Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie gestalten sich Ihre Aufgaben als Präsident von Cartoon?

Stefan Thies: Cartoon ist eine an das MEDIA-Programm der Europäischen Gemeinschaft angebundene Plattform zur Förderung des Europäischen Animationsfilms. Der Präsident leitet die Mitgliedsversammlung und die Board-Meetings, bei denen die Sprecher der 25 Mitgliedsländer zusammentreten. Ansonsten ist er direkter Ansprechpartner für die Kollegen in der Animationsbranche und Bindeglied zum Vorstand in Brüssel.

"Eine Plattform, die blendend funktioniert"

BF: Gibt es auch eine politische Agenda?

ST: Cartoon ist eine Non-Profit-Organisation, die angetreten ist, dem europäischen Animationsfilm zu helfen. Insofern hat sie sich seit ihrem Bestehen 1989 als die zentrale Organisation in Europa auf diesem Gebiet entwickelt. Wir sehen uns als Sprachrohr auf wirtschaftlich-kulturellem Gebiet gegenüber MEDIA. Cartoon ist eine Plattform, die blendend funktioniert, und die einzige Plattform des MEDIA-Programms, die selbstständig geblieben ist.

BF: Am Herzen liegt Ihnen die Einführung eines Animationsfilmpreises bei den nationalen Filmpreisen und dem Europäischen Filmpreis.

ST: Wir wollen versuchen ihn einzurichten. Eine Idee übrigens, die in Deutschland geboren wurde, weil wir gesehen haben, dass nationale Animationsfilme hier in den vergangenen Jahren mit einem Schnitt von über einer Mio. Besucher überaus erfolgreich waren, was für deutsche Filme ungewöhnlich ist. Die Idee kam auch bei unseren Nachbarn an.

BF: Was sind die vornehmlichen Aufgaben von Cartoon?

ST: Zwei Punkte liegen uns am Herzen. Zum einen, dass die zehn EU-Beitrittsländer in Cartoon integriert werden. Das geht Schritt für Schritt voran. Bislang waren die osteuropäischen Länder schon indirekt vertreten, weil dort viel Produktionsleistung im Auftrag erbracht wurde. Jetzt treten sie auch mit eigenen Projekten als gleichberechtigte Partner von Cartoon auf. Als Zweites steht eine noch engere Zusammenarbeit der Europäer an. Bei Produktion und Finanzierung klappt die Zusammenarbeit sehr gut, doch im Bereich des Vertriebs und Marketings stehen wir noch immer vor großen Herausforderungen. Gemeinsame, internationale Vermarktungsstrategien für große Animationsspielfilme zu entwickeln, ist das nächste große Ziel.

BF: Animation lässt sich gut ins Ausland verkaufen, wenn es sich nicht gerade um Spezialitätenprogramm wie "Werner" handelt. Wie muss sich die Animationsbranche aufstellen, um dies übergreifend hinzubekommen?

ST: Der Wert des Animationsfilms ist, dass er universell ist. Natürlich kann man an Inhalt und Erzählform erkennen, aus welchem Kulturkreis die Geschichte kommt, aber er bleibt optisch universell und vor allem zeitlos. Er ist nicht immer in jedem Land erfolgreich im Kino, sehr wohl aber auf Video und DVD. Klar ist, dass man eine kinotypische Umsetzung/Auflösung finden muss, die international zugänglich ist und immer auch eine zweite internationale Sprachfassung, in der Regel Englisch, anbieten sollte.

BF: Es heißt, mit 2D können die Europäer in einem Marktsegment reüssieren, das die Amerikaner aufgegeben haben. Ist das realistisch oder nur Zweckoptimismus?

Mit 2D international konkurrenzfähig

ST: Das ist eine reelle Chance. 2D ist in Europa technisch zweifelsohne in einem internationalen Standard machbar. Bei 3D fehlt uns noch die Übung, um wirklich überzeugende industrielle 3D-Produktion hinzubekommen, zumal das auch mit einem enormen Kosten- und Zeitaufwand verbunden ist.

BF: Die NFP Animation Film GmbH stellt augenblicklich hauptsächlich die "Mainzelmännchen" her. Gibt es andere Projekte, vielleicht auch Pläne für einen "Mainzelmännchen"-Kinofilm?

ST: Wir sind im Gespräch mit dem [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen). Ein guter Anlass wäre das 45-jährige Jubiläum der Mainzelmännchen im Jahr 2008. Auch eine neue Staffel "Die Mainzels", die im ZDF Kinderprogramm lief, steht auf der Agenda. Daneben sind auch andere Projekte in Planung.

Cartoon-Präsident Stefan Thies über Cartoon Movie