Blickpunkt:Film

Filmfest München 2025

Seit gut einem Jahr steht [Albrecht Bischoffshausen](/person/albrecht-bischoffshausen) an der Spitze der [VFF](/company/vff-verwertungsgesellschaft-der-film-und-fernsehproduzenten-mbh). Für ihn ist klar: Film ist mehr als Unterhaltung. Es ist ein kulturelles Gut, das fairer behandelt werden muss. Ob bei der Vergütung in der Cloud-Ära, der Sichtbarkeit von Produzent:innen oder als Beitrag zur demokratischen Debatte, die VFF versteht er als Brückenbauerin zwischen Sendern, Produzenten und Politik. Im Gespräch mit Blickpunkt:Film erklärt er, warum gerechte Erlösmodelle heute wichtiger denn je sind und warum ihm die Förderung des produzentischen Nachwuchses besonders am Herzen liegt.

**Am Sonntag verleiht die [Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten ](/company/vff-verwertungsgesellschaft-der-film-und-fernsehproduzenten-mbh)(VFF) im Rahmen des Filmfest München den Bernd Burgemeister Fernsehpreis für herausragende Produktionen in Fernsehfilm sowie Mehrteiler/Serie der Reihe „Neues Deutsches Fernsehen“. Erstmals ist die Jury rein weiblich besetzt. Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen?**

Die Botschaft ist, ohne das allzu sehr ins Rampenlicht zu rücken – natürlich, dass Produzentinnen in der Branche nach wie vor nicht gerade überrepräsentiert sind. [Dagmar Rosenbauer](/person/dagmar-rosenbauer) war bereits im vergangenen Jahr Vorsitzende der Jury. Die Zusammenarbeit hat damals einfach unheimlich gut funktioniert – klug, souverän und gleichzeitig unabhängig in der Haltung. [Maren Knieling](/person/maren-knieling), eine der Preisträgerinnen des Vorjahres, haben wir sehr bewusst mit dazu geholt – als Produzentin mit starker Perspektive. Über Dagmar entstand dann auch der Kontakt zu [Katrin Weikart](/person/katrin-weikart). Und damit kam, gewollt oder ungewollt, noch eine wichtige Facette dazu: Mit ihr ist auch jemand dabei, der biografisch einen Bezug zu Ostdeutschland hat, der im Film generell zu wenig sichtbar ist. Das war uns wichtig, ohne es nun an die große Glocke zu hängen.


![](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/1260379b-718a-4bfe-9ae8-4a87fdfc2fc5.jpg)*Albrecht Bischoffshausen mit der Jury des Bernd Burgemeister Preises 2025: Katrin Weikart, der Vorsitzenden Dagmar Rosenbauer und Maren Knieling / Flo Huber VFF*
 

**Beim Blick auf die diesjährigen Nominierten, welche Themen und Tendenzen stechen für Sie besonders heraus?**

Was die diesjährigen nominierten Produktionen angeht, ist auffällig, dass die Stoffe insgesamt ernster sind als im vergangenen Jahr. Es dominieren Themen wie gesellschaftliche Polarisierung und politische Krisen. Aber auch Aspekte wie psychische Gesundheit, Jugend, Identitätssuche spielen eine große Rolle. Insgesamt ist die Themenpalette durchaus breit, das Programm setzt aber spürbar weniger auf Unterhaltung als im Vorjahr. Dennoch gibt es einzelne Produktionen, bei denen man sehr klar merkt: Die Kraft der Unterhaltung bleibt wichtig – gerade, um auch ein breites Publikum zu erreichen.

