Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie sind Sie vor fünf Jahren zusammen gekommen?

Nico Hofmann: Die Anfänge von Teamworx sind ganz eng mit Wolf Bauer verbunden. Ich hatte nach 15 Jahren Regie einfach Lust, auf das Produzieren umzusatteln. Und Wolf Bauer hat mir dazu die Möglichkeit gegeben, weil er neugierig auf so ein Modell war. Wir waren in der Anfangsphase ja zu viert mit Bettina Reitz und Doris Zander.

Ariane Krampe: Nach fünf Jahren UFA habe ich für mich einen anderen Wirkungskreis gesucht. Wolf Bauer wollte mich aber nur ungern ziehen lassen und meinte, ich sollte unbedingt Nico Hofmann kennen lernen. Eigentlich hatte ich andere, fast schon unterschriebene Pläne im Kopf. Nach einem intensiven Gespräch war klar, dass Nico - beruflich gesehen - der Mann sein würde, mit dem ich meine nähere Zukunft verbringen wollte.

NH: An der Konstruktion war sehr wichtig, dass wir eine kleine Gruppe waren und dadurch der Rahmen überschaubar blieb. Man darf auch nicht [Sascha Schwingel](/person/sascha-schwingel) vergessen, der von Anfang an dabei war, den ich in der Produktionsabteilung der [Ludwigsburger Filmhochschule](/company/filmakademie-baden-wuerttemberg) entdeckt habe. Er ist im Grunde genommen in seiner produzentischen Laufbahn mit uns groß geworden, sehr erfolgreich groß geworden. An ihm kann man sehen wie erfolgreich die Firma in den letzten Jahre Projekte und Kontakte geöffnet hat. Mittlerweile stemmt Sascha vier fünf Produktionen im Jahr alleine, entsprechend einem Volumen von sechs bis sieben Mio. Euro.

AK: Wir waren wie ein Kleeblatt. Jeder hat einen ganz spezifischen Bereich mit eingebracht, auf dem er bereits Berufserfahrung gesammelt hatte. Ich kam aus dem seriellen Bereich, Nico aus dem Regiefach, Bettina Reitz aus dem Fernsehspielbereich und Doris Zander übergreifend. Es sind Leute zusammengekommen, die bereits aus einem Fundus schöpfen konnten. Nur so war in dieser Geschwindigkeit solch ein Produktionsaufkommen zu stemmen.

BF: Wie haben Sie sich in dieser Zeit als Produzent entwickelt?

AK: Für mich war der große Zugewinn, aus der Reihen- und rein seriellen Produktion herauszukommen und im Einzelspiel- und Event-Bereich eigenverantwortlich Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Es wächst einem ein großer Verantwortungsbereich zu, wenn man die Dinge eigenverantwortlich von Anfang bis Ende generieren muss, also entwickeln, verkaufen und umsetzen.

"Es geht immer um die Gruppe"

NH: Zweierlei ist für mich ganz wichtig gewesen. Zum einen zu kapieren, dass mit dem schnellen Wachstum der Firma eine extrem unternehmerische Verantwortung auf einen zukommt. Das hat es in der Form zuvor nie in meinem Leben gegeben. In unserem dritten Jahr hatten wir 24 Produktionen und zwei Image-Filme - da ist die Firma fast aus allen Nähten geplatzt. Verantwortung für einen viel größeren Menschenkreis zu haben, war eine ganz neue Erfahrung. Der zweite Punkt ist - und das wird in der Presse über meine Person oft falsch dargestellt: Die Firma ist ein Team, und ich bin nicht der alleinige Kopf. Es ist mir ungemein wichtig, dass es immer um eine Gruppe von Leuten geht, die permanent zusammenarbeiten. Die wichtigen produzentischen Erfolge hatte ich im Grunde alle mit Ariane zusammen.

BF: Stört Sie, Frau Krampe, diese einseitige öffentliche Wahrnehmung?

AK: Ich empfinde es überhaupt nicht als störend und bin über weite Strecken sogar dankbar, dass es so ist. Es entspricht nicht meiner Art und liegt mir auch nicht, mich zu präsentieren. Insofern bin ich froh, wenn Nico diesen Part stellvertretend für die Firma übernimmt. Das gemeinschaftliche Denken steht ja trotzdem im Vordergrund. Die Auftraggeber und die Kreativen - also die Ebenen, die mir besonders am Herzen liegen, - sind sich schon dessen bewusst, wie sich Teamworx zusammensetzt. Mir ist vor allem wichtig, wie die Öffentlichkeit unsere Projekte wahrnimmt und wie die Firma positioniert wird.

