisches, wie etwa in der Musik und den Kostümen, mit sehr modernen Elementen, wie der bewegten Kamera. Wie entscheiden Sie sich für den Stil?

Als Filmeliebhaber kombiniere ich gern altmodische Elemente mit neuer Technologie. Als Hommage an [Michael Powell](/person/michael-powell), an "[Die roten Schuhe](/movie/die-roten-schuhe)", "[Die schwarze Narzisse](/movie/schwarze-narzisse)" etwa, orientiere ich mich an deren Farbgebung. Gleichzeitig drehe ich mit Digitalkamera, stehen mir über den Computer all die CG-Bilderwelten zur Verfügung. Was mich interessiert, ist, eine Brücke zwischen dem Alten und dem Neuen zu bauen. Ich bin ein großer Fan von [James Cameron](/person/james-cameron). Er benutzt das Vokabular der Filme der Fünfziger und brandneue Technologie. In jeder Kunstform müssen wir uns über die Vergangenheit bewusst sein, um eine Zukunft zu kreieren.



Wie stellten Sie die Maske des Biest her?

Für [Jean Marais](/person/jean-marais) in [Jean Cocteaus](/person/jean-cocteau) Film aus dem Jahr 1946 war die Maske Folter, er musste um vier Uhr aufstehen, um sich stundenlang die Maske anpassen zu lassen, wegen dem Kleber bekam er ein Ekzem. Wir machen im Grunde das Gleiche - nur ohne Kleber und frühem Aufstehen. [Patrick Tatopoulos](/person/patrick-tatopoulos) und [Steve Wong](/person/steve-wong) kreierten diese wunderschöne Maske und wir scannten sie ein. Leute denken, dass CG die Handwerkskunst zum Tode verurteilt hätte. Das stimmt nicht, es ist nur -eine neue Art und Weise, die alten Tricks herzustellen.


Warum wählten Sie [Léa Seydoux](/person/lea-seydoux) als die Schöne?

Sie ist nicht nur eine hervorragende Schauspielerin, sondern besitzt die einzigartige Qualität, dass sie wie 16 aussehen kann und im nächsten Moment wie 30. Und diese Qualität brauchte ich für den Film. Denn er erzählt nicht nur die Geschichte der Verwandlung eines Prinzen in ein Biest und wieder zurück in seine menschliche Form, sondern auch die Geschichte eines Mädchens, das zur Frau wird. Das Besondere am Märchen ist das Geheimnisvolle, die Balance von gegensätzlichen Elementen wie Dunkelheit und Licht. Léa kann die Gegensätze von kindlicher Naivität und Frische und fraulicher Reife und Eleganz verkörpern.

"Ich mag schlechte Kritiken, wenn sie gut sind"

Christophe Gans (rechts) und Hauptdarstellerin Léa Seydoux: Aufwändige Dreharbeiten mit Blue Screen im Hintergrund für die Spezialeffekte in "Die Schöne und das Biest"