Blickpunkt:Film

Film

Im neuen Film von [Woody Allen](/person/woody-allen), "[Match Point](/movie/match-point)", braucht [Scarlett Johansson](/person/scarlett-johansson) eine Großaufnahme, einen Augenaufschlag und diesen Satz: "Wer ist mein nächstes Opfer?" - schon ist ihr nicht nur der Filmpartner verfallen, sondern auch die Festivalgäste:
Cannes hat seine erste Diva des Jahrgangs. Und weil Diven sich ungern im Regen auf dem Balkon des Palais ablichten lassen, strahlte prompt zum ersten Mal die Sonne mit dem Objekt der Fotografenbegierde um die Wette.


Ob es ihr Spaß gemacht habe, in "Match Point" eine Femme Fatale zu spielen, wurde Scarlett gefragt. "Meine Figur Nola ist zwar sehr sexy, aber keine Femme Fatale", wiegelte Johansson mit ihrem schönsten Filmstar-Lächeln ab. "Sie weiß, dass sie auf Männer wirkt, und wenn sie etwas sieht, das ihr gefällt, hat sie wie alle Frauen den Impuls, es sich zu holen. Das ist einfach eine weibliche Eigenschaft."


Im Bann von Scarlett Johansson


In "Match Point" nimmt diese Haltung allerdings kein gutes Ende. Denn Johansson alias Nola Rice gerät an den jungen Tennislehrer Chris ([Jonathan Rhys-Meyers](/person/jonathan-rhys-meyers)), der den schnellen Aufstieg in die Londoner Upper Class sucht und sich mit der reichen Schwester eines Schülers einlässt. Doch die hohe Tochter wird Chris schnell langweilig und so folgt eine heiße Affäre mit Nola (Johansson), der Verlobten seines Schwagers.


Was als beschwingte Society-Komödie mit genialem britischem Witz in den Dialogen beginnt, wandelt sich durch eine verzweifelte Tat bald zum handfesten Krimi. "Match Point" ist Allens düsterster und ernstester Film seit Jahren - und zweifellos sein bester. Da ist es fast schade, dass er außer Konkurrenz läuft.


Woody auf der Flucht


Ein amerikanischer Journalist wagte trotzdem, den Regisseur zu fragen, ob er denn als Veteran im Geschäft überhaupt noch aus Leidenschaft Filme drehe. Eine Steilvorlage für Woody, sich mal wieder als neurotischen Loser in Szene zu setzen:


"Für mich mit meinen ganzen Ängsten und Problemen ist Film nur Ablenkung - wie für einen Geisteskranken, den man mit Fingerfarben beschäftigt, damit er Ruhe gibt. Wenn ich einen Film mache, kann ich mich für ein Jahr lang in eine erfundene Welt voller spannender Charaktere und schöner Frauen flüchten. Danach muss ich in die reale Welt zurück, die voller schrecklicher Schwierigkeiten ist."


Künstlerische Freiheit


Doch so realitätsfern wie er vorgibt, ist Allen natürlich nicht. Dass er erstmals in England mit britischen Darstellern und nicht in seinem geliebten New York gedreht hat, habe schlicht an den amerikanischen Finanziers gelegen, die nach Allens Misserfolgen zickig geworden waren: "Die wollen mir seit neuestem ins Drehbuch und ins Casting reinreden", beklagte sich Woody. "Aber meine Art Filme zu drehen, sieht so aus: Übergebt mir das Geld in einer braunen Papiertüte und ihr kriegt ein paar Monate später den fertigen Film! Das ging in England."


Also dreht Allen im Sommer wieder in London - diesmal eine waschechte Komödie - und wieder mit Scarlett Johansson, die vorwitzige Kritiker daher gleich zu Allens "neuer Muse" küren wollten. Scarletts einziger Kommentar: Lächeln, Schweigen.


Matrix aus Hamburg


Erstaunlich ruhig war es auch in "[Crossing the Bridge - The Sound of Istanbul](/movie/crossing-the-bridge-the-sound-of-istanbul)" vom Hamburger Jury-Mitglied [Fatih Akin](/person/fatih-akin). Die Doku über den erstaunlichen musikalischen Schmelztiegel am Bosporus hielt mit einem faszinierenden Ritt durch die Musikkulturen zwar, was der Titel verspricht.


Aber das Thema war vielen Festivalgästen einfach zu speziell. Da nützte es auch nichts, dass Akin Istanbul als seine "Version der 'Matrix'" bezeichnete, in der er "ein völlig neues Ego" annehmen könne.


Prominent platziert


Ähnlich schwer hatte es der Wettbewerbsbeitrag "[Kilometre Zero](/movie/kilometre-zero)" aus dem kurdischen Teil des Irak. Das Werk von [Hiner Saleem](/person/hiner-saleem) ("[Wodka Lemon](/movie/wodka-lemon)") ist erst der sechste Kinofilm, der je im Irak gedreht wurde und handelt von der kurdischen Minderheit, die in den 80ern gezwungen wurde, in Saddam Husseins Armee gegen das eigene Volk zu kämpfen.


Hartnäckig hält sich indes das Gerücht, dass [Tom Cruise](/person/tom-cruise) nächste Woche nach Cannes kommen soll. Er ist am 22. Mai beim Formel 1-Rennen im nahen Monte Carlo und plant angeblich einen Abstecher, um für sein SciFi-Spektakel "[Krieg der Welten](/movie/krieg-der-welten)" die Werbetrommel zu rühren. Ein Festival-Veteran dazu: "Wer so ein riesiges Transparent am Carlton-Hotel hängen hat, der kommt auch!"

Mit Scarlett geht die Sonne auf