NH: Man muss das differenziert betrachten. Wir haben, was bislang den Kinoproduktionen vorbehalten war, beim "[Tunnel](/tvshow/der-tunnel_b)" erstmals ganz massive Pressearbeit gemeinsam mit [SAT.1](/company/sat1-satellitenfernsehen) betrieben. Das war fast ausschließlich immer im Zusammenhang mit der Firma und den Filmen. Und ich bin in der Tat der Meinung, dass sich eine Firma mit ihren Köpfen nach außen präsentieren muss, um das Produzentenbild des "unbekannten Machers" im Hintergrund zu korrigieren. Der Sender sollte nicht allein als Macher dastehen, wenn es sich um eine gemeinschaftliche Arbeit handelt. Deshalb bin ich ein Verfechter der Meinung, dass kreative Produzenten an die Front müssen und ihr Gesicht hinhalten, für das was sie tun.

Auseinandersetzungen auf hohem Niveau

BF: Wieviel Regisseur steckt noch im Produzenten Hofmann? Ist eine Rückkehr ins Regiefach denkbar?

NH: Die Regie lockt mich überhaupt nicht mehr, dazu macht mir das produzieren viel zu viel Spaß. Der Regisseur in mir ist selbstverständlich noch da. Auch in der Beurteilung der Regisseure, mit denen ich arbeite. Aber auch in der Feinarbeit kann ich meine Regieerfahrungen jeder Zeit wecken. Gerade im Schnitt kommt mein Feintuning noch häufiger zum Tragen. Ich habe das Privileg, mit so guten Leuten zusammenzuarbeiten, dass es auf sehr hohem Niveau zu Auseinandersetzungen kommt, die dann aber beiden Seiten Spaß bereiten.

BF: "Der Tunnel" war sicherlich ein früher Meilenstein in der Teamworx-Geschichte. Welche weiteren gab es?

NH: "Der Tunnel" bedeutete für Teamworx den Durchbruch. Da konnten wir in der Branche zeigen, was wir uns unter Qualitätsfernsehen vorstellen. Dadurch entstand eine lange Beziehung zu [Sat.1](/company/sat1-satellitenfernsehen). Für Sat.1 hat sich bis hin zu "[Tanz mit dem Teufel](/tvshow/tanz-mit-dem-teufel-die-entfuehrung-des-richard-oetker)" eine Qualitätswegstrecke fiktionalen Erzählens geöffnet. Das alles findet nun in "Schliemann und Sophie" und der "Luftbrücke" seine Fortsetzung.

AK: Wobei die inhaltliche Arbeit zu "Der Tunnel" und "Tanz mit dem Teufel" nahezu zeitgleich über die Bühne ging und man deshalb beide Filme gleichrangig bewerten sollte. Die überzeugende Leistung war, als junge Firma zwei solche Produktionen parallel stemmen zu können.
NH: Für [RTL](/company/rtl-television) haben wir mit "[Todesstrafe](/movie/todesstrafe-ein-deutscher-hinter-gittern)" ein qualitatives Highlight gesetzt und die Wege führen uns ja gerade wieder ganz stark zurück zu RTL. "Wir werden die "Sturmflut" machen und [Joachim Kosack](/person/joachim-kosack) produziert die Weekly "Verschollen". Das ist eine Riesenerfolgsmeldung in diesen schwierigen Zeiten.
In der Nachfolge hat sich die Arbeit mit [ARD](/company/ard-gemeinschaftsprogramm-erstes-deutsches-fernsehen) und [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen) unheimlich stark geöffnet. Wir hatten große Erfolge in der [ARD](/company/ard-pressestelle) mit Arbeiten wie "[Bobby](/movie/bobby)", qualitativ war die Serie "[Sternenfänger](/tvshow/sternenfaenger-1-staffel-folge-1-26)" ein Meilenstein für das Vorabendrprogramm der ARD. Beim ZDF hatten wir riesige Erfolge durch Bettina Reitz und die wiedergewonnene Zusammenarbeit mit [Christian Petzold](/person/christian-petzold), der "[Toter Mann](/movie/toter-mann)" und "[Wolfsburg](/movie/wolfsburg)" entsprangen. Seit neuestem arbeiten wir auch mit sehr großer Lust für die [Degeto](/company/degeto-film), hatten dort u.a. mit "[Eine Liebe in Afrika](/tvshow/eine-liebe-in-afrika)" einen Riesenerfolg mit sieben Mio. Zuschauern. Auch qualitativ ist die Degeto ein ganz wichtiger Partner geworden. Das Portfolio hat sich geöffnet.

