Anzeige
Kino

Gastkommentar: Bertil le Claire, Geschäftsführer Kinowelt

Bertil le Claire19.12.2005 14:14

Wer die Nachrichten des Jahres 2005 verfolgt, muss die Branche der Filmtheater für den klassischen "Loser" halten: Umsatzrückgänge im zweistelligen Prozentbereich, die große Krise, eine generelle Kinomüdigkeit, weil DVD und Videogames den Kinos die Besucher abspenstig machen. Über die Gründe für diese schlechte Entwicklung scheint die Branche zutiefst gespalten, je nachdem, in welcher Position man sich befindet. Die Kinobesitzer stehen gegen die Verleiher, der Arthouse-Bereich steht gegen die große Unterhaltungsware aus Amerika. Und eigentlich kann jede der Parteien dabei ein Stück Wahrheit für sich beanspruchen, und jede der verschiedenen Sichtweisen ist für sich genommen berechtigt und wahr. Nur sollte man den Blick nicht derart verengen. Von der Branche bisher völlig unbeachtet blieb beispielsweise der Rückgang der Verkaufszahlen bei neu veröffentlichten DVDs. Er liegt nach unseren Analysen zwischen zwölf und 14 Prozent gegenüber 2004. Das zeigt, dass in diesem Jahr der gesamte Spielfilmmarkt verloren hat - und nicht nur das Kino. Und das wiederum muss zu einigen wichtigen Erkenntnissen führen: Der Erfolg des Films wird sich nur über die richtigen Filme einstellen. Die für sich genommenen großen Erfolge von "Barfuss" und "Die weiße Massai" sind im Vergleich zu Vorjahreshits wie "Untergang" und "7 Zwerge" bescheiden. Andererseits zeigen die Überraschungserfolge "Wie im Himmel" und "Die Reise der Pinguine", dass aktuelle Kinofilme von den Kinos anders gepflegt werden müssen. Wer diese Filme über einen längeren Zeitraum vorbereitet hat, hat in der Regel auch die besten Zuschauerzahlen zu vermelden gehabt. Dass das Geschäft auf der einen Seite schnelllebiger wird, auf der anderen Seite aber einen längeren Atem und eine sorgfältigere Heranwehensweise erfordert, ist nur scheinbar paradox. Denn gerade die älteren Zielgruppen, die auf kurzfristige Marketinggags weniger ansprechen, haben dem Kino und der DVD in diesem Jahr das stärkste Wachstum verschafft. Bei den über 50-Jährigen beispielsweise haben sich die Zuschauerzahlen fast verdreifacht.

Anzeige