**Zu Ihrem Amtsantritt als Geschäftsführer der VFF gab es letztes Jahr ein großes Blickpunkt:Film-Interview. Damals haben Sie gesagt: Ein zentrales Anliegen ist für Sie, die Cloud-Vergütung politisch voranzutreiben. Wie hat sich das Thema entwickelt? Wo steht die VFF da heute?**

Das Thema Cloud-Vergütung ist weiterhin eines unserer zentralen Anliegen. Wir sind da sehr aktiv dran. Konkret haben wir, als Teil der ZPÜ, also der Zentralstelle für private Überspielungsrechte, die unter anderem die Leermedienabgabe für Privatkopien wahrnimmt, Verfassungsbeschwerde eingelegt. Vorausgegangen war ein ausgeschöpfter Instanzenweg, zuletzt vor dem OLG München, das uns leider nicht recht gegeben hat. Die juristische Argumentation lautet: Die klassische Privatkopie-Vergütung gibt es seit Jahrzehnten, sie ist aber bislang nicht auf Cloudspeicher ausgeweitet. 

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##### „Es herrscht keinerlei Vergütungsgerechtigkeit.“

*Albrecht Bischoffshausen über die Cloudvergütung*

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Dabei werden Cloudspeicher immer relevanter – auch wirtschaftlich. Man geht von rund vier Milliarden Euro Umsatz aus, die allein im vergangenen Jahr cloudbasiert und damit für die Filmbranche relevant waren. Dieses Volumen ist der Kuchen, an dem wir unsere Berechtigten beteiligen möchten – selbstverständlich nach einem definierten Schlüssel. Die Verfassungsbeschwerde ist jetzt das letzte rechtliche Mittel, bevor wir direkt politisch an den Gesetzgeber herantreten. Es geht hier um Vergütungsgerechtigkeit – und auch darum, dass Cloudspeicher zunehmend klassische physische Nutzungsformen verdrängen. Je mehr zentral gespeichert und gestreamt wird, desto weniger passiert lokal – etwa auf Festplatten, PCs oder Smartphones.

**Auf welche Grundrechte stützt sich diese Beschwerde konkret?**

Die Verfassungsbeschwerde stützt sich zum einen auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör, weil wir den kompletten Rechtsweg ausgeschöpft haben. Zum anderen geht es natürlich auch um die Eigentumsgarantie im Grundgesetz. Denn letztlich sind auch Urheber- und Leistungsschutzrechte eine Form von Eigentum. Klar ist: Das Verfahren ist langwierig. Für nächstes Jahr rechne ich nicht mit einer Entscheidung. Aber die Chancen sind durchaus groß. Es hat natürlich Signalwirkung, wenn wir als Verwertungsgesellschaft – und im Übrigen auch im Interesse aller Produzentinnen und Produzenten – diesen Schritt aktiv gehen. Um zu unterstreichen, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, verweisen wir auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von 2022. Die hat bereits deutlich gemacht, dass eine Regelungslücke existiert. Das war ein klares Signal an die nationalen Gesetzgeber, aktiv zu werden.

**Auch das Thema generative KI hat sich seit Ihrem Amtsantritt rasant entwickelt, Wie blickt die VFF heute darauf? Welche Entwicklungen gab es bei Ihnen dazu – sehen Sie eher Chancen, Risiken oder einfach neue Realitäten?**

Also, es gibt tatsächlich erstmal eine Verbindung zwischen Cloud und KI. Das ist ein weiterer Treiber, weil natürlich durch KI die Speichermengen exponentiell ansteigen. Insofern braucht man auch da immer größere Speicher – was auch zu Lasten der Produzenten geht. Das Thema ist mindestens zweischneidig. Wir haben eine Ausgangslage, in der völlig intransparent ist, wer auf wessen Kosten wie viel Geld verdient. Und wir haben eine noch ungeklärte Rechtslage. Die Frage ist: Ist die Fütterung von KI-Maschinen durch urheberrechtlich geschützte Inhalte überhaupt zulässig? Es gibt eine Diskussion über die Anwendbarkeit der sogenannten Text- und Data-Mining-Schranke. Die kommt aus dem europäischen Urheberrecht. Es gab vor ein paar Monaten eine Entscheidung in Hamburg, die diese Schranke in einem Nebensatz für möglicherweise anwendbar erklärt hat. Aber die Diskussion läuft europaweit und auch in den USA. Es geht darum, ob man durch diese Ausnahmeregelung im Gesetz das Füttern einer KI einfach abräumt – ohne die Rechteinhaber zu fragen und ohne ihnen eine faire Vergütung zu zahlen. Das halten wir für völlig inakzeptabel. Diese Schranke ist für eine völlig andere Situation geschaffen worden, nämlich für Text- und Datenanalysen, um große Datenmengen zu verarbeiten – eingeführt 2018. Aber die Diskussion dreht sich inzwischen langsam zugunsten der Kreativen. Wir haben jetzt gerade eine Vorlage-Entscheidung aus Ungarn zum EuGH bekommen, die wir sehr aufmerksam verfolgen. Und auch da ist unser Ansatz: Das System der Leermedienabgabe ist eine Blaupause. Ein verbindlicher Vergütungsanspruch, der Verwertungsgesellschaften ermöglicht, anhand messbarer Kriterien Erlöse einzusammeln und zu verteilen. Nur auf diesem Weg kann ein Teil der Umsätze, die durch die Verarbeitung riesiger Datenmengen erwirtschaftet werden, am Ende auch bei den Kreativen landen.

