Blickpunkt:Film

Kino

**Herr Böhning, Ihr unermüdliches Engagement bei der Produktionsallianz hat gezeigt, wie wichtig Ihnen die Stärkung der Branche ist. Als frisch gewählter SPIO-Präsident übernehmen Sie die Leitung in einer Zeit, in der die Filmwirtschaft jede Unterstützung braucht. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die Branche besser zu vernetzen und den Zusammenhalt weiter zu stärken?**


Wir stehen tatsächlich vor einer Richtungsentscheidung. Es geht darum, ob Deutschland auf die Landkarte der großen Filmländer zurückfindet, oder ob wir international endgültig den Anschluss verlieren. Das Ringen um die Filmreform hat gezeigt, wie wichtig der Zusammenhalt der Branche ist. Mit der Reform der Filmförderung und der Anhebung der Förderquoten sind Mut und Zuversicht in die Branche zurückgekehrt. Alle Akteure des deutschen Films - Kinos, Verleihunternehmen, Produzenten, Kreative – müssen sich aber weiter unterhaken, das ist klar. Gemeinsam wollen wir mehr erreichen für starke Verleiher, starke technische Betriebe und erfolgreiche Kinos. Die rasche Sicherung und der Ausbau der Kinoförderung ist wichtig, etwa durch das Zukunftsprogramm Kino, ebenso die Vermarktung unserer Filme. Und wir brauchen ein automatisiertes, ungedeckeltes Steueranreizmodell, das Investitionen in Produktionen fördert und den internationalen Wettbewerb stärkt. Insgesamt geht es um ein faires Wettbewerbsumfeld innerhalb der Branche und im Verhältnis zu global agierenden Plattformen. Dann können endlich wieder mehr hochklassige Filme aus Deutschland auch auf den internationalen Kinoleinwänden begeistern - mit großen Bildern und großem Sound.


 **Sie betonten, dass die Interessenvertretung auf EU-Ebene intensiviert werden soll. Welche Themen oder Herausforderungen stehen für Sie dabei aktuell im Fokus, und wie kann die SPIO auf europäischer Ebene Einfluss nehmen?**


Grundsätzlich ist es an uns, nach der Bundestagswahl am 23. Februar allen neuen und bisherigen Abgeordneten die Herausforderungen und alle relevanten Themen unserer Branche auf nationaler wie auch europäischer Ebene zu vermitteln. Die neue Kommission hat einen Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit angekündigt und trifft damit unser Kernanliegen. Die EU sollte den Wettbewerb auf digitalen Plattformen stärken und sicherstellen, dass die Rechte und Interessen europäischer Filmproduktionen gegenüber global agierenden Plattformen gewahrt bleiben. Dies betrifft auch die Regulierung der Plattformen in Bezug auf ihre Rolle bei der Filmverbreitung und -finanzierung. Viele EU-Gesetze zu KI und Digitalisierung haben Auswirkungen auf unsere Branche, die leider zu oft nicht ausreichend bedacht werden. Was wir wollen, ist eine Stärkung des Urheberrechts und der Lizenzierungsmöglichkeiten im digitalen Raum. Es darf nicht zu einer Abschaffung der territorialen Lizenzierung kommen, weil das die Wertschöpfungsketten in Europa zerstören würde. Denn das Gegenteil des eigentlichen Ziels könnte eintreten: Das Angebot für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger würde schrumpfen, da ohne Finanzierungsgrundlage kein vielfältiges Angebot mehr gewährleistet werden kann. Viele nationale Regelungen haben ihren Ursprung in Brüssel, als SPIO setzen wir uns deshalb auch hier für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die deutsche Filmwirtschaft ein.