Systematische Nachwuchsarbeit

BF: Sie arbeiten sehr viel Mit dem Nachwuchs. Die ARD scheint bei diesen Produktionen ein wichtiger Partner.

NH: Das ist ein ganz wichtiger Bereich. Dafür kann man die ARD und genauso das ZDF gar nicht genug loben. Nach wie vor herrscht dort eine inhaltliche Qualitätsdebatte vor und die Sender wollen diese fortschrittliche Nachwuchsarbeit weiter beibehalten. Wir haben vor vier Jahren begonnen, systematisch Nachwuchsarbeit aufzubauen. Da gehören Namen dazu wie [Stefan Krohmer](/person/stefan-krohmer), [Tim Trageser](/person/tim-trageser), wie [Nadya Derado](/person/nadya-derado) oder [Branwen Okpako](/person/branwen-okpako) mit "[Tal der Ahnungslosen](/movie/tal-der-ahnungslosen)", der gerade mit viel Erfolg in [Toronto](/company/toronto-international-film-festival) lief. Das alles steht für eine riesige Investition von Energie. Bei Krohmer bin ich mit am stolzesten, weil er nicht nur vier Grimmepreise mit Gold für "Ende der Saison" bekommen hat, sondern jetzt auch mit "Familienkreise" für den Fernsehpreis nominiert wurde. Das ganze in der Kontinuität unserer Zusammenarbeit betrachtet - Krohmer hat auch in Ludwigsburg bei mir studiert - macht mich schon sehr stolz.

AK: Das erschließt sich nicht nur auf die Einzelspiele, bei "Stenenfänger" habe ich auch im kommerzielleren seriellen Bereich mit Nachwuchsleuten zusammengearbeitet. Das wurde uns von [BR](/company/bayerischer-rundfunk-br)-Redakteurin [Stephanie Heckner](/person/dr-stephanie-heckner) und der ARD ermöglicht.

"Mauer"-Projekt für den WDR

BF: Bleibt der Dokumentarfilm über die Zusammenarbeit mit [Thomas Schadt](/person/prof-thomas-schadt) bei "[Berlin - Sinfonie einer Großstadt](/movie/berlin-sinfonie-einer-grossstadt)" und "[Doppelleben](/movie/carola-stern-doppelleben)" hinweg ein Thema?

AK: Dokumentarfilm finde ich einen hoch spannenden Bereich. Es gibt ein Modell mit dem [WDR](/company/westdeutscher-rundfunk-wdr), demzufolge - hoffentlich - ein Dokumentarfilm begleitend zu einem fiktionalen Film entstehen soll, die sich dann ergänzen. Zum Bau der Mauer 1961. Egon Bahr steht dafür als Partner zur Verfügung. Ein weiterer neuer Ansatz ist nun, das Bernhard Schlink das Drehbuch schreiben soll, ein Prosaautor für ein fiktionales Drehbuch, um es gleichzeitig auch noch dokumentarisch auszuwerten. Ein Crossover vieler verschiedener Möglichkeiten. Das ganze geschieht dann natürlich mit Unterstützung und Beistellung des WDR, die durch ihr ARD-Hauptstadtstudio natürlich Kompetenzen haben, wie wir sie nicht bieten können.

BF: Sie erwähnten eine neue Weekly für RTL. Entsteht dadurch nicht eine Konkurrenzsituaion unterm eigenen UFA-Dach?

NH: Klipp und klar: Ja, so ist es. Wir stellen uns dem auch. Ariane war die erste Bastion in diesem Komplex durch ihre starke serielle Erfahrung. Außerdem war es ein gemeinsamer strategischer Schachzug, Joachim Kosack von der [Grundy](/company/grundyufa) zu uns zu holen. Er hat ja sehr lange " [Hinter Gittern](/tvshow/hinter-gittern-der-frauenknast)" mitgestaltet und es ist sein und [Jan-Richard Schusters](/person/jan-richard-schuster) (Abteilungsleiter Serien bei RTL) Verdienst, dass "Verschollen" nach einem Entwicklungszeitraum von fast zwei Jahren entsteht.

BF: Es ist also denkbar, dass Sie sich inhaltlich gegen eine andere UFA-Firma durchsetzen, aber dennoch von den Produktionsmöglichkeiten, die innerhalb des UFA-Komplexes geboten sind, Gebrauch machen?

