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Kino

Blickpunkt Film: Die letzte Klappe fiel im Spätherbst 1997. Wieso kommt "Meschugge" erst jetzt ins Kino?

Dani Levy: Der erste feine Rohschnitt war im Februar 98 fertig. Nach Testscreenings auf Video im Planet Hollywood habe ich weitergeschnitten und mich zeitlich total verschätzt. Nach drei Monaten wußte ich, es muß jemand aus der Kommerzeckeher und holte Ueli Christen, den Cutter von Sönke Wortmann, und Rainer Kaufmann. Der steckte da nicht so drin wie ich. Anschließend mußten wir die englische Originalversion und die deutsche Synchronfassung herstellen, ich mußte sprechen und mischen. Da im November ein Riesenstapel deutscher Filme starten sollte, verschoben wir unseren Termin auf den Januar. Da wiederum gab es noch kein Plakat, das Buch vom Rowohlt Verlag war noch nicht fertig. Den jetzigen Startzeitpunkt halte ich für vernünftig.

BF: Das relativ aufwendige Projekt kostete nur sechs Mio. Mark.

DL: Auch nur auf dem Papier, denn der Dollarkurs machteuns einen Strich durch die Rechnung. Probleme gab es auch mit der Restfinanzierung aus der Schweiz, effektiv verfügten wir nur über 5,5 Mio. Mark. Beim Festival in Toronto schätzte man die Produktionskosten auf zehn Mio. Dollar. Wir arbeiteten unter ziemlichen Finanz- und Zeitdruck. Aber ich bin im Rahmen des Budgets geblieben, sonst hätte ich wieder X-Filme gefährdet.

BF: Nach dem Erfolg von "Lola rennt" sollte es X-Filme gutgehen.

DL: Wir können uns nicht beklagen. Finanziell ging es uns zwar nicht gut, aber wir hatten immer ein gutes Image.

BF: Wie sieht die Zusammenarbeit mit Miramax aus?

DL: Der Kontakt entstand in Toronto. Miramax wollte unbedingt "Lola rennt" kaufen, aber wir hatten schon an Sony Classics verkauft. Harvey Weinstein war sauer, brüllte, er wolle uns zerstören, dann sah er sich "Meschugge" an und holte nach der Peitsche das Zuckerbrot raus. Er fand es spannend, daß eine Firma"Wir wissen über die Zufälligkeit von Erfolg"zwei so gegensätzliche Filme parallel produziert und mit einem so geringen Budget diese Production Values hinkriegt. Er bot uns eine Partnerschaft an. Erst kamen wir uns vor wie David und Goliath - eine Firma, die gerade ihre Unkosten bezahlen kann und ein 400-Mio.-Dollar-Mogul wie Miramax, das kann nicht gut gehen. Aber der Deal gibt uns größtmögliche Freiheit. Wir müssen nicht mit Miramax produzieren, auch wenn die Weinsteins an einem Projekt interessiert sind. Wir können aber von ihren Kontakten profitieren, etwa beim Akquirieren von Buchrechten, Stars oder Autoren. Miramax hat keinen Zugriff auf uns, das war uns wichtig.

BF: Besteht die United-Artists-Idee oder herrscht jetzt Größenwahn?

DL: Das Label UA ist eigentlich schon größenwahnsinnig. Wir haben uns nicht verändert, es gibt auch keinen Grund dazu. Wir haben einfach einen für unsere Verhältnisse erfolgreichen Film herausgebracht und wissen über die Zufälligkeit von Erfolgen. Ich bin genau so stolz auf "Das Leben ist eine Baustelle", der mit 500.000 Zuschauern auch ein gutes Resultat vorzeigen kann, wie auf "Lola rennt" mit über zwei Mio. Besuchern. Wir stehen auch alle hinter "Meschugge" und glauben, daß er funktionieren kann.

BF: Sind auch Fremdproduktionen geplant?

DL: Bisher fehlten die Mittel, uns dynamisch und schnell zu vergrößern. Wir kamen mit nur zwei Angestellten aus. Jetzt stößt noch ein erfahrener Herstellungsleiter dazu, wir suchen einen zweiten Producer, der muß nicht Gesellschafter werden. Von Anfang an haben wir gesagt, daß wir auch mit anderen Kollegen Filme drehen, wenn wir das Gefühl haben, er paßt mit seinem Projekt zu uns. Wir sind keine Inzestbande. Mit Motor Music gründeten wir kürzlich das Label X-Music, eine Firma, die sich nur um Musikproduktionen kümmert, um sehr früh die Konzeption zum Soundtrack zu entwickeln. Die Erfahrung mit "Lola rennt" zeigt, daß man in der heutigen Mediensituation Filme breiter promoten muß. Gleichzeitig wollen wir Komponisten wie Niki Reiser oder anderen eine Heimat geben und in einem sehr frühen Stadium professioneller an der Musik arbeiten. Die Produktionsstätte ist bei uns im Büro.

BF: Was kommt als nächstes?

DL: Mich interessieren zwei Projekte. Ich schreibe an einerArt Hans-im-Glück-Geschichte, die der Frage nachgeht, warumist jemand glücklich. Außerdem habe ich mit Maria Schrader vor Jahren den düsteren Paul-Auster-Roman "Im Land der letzten Dinge" optioniert. Die Optionsrechte sind zwar ausgelaufen, aber wir können das Buch jederzeit haben, müssen die Rechte natürlich bezahlen.

Dani Levy zu 'Meschugge', Miramax und X-Filme