**Mit Ihnen und Julia Maier-Hauff sind die Produzent:innen in der SPIO nun stark vertreten. Welche Bedeutung hat diese starke Präsenz für die zukünftige Verbandsarbeit und die Interessenvertretung der Branche?**


Die SPIO ist der Dachverband von derzeit 16 Berufsverbänden und Unternehmen und repräsentiert mehr als 1.400 Mitgliedsfirmen aus den Bereichen Filmproduktion, Postproduktion, Filmverleih, Filmtheater und Videoprogramm. Den Herausforderungen in unserer Branche begegnen wir mit Geschlossenheit - von der Produktion über den Verleih bis hin zu den Kinos. Unsere Bemühungen richten sich darauf, die Interessen der gesamten Filmwirtschaft in Wahlprogrammen und schließlich im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zu verankern und alle ausstehenden Bestandteile der großen Filmreform erfolgreich durchzusetzen. Deshalb appellieren wir schon jetzt an die neue Bundesregierung, die notwendigen Maßnahmen anzugehen, am besten gleich im 100-Tage-Programm. Die letzten Monate haben gezeigt, wie wichtig der Schulterschluss gegenüber der Politik ist. Uns ist aber auch klar: Für einen erfolgreichen deutschen Filmmarkt ist die Politik eine wichtiger Impulsgeberin, aber nicht die einzige. Es kommt darauf an, dass sich die Branche weiter unterhakt, dass Sender, Streamer, Produzentinnen und Produzenten, Kinos und Verleiher gemeinsam für das Ziel streiten – und gemeinsam kreative Ideen entwickeln. Genau hier liegt auch das Potenzial der SPIO: Wir sind eine gemeinsame Branche.


**Der deutsche Filmball ist eines der glamourösesten Highlights der Branche. Welche neuen Impulse möchten Sie diesem Event als neue SPIO-Führung geben, um es als Plattform für Austausch und Netzwerken noch relevanter zu machen?**

 
Vernetzung und Austausch sind das Kreativitätselixier unserer Branche. Wir haben in Deutschland tolle Stars aller Genres, aber das international erfolgreiche Blockbuster-Kino „Made in Germany“ ist trotzdem leider Mangelware. Wir wollen positive Geschichten und Bilder über unser Land und unsere Kultur auf die große Leinwand und in die Welt zurückbringen, darin sehen wir eine unserer Aufgaben. Bei der Entwicklung von Stars und der Vermarktung von Filmen haben wir Nachholbedarf. Ich bin überzeugt: Wir müssen allen unseren Filmschaffenden mehr Wertschätzung und Sichtbarkeit geben, dann bekommt der deutsche Film auch international wieder stärker Gewicht. Beim Filmball kommen viele Menschen zusammen, die mit ihrer Arbeit auf die eine oder andere Weise für einen zukunftsfähigen, international wettbewerbsfähigen Filmstandort Deutschland sorgen oder sich dafür einsetzen. Gemeinsam feiern wir Zusammenhalt, Kreativität und Engagement unserer Branche, auch dabei können wir uns bei unseren europäischen Nachbarn oder den USA noch etwas abschauen.


**Es ist der zweite Ball nach der Pandemie. Denken Sie an die Phase noch zurück? Hat sich seitdem grundlegend etwas im Hinblick auf den Ball verändert oder ist alles beim Alten? Was bedeutet die Rückkehr des Filmballs für die Filmwirtschaft und den Standort Deutschland?**


Es bleibt nicht aus, gelegentlich an die Corona-Zeit zu denken, die Auswirkungen sind für viele in der Branche immer noch hart. Insbesondere den Kinos und Kinofilmproduzenten hat die Pandemie schwer zugesetzt. Die Zuschauerzahlen sind nach wie vor nicht auf Vor-Pandemie-Niveau zurückgekehrt. Mit dem Filmball können wir neue Energie für das Branchenjahr tanken, Zuversicht ausstrahlen und Zeichen setzen: Wir wollen zurück auf die ganz großen Leinwände, wir wollen unseren Stars ein Gesicht geben, wir wollen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für unsere Branche, für einen international erfolgreichen deutschen Filmmarkt. Die Filmwirtschaft ist ein People-Business – es lebt von Begegnungen, aus denen neue Ideen entstehen. Der Filmball ist eine gute Gelegenheit zum kreativen Aufladen. Und um allen Filmschaffenden eine Bühne zu geben.




SPIO-Präsident Björn Böhning: "Wir wollen zurück auf die ganz großen Leinwände"

Initiative um Produktionsallianz fordern Fördermaßnahmen von neuer Koalition

Björn Böhning ist überzeugt: Der deutsche Film kann durch mehr Wertschätzung und Sichtbarkeit für Filmschaffende auch international an Gewicht gewinnen.