NH: Auch das ist denkbar. Dazu ein Beispiel: [Wolf Bauer](/person/wolf-bauer) und ich haben vor sieben Monaten bei unserem Antrittsbesuch bei [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen)-Intendant [Markus Schächter](/person/prof-markus-schaechter) als erste überhaupt das Modell für eine deutsche Telenovela vorgeschlagen. Und es ist im Development ein gemeinsames Werk entstanden zwischen Joachim Kosack von uns und [Christian Popp](/person/christian-popp) von Grundy. Wenn der Produktionsauftrag kommt ist klar geregelt, dass [Rainer Wemcken](/person/rainer-wemcken) mit Grundy die Durchführung übernimmt, wir Teamworx aber inhaltlich zur Seite stehen.

BF: Gemessen am Programmanteil kommt Showformaten und Light Entertainment eine immer größere Rolle zu. Auch ein Thema für Sie?

AK: Unsere Kernkompetenz liegt im Fiktionalen. Insofern findet kein unmittelbarer Ansatz statt. Nichtsdestotrotz finde ich es sehr spannend, sich mit anderen Formaten und Erzählformen auseinanderzusetzen, solange es die Beschäftigung mit einer Geschichte ist. Ich würde es grundsätzlich nicht ausschließen, wenn es ein bestimmtes inhaltliches Niveau hätte.

NH: Um in diesem Bereich wirklich gut zu sein, muss man personell top besetzt sein. Es ist eine Binsenweisheit, die auch wir lernen mussten: Es hat keinen Sinn, in andere Bereiche wie Light Entertainment oder Show zu gehen. Wir müssten mit der selben Leidenschaft, wie wir fiktionales Fernsehen betreiben, in diesem Entertainmentbereich aufgestellt sein. Es ergibt keinen Sinn, in eine Konkurrenz zu treten, wo andere Unternehmen mit einer Manpower von sechs, sieben hochklassigen Leuten dagegen stehen. Doch es gibt ununterbrochen Zusammenarbeit. Wir haben gerade gemeinsam mit [Ute Biernat](/person/ute-biernat) von [Grundy Light Entertainment](/company/grundy-light-entertainment) ein englisches Format weiter entwickelt, "You are the witness", das wir gerade anbieten.

BF: Ist es unabdingbar geworden, sich dem seriellen Bereich zu öffnen?

NH: In Zeiten des hohen Auftragsverlustes im Fernsehspielbereich haben wir erkannt, dass wir auch im seriellen Bereich erfolgreich sein müssen. "Sternenfänger" war der erste Schlag, der zweite wird "Verschollen" sein als innovatives, neues Modell in engem Schulterschluss mit RTL. Auch bei Sat.1 sind wir im engeren Rennen um eine Weekly-Ausschreibung. Wir wollen dieses Segment absolut für uns erobern.

AK: Wir bereiten außerdem eine Hauptabendserie für die ARD vor, die im tierärztlichen Bereich spielt. Ich wollte einfach mal wieder "Daktari" sehen und habe eine Geschichte um einen Safaripark in der Lüneburger Heide konzipiert. Es gibt einen Entwicklungsauftrag über 13 Folgen, diese Bücher erstellen wir gerade.

BF: Zum Abschluss: ihre schmerzlichste und ihre schönste Erfahrung als Produzent?

AK: Mein schmerzlichstes Erlebnis war, als mein absoluter Lieblingsfilm "[Himmelreich auf Erden](/movie/himmelreich-auf-erden)" (Regie: [Torsten C. Fischer](/person/torsten-c-fischer), Buch: [Günter Schütter](/person/guenter-schuetter)) sich nicht gegen den extrem starken "Millionär" mit über elf Mio. Zuschauern durchsetzten konnte. Mein schönstes war sicherlich die Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2002 für "Der Tanz mit dem Teufel". Nachdem im Jahr davor "Der Tunnel" bereits ausgezeichnet worden war, hatte niemand von uns daran geglaubt, dass die Jury einem Werk in der gleichen Produktionskonstellation - nämlich Sat.1 und Teamworx - den Preis verleihen würde.

NH: Meine schmerzlichste Erfahrung ist in der Tat die Trennung von jedem Mitarbeiter, den ich im Laufe des letzten Jahres entlassen musste. Größter Triumph war die Vorführung des Tunnels in [Montréal](/company/festival-des-films-du-monde-montreal) vor ausverkauftem Haus.

Ariane Krampe und Nico Hofmann zu fünf Jahren Teamworx