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Blickpunkt:Film: Wie sehen Sie Ihre neuen Filme im Kontext Ihrer persönlichen Entwicklung?

Sherry Hormann: Ich glaube, daß "Widows" der lebensnahste Film ist, weil er eine Verknüpfung ist zwischen dem leichten, komödiantischen und dem traurigen Aspekt. Er zeigt ein Gefühls-Auf-und-Ab, wie im Leben. "Die Cellistin" ist für mich ein Genrefilm. Das ist ein Melodram, und ich wollte ausprobieren, ob man in den neunziger Jahren überhaupt noch Melodramen erzählen kann.

BF: Hatten Sie nach dem Erfolg von "Irren ist männlich" das Gefühl, auf eine Erfolgsschiene zu geraten?

SH: Es hat sich schon etwas verändert. Die Bücher, die auf den Tisch kommen, sind klasse. Man kann es sich aussuchen, und es ist manchmal traurig, daß sich Projekte überschneiden. Es ist aber eine Frage, wie man mit Erfolg umgeht. Für mich war der Erfolg eine Befreiung und ein Anreiz, noch mehr darüber zu erfahren, was mich an der Arbeit interessiert. Jeder von uns hat verschiedene Seiten in sich. Ich will mich von Film zu Film ausprobieren.

BF: Spüren Sie einen Erfolgsdruck?

SH: Nein. Wenn man parallel zu diesem Beruf, der einem viel Kraft nimmt, im Privaten diese Kraft wiederbekommt, ist es gut. Dann spürt man keinen Erfolgsdruck, und man hat sehr viel Glück.

BF: Wie kam es zu "Die Cellistin"?

SH: Die Autorin Dorothee Schön schickte mir das Drehbuch, ich habe es gelesen und Rotz und Wasser geweint. Ich wollte den Film unbedingt machen. Ich habe noch nie einen Fernsehfilm gedreht, aber man kann beim Fernsehen genau solche Stoffe ausprobieren. Beim Kino muß man noch so viele Verpflichtungen eingehen, hier kann man mit einem kleinen Film experimentieren und sagen: "ich will einen traurigen Film drehen, ich will weinen. "

BF: Das geht im Kino noch nicht?

SH: Es gibt schon eine Annäherung. Aber vielleicht ist es noch nicht so weit. Ich liebe Komödien. Ich sehe sogar eine große Verbindung zwischen Humor und Trauer. Gerade nach "Irren ist männlich" hatte ich unheimlich Lust auf so einen Film, um mich auch wieder auf "Widows" vorzubereiten.

BF: Haben Sie mit Verleihern Gespräche über eine Kinoauswertung von "Die Cellistin" geführt?

SH: Ja, es gab einige Verleiher, die den Film ins Kino bringen wollten, aber ich wollte nicht. Obwohl ich davon überzeugt bin, daß der Film Kinoqualität hat, glaube ich, daß man Filme fürs Fernsehen macht. Ich halte nichts von der Vermischung. Wenn ich ihn als Kinofilm gedreht hätte, hätte ich Dinge anders erzählt. Es ist ein solcher Kraftaufwand, einen Film ins Kino zu bringen, da konzentriere ich mich doch lieber auf einen Film, der auch fürs Kino geplant ist - wie "Widows".

BF: Haben Sie mehr Freiheit in der Entwicklung der Projekte?

SH: Absolut. Ich habe mit dem gleichen Trio gearbeitet wie bei "Irren ist männlich": Das Drehbuch ist von Kit Hopkins, die Produktionsfirma Hager-Moss. Man hat auch andere Möglichkeiten: Für Ornella Muti habe ich schon geschwärmt, als ich 16 war, und jetzt habe ich einen Film mit ihr gemacht. Für "Die Cellistin" hatte ich das Glück, Jeanette Hain zu entdecken, die danach "Das Trio" und "Frau Rettich, die Czerni und ich" gedreht hat. Das war ein Risiko, die Hauptrolle mit einer unbekannten Schauspielerin zu besetzten. Ich glaube nicht, daß man so oft im Leben jemanden entdecken wird, das passiert nur einmal.

BF: Im Gegensatz dazu haben Sie in "Widows" mit Stars - Ornella Muti, Katja Flint, Eva Matthes, Uwe Ochsenknecht - gedreht. War das auch ein anderes Arbeiten?

SH: Ja, natürlich. Bei "Widows" hatten wir sieben Wohnwagen - jeder hatte seinen eigenen - bei "Die Cellistin" gab es das überhaupt nicht. Man hat allerdings bei Filmen wie "Widows" mehr mit Agenten und Maskenbildnern zu tun. Die Arbeit hat aber genauso viel Spaß gemacht. Ich liebe Schauspieler - das sind lauter Seelchen!

BF: Haben Sie schon ein neues Projekt?

SH: Ja, es gibt mehrere Projekte. Aber im Moment gibt es nur "Widows"...

Sherry Hormann zu "Widows" und "Die Cellistin'