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Film

Was vor drei Jahren als Studentenspaß begann, ist ein weltweites Markenzeichen geworden, Riesenspaß und Bombengeschäft für die einen, Synonym der Selbstzerstörung einer dekadenten Zivilisation bzw. brandgefährliche Kinderselbstmordanleitung für andere.


Jetzt kann es auch der ehrwürdigste Feuilletonist nicht mehr ignorieren: "[Jackass](/movie/jackass-the-movie)", die skandalumwitterte, bestgehasste und erfolgreichste MTV-Show aller Zeiten, entert die große Leinwand - und spielte gleich am ersten Wochenende knapp 23 Mio. Dollar ein (fünfmal mehr, als der Film gekostet hat).


Zu den berufsmäßigen Bedenkenträgern gehört beispielsweise US-Senator Joseph Lieberman, der die Aneinanderreihung spektakulärer Stunts & Streiche auf seinem Kreuzzug gegen Mediengewalt als einen Hauptverantwortlichen ausgemacht hat und dabei auch deutschen Medienmahnern vom indignierten CSU-Hinterbänkler bis zur naturbetroffenen Müslipädagogin geradewegs aus der Seele spricht.


Tatsächlich scheint es hier und da ein paar Nachahmungstäter zu geben, die Stars genau wie die "Jackass"-Cracks werden wollen, in dem sie sich mit Spiritus entflammen oder ungebremst auf Rollschuhen in Betonmauern sausen. Aber kann [Johnny Knoxville](/person/johnny-knoxville), Jungschauspieler und 31jähriges Mastermind hinter dem Fernsehereignis, irgend etwas für die Dummheit seiner Zielgruppe?


Schließlich fahren sich auch ständig irgendwelche Hochgeschwindigkeitsjunkies in Autos tot, ohne dass jemand deswegen etwa Schumi, RTL's Autobahnbullen oder gar Daimler-Chrysler das Handwerk legen will.


Im Falle Knoxvilles begann alles mit einer Serie in dem Skateboard-Magazin "Big Brother". Mit einer Tazer-Gun ließ er da auf sich schießen, später sogar mit einer echten Pistole, geschützt nur von einer eher rustikal anmutenden Kugelweste. Photograf Jeff Tremaine sandte das Material an seinen alten High-School-Kumpel, den Regisseur [Spike Jonze](/person/spike-jonze) ("[Being John Malkovich](/movie/being-john-malkovich)"). Der schlug MTV vor, dem Irren eine eigene Show zu geben.


Nach und nach gruppierten sich dann diverse Co-Stars um Knoxville, wie die professionellen Skater [Bam Margera](/person/bam-margera) und [Tony Hawk](/person/tony-hawk), der zwergwüchsige [Jason "Wee-Man" Acuna](/person/jason-wee-man-acuna), der kugelrunde [Preston Lacy](/person/preston-lacy), [Chris Raab](/person/chris-raab), "Party Boy" Pontius und Steve-O alias Stephen Glover, ein ehemaliger Zirkusclown.


[IMG#123795_4.jpg#Die Jack-Asses
in ihrem Element#LEFT]

Fortan war MTV um einige Sensationen reicher: Junge Menschen testeten Selbstverteidigungswaffen an ihren Kumpels, stürzten sich in Einkaufswagen Parkhausrampen hinab, spielten Football mit (falschen) Babies oder lösten - Krönung des guten Geschmacks - als geistig gehandicapte Fat Fucks im Rollstuhl ein Verkehrschaos aus.


Knoxville persönlich ließ sich in ein Chemieklo schließen und mitsamt Inhalt umstülpen, auf einem Holzkohlegrill zartrosa rösten, von kleinen Mädchen in die Eier treten, von Ultimate Fighting Kriegern in den Magen boxen, etc., pp. Alles freiwillig, wie sich wohl versteht, und ohne Netz und doppelten Boden.


Kein Wunder, das Hollywood ihn rief. Knoxville, zuvor nur in Budweiser-Werbespots aufgetreten, konnte plötzlich zwischen guten Rollen wählen, trat u.a. in "[Deuces Wild](/movie/deuces-wild)" und "[Men in Black 2](/movie/men-in-black-2)" vor die Kameras und schreinert längst an einer Solokarriere (wie mancher Kollege auch).


Nicht, dass das "Jackass"-Konzept ausgereizt wäre: Möglichkeiten sich weh zu tun, gibt's wie Sand am Meer, und billiger wird MTV so schnell auch keine Show dieser Hit-Kategorie mehr produzieren ([Ozzy](/person/ozzy-osbourne) kriegt zig Millionen, for that matter...).


Die Ordnungshüter in- und außerhalb der Medien aber haben "Jackass" zu sehr ins Visier genommen, und auf eine Familienversion seines Babys hat Knoxville keine Lust: "Ich habe Washington am Arsch, mir reicht's", verriet der Entertainer seiner Generation dem Nachrichtenmagazin Entertainment Weekly. "Ich liebe die Show zu sehr, um eine softe Version akzeptieren zu können. Lieber höre ich auf."


Also ist "Jackass - The Movie" nicht nur der Höhepunkt, sondern zugleich Finale und Schwanengesang der einmaligen Show. Noch einmal kann der Zuschauer seine Helden in aller Pracht bewundern, wie sie unter anderem in Japan und Europa Dinge treiben, die selbst für frühe "Jackass"-Folgen zu krass gewesen wären.


Eine Handlung ist in der 80minütigen Collage kaum auszumachen, aber wer (außer dem erwähnten, ehrwürdigen Feuilletonisten) würde eine vermissen. Die Formulierung "Must-see-movie of the year!" zieht sich wie ein roter Faden durch alle kompetenten Kritiken, und wenn die deutsche Synchro bzw. die Zensorenschere keinen allzu großen Schaden anrichtet, dann darf ab dem 27.2.2003 auch in Deutschland sehr gelacht werden. Oder gekotzt. Oder letzteres vor ersterem. Oder beides gleichzeitig.


Don't try this at home.

Triumph der Wilden: "Jackass" hits the Big Screen