Blickpunkt:Film

Kino

Spektakulär actionreiches, zweites Leinwandabenteuer von DreamWorks Animations‘ Ganoven-Gang, die auf die gute Seite wechseln will, aber von einer Bande „Gangster Girls“ in einen hochriskanten, weltumspannenden Supercoup verwickelt wird.

Irgendwann muss sich einmal jemand bei DreamWorks Animation gedacht haben, dass auch Kinder ein Recht auf ein richtiges Heist-Action-Movie haben. Also wurde [Etan Cohen](/person/etan-cohen) („Tropic Thunder“, „Men in Black 3“) engagiert, um eine australische Comic-Buchreihe über vier „Bad Guys“ zu adaptieren, die als Bankräuber Furcht und Schrecken verbreiten und sich wahnwitzige Verfolgungsjagden liefern. Im typischen, liebevoll cartoonesken Animationsstil und mit smartem, anspielungsreichem Humor, der auch Erwachsenen gefällt, entstand daraus eine Art High-End-Remake von „Looney Tunes“. Eine Spaß-Version von „Ocean’s Eleven“ mit „Pulp Fiction“ und „Mission: Impossible“-Vibes und einer Bande von „Reservoir Dogs“, die zufällig tatsächlich Tiere sind, sich aber wie Menschen benehmen und vor den gleichen moralischen Konflikten stehen. Die im Grunde genommen nur deshalb auf der falschen Seite des Gesetzes gelandet sind, weil man es von ihnen erwartet, weil sie mit ihren fabelhaften Eigenschaften leben müssen und nicht aus ihrer Haut können, es aber eigentlich leid sind, dass die Leute immer nur vor ihnen davonlaufen. Sie wollen sich dem Guten verschreiben, sind darin allerdings nicht besonders gut: der böse Mr. Wolf mit seinem George-Clooney-Charme, der zynische Safeknacker Mr. Snake, der panische Meister der Maskerade Mr. Shark, der rasend schnelle, überfressene Mr. Piranha, die geduldige Profi-Hackerin Ms. Tarantula. So wurden die Karten verteilt, also werden sie auch so gespielt, hieß es im ersten Teil, in dessen Schlussszene die geläuterten Ganoven nach verbüßter Strafe das Gefängnis verließen und wie so viele berühmte Meisterdiebe der Geschichte vor der Entscheidung standen, ob sie wirklich einen ehrbaren Weg einschlagen wollen – der Film endete also dort, wo schon das lustigste Genrevorbild, Peter Yates‘ „Vier schräge Vögel“, angefangen hatte.

Die Fortsetzung knüpft direkt dort an, beginnt aber mit einer Rückblende, um Zuschauern, die nicht zur eingeschworenen Fangemeinde gehören, die Charaktere und deren Talente vorzustellen. Ein Kunstraub in Kairo, der vor fünf Jahren stattgefunden haben soll, führt später zu einer entscheidenden Wendung im verblüffend dichten Drehbuch und gleich am Anfang zu einer Verfolgungsjagd in schwindelerregendem Tempo, wobei Polizeiautos, Menschenmengen und absurd vielzählige Details in die Luft geschleudert werden und anschließend hart auf dem Boden landen – wie die geläuterten Helden in der Gegenwart und, äh, Realität. Dort werden sie mit den Herausforderungen des Alltags konfrontiert, es zeigt sich, dass es weitaus schwieriger und lustiger ist, ein ehrbares Mitglied der Gesellschaft zu werden, als Banken zu überfallen. Weil Mr. Wolf (Sam Rockwell/Sebastian Bezzel) bei einem Vorstellungsgespräch scheitert, schlägt ihm seine Seelenverwandte, Gouverneurin Diane Foxington (Zazie Beetz/Alice Bauer) vor, der beförderten Polizeichefin Misty Luggins (Alex Borstein/Gisa Flake) dabei zu helfen, einen Verbrecher namens „Phantom Bandit“ das Handwerk zu legen. Mr. Wolf findet heraus, dass sich dahinter sein Kumpel Mr. Snake (Marc Maron/Milton Welsh) verbirgt, der von seiner neuen Freundin, einem zwielichtigen Vögelchen mit der sexy rostigen Klarinettenstimme von Natasha Lyonne (Britta Steffenhagen) dazu angestiftet wurde, sich wieder als Meisterdieb zu betätigen.

