Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Stimmt es, dass "Ghost of Mars" im Prinzip nichts anderes ist als Ihre Version von "[Der Längste Tag](/movie/der-laengste-tag)"?


John Carpenter: Mir wurde angeboten, ein Remake von "Der längste Tag" zu drehen, und ich habe lange darüber nachgedacht. Letztlich hat mich aber nur das Thema Invasion wirklich interessiert, das ich dann in meinem Sci-Fi-Horror variiert habe. Aber eigentlich ist "Ghosts of Mars" nichts anderes als ein klassischer Western. Meine Hommage an [Howard Hawks](/person/howard-hawks), wenn Sie so wollen.


BF: Western laufen in der Regel linear ab, Sie haben eine komplexere Erzählstruktur gewählt, z. B. mit Flashbacks innerhalb von Flashbacks.


JC: Meine Referenz an "Rashomon" vielleicht. Nein, im Ernst: Dadurch, dass ich mich einer linearen Zeitschiene verweigert habe, konnte ich die Spannung wesentlich besser aufbauen und vor allem die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählen. Das Drehbuch selbst hatten [Larry Sulkis](/person/larry-sulkis) und ich noch konventionell, das heißt in diesem Fall linear, zu Papier gebracht. Erst während des Drehs entschied ich mich für die Flashback-Struktur.


BF: Sie selbst gelten als Meister des Horrorfilms, haben mit "[Halloween](/movie/halloween-die-nacht-des-grauens)" das Genre quasi neu erfunden.


JC: Aber ich habe auch andere Filme gemacht. Die romantische Komödie "Starman" etwa, das wird immer wieder gern übersehen. Man wird doch nur nach seinem Erfolg beurteilt und kategorisiert.


BF: Aber trotzdem haben Sie hauptsächlich, sagen wir mal, Fantasy-Stoffe realisiert.


JC: Ja. Weil das Thema dieser Filme immer wieder aktuell, sprich verkäuflich ist. Es geht im Horrorfilm um Angst, um Urängste wie etwa den Tod. Das kann jeder Mensch, jeder Kinogänger nachvollziehen. Darum wird der Horrorfilm nie aussterben - im Gegensatz zum Western, den es heute in seiner ursprünglichen Form einfach nicht mehr gibt.
"Ich will solide Unterhaltung abliefern"


BF: Western, Horrorfilm, Fantasy, wie soll denn das Publikum Ihren aktuellen Film rezipieren?


JC: Das ist mir eigentlich egal, Hauptsache, es hat beim Schauen so viel Spaß wie ich beim Drehen. Ich will in erster Linie solide Kinounterhaltung abliefern und mache im Grunde altmodische Filme. Ich halte nicht viel von diesem postmodernen Quatsch, wenn heutige Filmemacher griffige Popkultur-Zitate in ihre Filme einbauen, nur um sich beim Publikum anzubiedern.


BF: Den Popkultur-Meistern [Rodriguez](/person/robert-rodriguez) und [Tarantino](/person/quentin-tarantino) scheinen Sie zu gefallen. In "[From Dusk Till Dawn](/movie/from-dusk-till-dawn)" trägt einer der Darsteller ein "Assault on Precinct 13"-T-Shirt.


JC: Ich bin für die Jungs wohl so etwas wie eine Großvaterfigur. Ich habe Tarantino gebeten, mich in einen seiner nächsten Filme hineinzuschreiben. Am liebsten als Mörder oder Liebhaber einer jungen Frau. Mal sehen, was daraus wird - er hat's mir zumindest versprochen.


BF: Apropos Popkultur. Warum sieht Ihr Hauptbösewicht eigentlich wie eine Mischung aus [Alice Cooper](/person/alice-cooper) und Marilyn Manson aus?


JC: Weil die beiden von Ihnen genannten Herren irgendwie die Kriegerkultur, die warrior culture, bestens repräsentieren. Und von der Kriegerkultur leitet sich in der modernen Unterhaltungsindustrie viel ab - die Popkultur, Rock'n'Roll, moderne Malerei, Tattoos, Piercing. Alle Geister im Film sind eigentlich nach Manson und Cooper modelliert.


BF: Und noch eine Frage zur Popkultur: War nicht ursprünglich Kurt Cobains Witwe [Courtney Love](/person/courtney-love) für [Natasha Henstridges](/person/natasha-henstridge) Part vorgesehen?


JC: Das ist richtig. Aber es hat aus Termingründen nicht geklappt, und ich bin froh, dass Natasha im Endeffekt Melanie Ballard gespielt hat. Aus drei Gründen: Sie ist gleichermaßen hübsch wie talentiert, als Autoritätsfigur glaubwürdig und in den Kampfszenen einfach perfekt. Sie war mein Engel, der vom Himmel fiel.


"Der Horrorfilm wird niemals aussterben"


BF: Sie haben wieder einmal selbst den Soundtrack komponiert. Wie sind Sie mit der Dreifachbelastung fertig geworden?


JC: Irgendwie klappt das immer, obwohl ich zugeben muss, dass es diesmal sehr anstrengend war. Bei meinen frühen Filmen habe ich nur aus Kostengründen die Musik komponiert. Später ist sie dann zum Markenzeichen meiner Arbeiten geworden. Und nun, da ich mir einen Soundtrack-Komponisten leisten könnte, wird von mir erwartet, dass ich meine eigene Musik schreibe. Pervers, nicht wahr?


BF: Wieviel hat "Ghosts of Mars" gekostet?


JC: Rund 250.000 Dollar, bei 22 Drehtagen.


BF: Das ist aber extrem billig.


JC: Sagen wir lieber preiswert. Alle Schauspieler und das gesamte Team haben für Standardgagen gearbeitet, und im Sparen war ich seit jeher ein Meister. Schließlich will ich bei meinen Filmen auch etwas verdienen - und acht Millionen Dollar Boxoffice allein in den USA können sich in diesem Zusammenhang sehen lassen.

Filmemacher John Carpenter zu "Ghosts of Mars"