**Da steckt echte Zukunftsmusik drin, im ganz wörtlichen Sinne. Wie weit weg oder wie nah ist denn so ein Vergütungsmodell für KI-Nutzungen Ihrer Einschätzung nach?**

Die GEMA hat ja bereits vor einigen Monaten zwei Klagen eingereicht. Das wurde natürlich auch hier aufmerksam verfolgt. So weit sind wir noch nicht. Aber wir beteiligen uns selbstverständlich aktiv an der Diskussion. Meine Kernbotschaft ist: Auch hier herrscht keinerlei Vergütungsgerechtigkeit. Geschäftsmodelle auf Kosten der Kreativen haben sich längst etabliert und KI-Output droht schon jetzt, ganze Berufsgruppen im Film zu verdrängen. Und was mich vielleicht am meisten stört: Wir haben völlige Intransparenz. Es braucht klare Auskunftsansprüche und am Ende einen gesetzlichen Vergütungsanspruch, analog zur Privatkopie-Leermedienabgabe.

**Sie hatten im letzten Jahr gesagt, dass es Ihnen ein zentrales Anliegen ist, die VFF sichtbarer und präsenter zu machen. Wenn Sie jetzt auf Ihr erstes Jahr zurückblicken: Was ist aus Ihrer Sicht gelungen? Ist die VFF heute sichtbarer? Und wo sehen Sie vielleicht noch Hürden?**

Das ist uns gelungen, mithilfe großartiger Kolleginnen und Kollegen. Ich bin sehr dankbar, dass unser Team diese Reise mit mir geht. Die VFF war schon in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich, aber sie ein Stück weit neu zu denken, zu schärfen und zu positionieren, das bleibt ein laufender Prozess. Besonders wichtig war mir, unsere Rolle als Förderpartner sichtbarer zu machen. Wir konnten beispielsweise sicherstellen, dass unsere Stipendien für Filmhochschul-Studierende im Fach Produktion trotz geänderter Rechtsprechung weitergezahlt werden. Das war ein echter Erfolg. Wir haben außerdem geprüft, welche Aktivitäten wirklich zu unserem Profil passen und uns dabei auch von manchen Dingen getrennt, um konsistenter aufzutreten. Gleichzeitig arbeiten wir intensiv an einer neuen Website und sind dabei, soziale Medien stärker zu bespielen. Der Bernd Burgemeister Fernsehpreis ist für uns natürlich auch eine wichtige Bühne, um unsere Rolle als verlässlicher Partner zwischen Produzenten und Sendern noch klarer zu kommunizieren. Das ist nötiger denn je, denn die wirtschaftlichen Spielräume sind noch enger geworden. Genau deshalb möchte ich die VFF als Brückenbauerin weiter stärken – mit klaren Botschaften und einem offenen Ohr für beide Seiten.

