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Blickpunkt: Film: Wie kommentieren Sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes?

Stephan Birkenholz: Wir begrüßen die Entscheidung des Gerichts zur Tabak-Werberichtlinie sehr, mit der Einschränkungen der Werbefreiheit einmal mehr erschwert werden. In der Urteilsbegründung spielen ja nicht nur Zuständigkeitserwägungen eine Rolle, sondern auch materiell-rechtliche Überlegungen des EU-Gemeinschaftsrechts. Allein die Zigarettenwerbung macht rund 30 Prozent der Werbeeinnahmen der Theater aus, in Nischenmärkten wie bei Arthäusern noch mehr.

BF: Sind nun Einschränkungen auf nationaler Ebene zu befürchten?

SB: Nach unserer Kenntnis gibt es gegenwärtig keine staatlichen Bestrebungen, die Werbung für Tabakerzeugnisse weiter einzuschränken. In den letzten 20 Jahren haben wir mit der Tabakindustrie Selbstbeschränkungsmaßnahmen verabredet und umgesetzt. So darf etwa in jugendfreien Vorstellungen vor 18 Uhr keine Tabakwerbung gezeigt werden. Ich denke, dass dieser Konsens zwischen Industrie, Werbung und Politik der richtige Weg war, den berechtigten Jugendschutzinteressen hinreichend Rechnung zu tragen.

BF: In der Vergangenheit erlebte die Werbemittlerbranche eine starke Konzentration. Ihr Verband zählt noch 18 Mitgliedsunternehmen. Außerdem gab es durch Unregelmäßigkeiten einen starken Vertrauensverlust.

SB: Das Vertrauen in die Mitglieder des Verbands ist wieder vollkommen hergestellt, sowohl von der Werbewirtschaft wie von der Theaterseite. Wir haben unser Kontrollsystem umgestellt, alle Abwicklungsstufen vom Auftrag bis zur Aufführung im Kino werden - natürlich stichprobenartig - lückenlos erfasst. Die Kontrollen sind in die IVW integriert worden. Sie führt die Kontrollen über das Marktforschungsinstitut MediaRes durch.

BF: Mit welche Themen beschäftigt sich der FDW derzeit?

SB: Wir arbeiten gegenwärtig an der Anpassung der von uns entwickelten und vom Kartellamt genehmigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen an die sich ändernden Anforderungen im Werbemarkt. Von uns wird seitens der werbetreibenden Industrie eine zunehmende Flexibilität verlangt, beispielsweise Saisontarife oder die schnellere Anpassung der Auftragskonditionen an die tatsächlichen Besucherzahlen der einzelnen Theater. Wir wollen die neuen AGB im Jahr 2001 fertig stellen, damit sie 2002 wirksam werden können.

BF: Vor welchen Herausforderungen steht die Kinowerbung?

SB: Es ist unser Ziel, das Werbevolumen insgesamt zu erhöhen. Die Abspielmöglichkeiten sind durch den Kinobauboom drastisch gestiegen, die Nachfrage durch die Werbewirtschaft wuchs weniger rapide. Die Kinowerbung entwickelt sich so vom Angebots- zum Nachfragemarkt. Außerdem stehen wir in einem wachsenden Wettbewerb mit anderen Medien, vor allem mit der TV-Werbung. Das Fernsehen leistet heute teilweise, was wir bisher nur im Kino konnten. Die Zielgruppenansprache ist dort wesentlich präziser geworden. Wir müssen den Werbekunden also mehr bieten als bisher. In diesen Tagen erscheint unsere jüngste Akzeptanzstudie. Sie bescheinigt uns unvergleichliche Impact-Werte. Nirgendwo wird die Werbeaussage so intensiv wahrgenommen wie im Kino. Das ist unsere eigentliche Stärke.

BF: Wohin fährt der Digitalisierungs-Zug?

SB: Als Verband werden wir die Digitalisierung intensiv begleiten. Wir treten für eine möglichst gleichmäßige Durchdringung des Kinomarkts mit digitaler Tech-nik ein.

BF: Soll es einen einheitlichen technischen Standard geben?

SB: Ich trete für einen einheitlichen Standard ein, um die Homogenität der angeschlossenen Filmtheaterbetriebe zu bewahren. Einige Verbandsmitglieder streben allerdings Teilmarktlösungen an, die in Pilotprojekten erprobt werden. Im Wesentlichen gibt es die beiden Möglichkeiten des Offline-Modells über DVD und der Satellitenübertragung. Aber unabhängig davon, welches Konzept sich durchsetzt, ist es wichtig, dass die Filmtheater nicht spürbar belastet werden. Das bedeutet, dass die notwendigen technischen Investitionen von durchschnittlich 50.000 Mark pro Leinwand hauptsächlich über Werbe-Mehreinnahmen finanziert werden müssen. Die Filmtheater und die Werbemittler müssen zumindest ihre Einsparpotenziale beisteuern.

BF: An welchen Zeitrahmen denken Sie dabei?

SB: Was das Vorprogramm angeht, sind wir etwa in zwei Jahren so weit. Bis auch die Hauptprogramme digital abgespielt werden, vergehen sicherlich noch fünf Jahre oder mehr. Bis dahin werden wir uns natürlich auch mit den Verleihern und Lizenzinhabern auf einen Konsens über die Technik einigen müssen.

FDW-Chef Birkenholz zur Zukunft der Kinowerbung