Bei seinem bevorstehenden Coup wird die verräterische Schlange entlarvt, als sie sich die Siegertrophäe, den „Belt of Guatelamanca“, bei einem „Lords of Lucha”-Wrestling-Turnier aneignen will. Die Show beginnt mit einem umwerfenden, neonbeleuchteten Lowrider-Ballett auf dem Parkplatz, endet mit einer „Nacho Libre“-Referenz, gegen die die „Chicken Jockey“-Sequenz aus „Ein Minecraft Film“ Kinderkram ist – und mit der Erkenntnis, dass die Helden ausgetrickst und benutzt wurden, nämlich von einer noch begabteren „Gangster Girl Gang“, die Größeres im Schilde führt als einen schnöden Kunstraub, wofür sie noch ein paar helfende Pfoten, Flossen, Beine benötigen. Mastermind ist die durchtrainierte Kampfmieze Kitty Kat (Danielle Brooks/Vera Teltz), die gemeinsam mit der listigen Rabendame Doom und der bulgarischen Wildschwein-Ingenieurin Pigtail (Maria Bakalova/Mascha Raykhman) die bösen Jungs kidnappt und erpresst. Kitty Kats Geniestreich basiert auf nichts anderem als auf „MacGuffinite“ – so der tiefgründige Name des Materials, aus dem das bereits erbeutete Diebesgut besteht. Oder anders gesagt: Das beliebige Objekt, das hier dazu dient, die Handlung auszulösen, ist ein Goldmagnet. Der komplexe Plan lautet: die Mondrakete des Tech-Unternehmers Mr. Moon (Colin Jost/Stefan Krause) in Besitz nehmen, damit ins All düsen, die Kraft des Magneten nutzen, um die gesamten Goldvorräte der Erde an sich zu reißen.

Den Antrieb des Spannungsbogens liefern die herausragenden, menschlichen Eigenschaften der tierischen Helden, also die Verdauungsstörungen des aufgeblähten Mr. Piranha, die Panikattacken von Mr. Shark, die Cleverness von Mr. Wolf, der seine grenzenlos cleveren Ideen niemals zu Ende denkt und andauernd vor der Frage steht, wie man da jetzt wieder rauskommen soll. Doch wie in jedem anständigen Heist-Film ist die Kunst der Irreführung das Prinzip von allem. „[Die Gangster Gang 2](/movie/untitled-dreamworks-animation-film_8)“ löst all seine Versprechen ein, noch dazu sind Diversität und Frauenpower alive and kicking, sogar an einen romantischen Subplot wurde gedacht (und an einen verstörenden Zungenkuss eines Vogels und einer Schlange), das Sahnehäubchen liefert der einmal mehr fantastische Soundtrack von Daniel Pemberton, der das Chaos mit einem ironischen Lalo-Shifrin-Unterton versieht. Schwer zu sagen, ob Kids die subversiven, zeitgemäßen Botschaften reflektieren können, die hier und da ins Dialogbuch gegaffert wurden. Manchmal scheinen die Autoren und Regisseur [Pierre Perifel ](/person/pierre-perifel)ein bisschen zu vergessen, wer die Zielgruppe ist, die hoffentlich nicht über das hinreißende Hannibal-Lecter-Zitat lachen kann, das dem beliebten kleinen teuflischen Meerschweinchen-Professor Marmelade (Richard Ayoade/Max Giermann) seinen großen Auftritt beschert. Den Höhepunkt der Animationsextravaganz aber liefert der Versuch der Protagonisten, im freien Fall (aus einem Hubschrauber) eine Mondrakete auf dem Weg in die Stratosphäre zu entern. Am Ende gibt es einen atemberaubenden „freak gold storm“, eine „24-karätige Katastrophe“, die eher wie ein Grande Finale als nach einem Sequel aussieht und sich wohl kaum mehr steigern lässt, in der mal eben das gesamte Pulver des Franchise im Weltall verschossen wird. Vielleicht ist alles auch nur Ablenkung, um ein Spinoff vorzubereiten, das sich nach dem Abspann ankündigt wie das Sternchen im Titel von „Thunderbolts*“. 

*Corinna Götz*

REVIEW KINO: „Die Gangster Gang 2“