**Kommen Sie denn in die Position, wirklich Lösungsvorschläge zu machen, gerade für diesen Zwiespalt zwischen den unterschiedlichen Rechteinhabern? Oder ist das in der Praxis schwierig?**

Immer dann, wenn es ums Geld geht, wird es natürlich anspruchsvoll. Denn wenn zwei Seiten an etwas zerren, muss ich eine Lösung moderieren. Das ist tatsächlich Kern meiner Aufgabe. Und ja, das gelingt mal besser, mal schlechter. Aber grundsätzlich, denke ich, hören wir uns gut zu und verstehen die jeweiligen Positionen. Es liegt in der Natur der Sache, dass das nicht immer alle gleichermaßen zufriedenstellt. Aber ich glaube, wir haben gemeinsam einen guten Weg zurückgelegt. Gerade auch, weil wir mit unserer Förderung sowohl Institutionen als auch handelnde Personen auf Produzentenseite ebenso wie auf Senderseite deutlich stärken.

**Was würden Sie sagen, ist Ihre größte Herausforderung fürs kommende Jahr, wenn man jetzt mal ganz pragmatisch von Filmfest zu Filmfest rechnet?**

Die Kernherausforderung bleibt, diese Kompromisse weiterhin gut hinzubekommen. Es geht darum, die Interessen der Produzent:innen und Sender wirklich zu verstehen, gut zu moderieren, Brücken zu bauen und das auch klar und selbstbewusst nach außen zu vertreten.


**Die kulturelle Förderung war ja immer schon ein fester Bestandteil der VFF, von Preisen wie dem Bernd-Burgemeister-Preis bis zu Stipendien für den Nachwuchs. Sie haben dieses Engagement zuletzt noch einmal geschärft und neu ausgerichtet. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig und welche Rolle soll die VFF in diesem Bereich künftig spielen?**

Es fällt in unseren kulturellen Förderauftrag, Produzentinnen und Produzenten und ihre konkreten Werke und Leistungen sichtbar zu machen und zu würdigen. Das machen wir mit dem Bernd Burgemeister Fernsehpreis, das haben wir zum Beispiel auch zum dritten Mal beim Deutschen Entertainment Award gemacht, bei dem wir den VFF Best Talent Award stiften. Am Herzen liegt mir außerdem unser langjähriges Engagement beim Dok.Fest, wo wir den VFF Dokumentarfilm Produktionspreis vergeben, neben weiteren wichtigen Initiativen, wo wir uns für unsere Berechtigten einsetzen.

**Was hat es mit dem Business Angel Programm auf sich?**

Das Business Angel-Programm möchten wir definitiv weiterentwickeln. Dabei geht es nicht nur um die Fördersummen, die wir vergeben können, sondern vor allem darum, die Vernetzung von erfahrenen Produzentinnen und Produzenten mit dem Nachwuchs noch stärker in den Fokus zu rücken. Das ist ein echter Schatz, unser Netzwerk. Erfahrene Kolleginnen und Kollegen bringen sich aktiv ein, gestalten die Rahmenbedingungen der Branche mit und nehmen die nächste Generation mit an die Hand. Ein positiver Nebeneffekt: Wir positionieren die VFF auch bei den jungen Produzentinnen und Produzenten noch klarer. Wir sind längst nicht bei allen so präsent, wie es sein sollte. Mir liegt dieses Programm sehr am Herzen, gerade auch wegen der Produktionen, die daraus entstehen. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir es fortführen, ausbauen und aktiv gestalten.

**Last not least: Haben Sie einen Filmtipp fürs Filmfest oder wäre das zu viel vorweggenommen vom Bernd Burgemeister Fernsehpreis?**

Das ist natürlich immer so eine Sache. Konkrete Produktionen möchte ich ungern herauspicken. Aber ich freue mich tatsächlich nicht nur auf den Abend der Preisverleihung, sondern auch darauf, darüber hinaus das eine oder andere mitzunehmen.





Albrecht Bischoffshausen: „Ich möchte die VFF als Brückenbauerin weiter stärken.“

Albrecht Bischoffshausen setzt auf Fairness und Sichtbarkeit, etwa mit der Tradition des Bernd Burgemeister Fernsehpreis im Rahmen des Filmfest München