Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Was war ihr Antrieb, eine so drastische Darstellung der Geschichte zu wählen? Im deutsche Fernsehen sieht man so etwas eher selten.

Carlo Rola: Eigentlich nie, würde ich sagen. Ich bin ein film noir-Fan und wollte das in die heutige Zeit transferieren, auch mit der entsprechenden Brutalität. Es ist eine gewalttätige und leidenschaftliche Geschichte, wie man sie auch aus Amerika kennt. Ich will mich auf keinen Fall in irgendeiner Weise vergleichen, doch Tarantino erzählt auch aus der Hüfte heraus. Selbst Autor [Holger Karsten Schmidt](/person/holger-karsten-schmidt) hat sich dagegen gewehrt, weil er immer von einer konventionelleren Dramaturgie geträumt hat, aber ich halte gerade das für modern und dadurch für ein außergewöhnliches Produkt.

BF: Woran würden Sie diese film-noir-Remniniszenzen, die sie wecken wollten, festmachen?

CR: Ich denke, das ist uns in der Lichtführung sehr gut gelungen, ebenso, was die Zusammenstellung des Cast betrifft und auch in der Art, wie die Leute spielen. Wichtig war außerdem, dass man mir surreale Einsprengsel gelassen hat, wie die alte Frau, die sich in Nizza vom Negresco stürzt. Auch die Einsamkeit jedes einzelnen Protagonisten ist ein wichtiges Element. Keiner hat irgendeinen Halt. Und es gibt eben keine dieser durchgehend positiven Figuren.

BF: Hätten Sie die Geschichte Ihren Vorstellungen entsprechend auch für einen anderen Sender umsetzen können?

CR: Ich bin RTL wirklich dankbar, dass ich diesen Film so machen durfte. Wir hatten mit "[Der stille Herr Genardy](/movie/der-stille-herr-genardy)", einer Kinderschänder-Geschichte, einen vergleichbaren Fall. Doch auch beim [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen) hätte ich den Film bestimmt in der Form machen können, da man dort unter der neuen Intendanz sehr progressiv und modern geworden ist. Ich könnte [Markus Schächter](/person/prof-markus-schaechter) dafür ständig küssen.

Keine Furcht vor Fußball als Konkurrenzprogramm

BF: Haben wir es in dem Film - auch wenn ihr Handeln motiviert ist - mit der kältesten und ruchlosesten [Iris Berben](/person/iris-berben) zu tun, die es je gab?

CR: Das würde ich schon unterschreiben. Doch letztlich agiert ihre Figur höchst moralisch. Dass sie vielleicht wie ein Rachenengel daher kommt, hängt höchstwahrscheinlich mit meinem Katholizismus zusammen, und ich fand es ganz schön, dass eine Geschichte wieder einmal mit Schuld uns Sühne endet.

Oliver Berben: Diese Figur wurde konsequent auf sie hin entwickelt, auch mit dem Hintergedanken, sie merklich in eine andere Position zu setzen, als man es von ihr kennt. So sind wir dann auf die meistgesuchte Frau Europas gekommen.

BF: Wie beurteilen Sie den Ausstrahlungsmodus zwei Teile in acht Tagen?

OB: Das finde ich eigentlich ganz gut, so wurde es auch früher schon gehandhabt. Der Film ist geradezu dafür geeignet, weil sich beide Teile voneinander absetzen. Ein größeres Problem ist, dass wir erst vor vier Wochen vom Ausstrahlungstermin erfahren haben. Und einen Film dann im Vorfeld noch ideal zu bewerben, ist natürlich nicht möglich.

BF: Macht Ihnen die Sendezeit 21.15 Uhr zu schaffen?

OB: Überhaupt nicht, dass finden wir großartig, weil wir dadurch ja die Möglichkeit hatten, so drastisch zu erzählen, ohne zu 100 Prozent auf die Familientauglichkeit achten zu müssen. Ich fürchte mich auch nicht vor der Fußball-EM als Konkurrenzprogramm, mit der wir uns teilweise überschneiden. Das ist mir eigentlich lieber als ein ähnlich gelagertes Format.

BF: In der heutigen Zeit geht man eigentlich davon aus, dass es ungemein schwierig ist, noch Aufträge für solche Großereignisse zu bekommen. Sie haben bereits wieder den [Sat 1](/company/sat1-satellitenfernsehen)-Zweiteiler "Schöne Witwen küssen besser" produziert und stehen kurz vor Drehbeginn des ZDF-Dreiteilers "[Die Patriarchin](/tvshow/die-patriarchin_5)". Wie erklären Sie sich das?
OB: Alle diese drei Projekte haben wir über einen sehr langen Zeitraum vorbereitet. Darauf lege ich auch sehr großen Wert, damit sie zu einer Reife kommen, damit man dem Sender auch ein Produkt als Paket anbieten kann, das für ihn interessant wirkt. Und das tut es um so mehr, je klarer die eigene Vorstellung davon ist. Seit Bestehen der Firma entwickeln wir Geschichten ohne eigenen Auftrag.

BF: Was erwartet uns mit der "Patriarchin"?

CR: Das wird große Abendunterhaltung fürs ZDF, eine moderne Buddenbrook-Geschichte. In der heutigen Single-Gesellschaft finde ich es ganz interessant zu zeigen, wie so ein großer Familienclan funktioniert. Am 5. Juni war Drehbeginn in Hamburg, der Film spielt außerdem in Wien, Salzburg, Berlin, New York, Nairobi und auf Malta.

BF: Welche Pläne haben Sie darüber hinaus?

CR: Im Herbst werde ich mit Iris Berben eine szenische Lesung realisieren, "Hitlers Tischgespräche", als reine Theaterproduktion. Außerdem planen wir eine Reihe, eine Art "24 hours", nur von Montag bis Samstag. Nick Scofield schreibt das Drehbuch und im Zentrum steht das große Thema Terrorismus.

OB: Die Idee war, eine Geschichte zu entwickeln, die sich inhaltlich, wie auch bei der Ausstrahlung über mehrere Wochentage, von Montag bis Samstag, erstreckt. Da sind wir gerade an der Konzeption.

Carlo Rola und Oliver Berben zu "Die schöne Braut in Schwarz"