Blickpunkt:Film

Kino

Die Schweizer Produktion [„Hallo Betty“](/movie/hallo-betty) erzählt von den Hintergründen der Werbefigur Betty Bossi, die in den 1950ern von Emmi Creola geschaffen wurde, um mit ihren Rezepten Werbung für bestimmte Lebensmittel zu machen.Im Rahmen des Geneva International Film Festivals, wo der Filme seine Premiere feierte, sprachen wir mit Regisseur [Pierre Monnard](/person/pierre-monnard) und Hauptdarstellerin [Sarah Spale](/person/sarah-spale).

**„Hallo Betty“ dreht sich um Betty Bossi, eine Kunstfigur, die Mitte der 50er geschaffen wurde. Wie aktuell ist dieses Thema heute?**

**Pierre Monnard:** Es ist eine Emanzipationsgeschichte. Was mich an dem Stoff interessiert hat, war, dass es eigentlich eine sehr zeitgemäße Geschichte ist, aber erzählt in den 50ern.

**Sarah Spale:** Außerdem ist es eine moderne Liebesgeschichte und daher auch heute noch aktuell.

**Inwiefern spielt die Liebesgeschichte hier eine Rolle?**

**Pierre Monnard:** Sie ist das Herz des Films. Emmi Creola war eine extrem moderne Person für ihre Zeit. Sie und ihr Mann Ernst haben gelebt wie ein Paar heutzutage, was natürlich damals für Spannungen gesorgt hat. Man sieht auch im Film, dass sich z.B. irgendwann Ernst um den Haushalt kümmert und kocht, während Emmi zur Arbeit geht.

**War das auch der Grund, warum sie diese Geschichte als Film umsetzen wollten?**

**Pierre Monnard:** Es war einer der Gründe, aber der Hauptgrund war die Figur von Betty Bossi. In der Schweiz ist sie eine Ikone, sie ist eine der wenigen Figuren, die wir in unserer Kultur haben, die die Menschen verbindet. Alle haben einen Bezug zu ihr. Ich komme aus einem Betty Bossi-Haushalt: Meine Großmutter und meine Mutter haben mit Betty Bossi gekocht, und auch ich habe mit ihren Rezepten das Kochen gelernt. Ich wusste allerdings nicht viel über ihre Figur. Als wir dann angefangen haben zu recherchieren und diese Modernität von Emmi Creola entdeckt haben, wussten wir: Da gibt es eine Geschichte, die wir erzählen müssen.

![Sarah Spale als „Betty Bossy“-Erfinderin Emmi Creola bei den Dreharbeiten von „Hallo Betty“ (Credit: SRF/C-Films)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/16b6234e-ad3a-436b-b1c4-ccdef088d4c6.png)

**Frau Spale, wie sind Sie zum Projekt dazugekommen?**

**Sarah Spale:** Wenn mich Pierre fragt, ob ich mit ihm arbeiten möchte, bin ich sowieso direkt begeistert. Und wie er sagt: Jeder in der Schweiz weiß, wer Betty Bossi ist. Aber wenn man dann fragt, ob es sie wirklich gab oder was hinter ihr steckt, kommen alle ins Stocken. In den 50ern brauchte man noch die Unterschrift des Ehemanns, um überhaupt arbeiten zu dürfen. Aber Emmi Creola war diese Frau, der alle gefolgt sind und, die sich wirklich etwas aufgebaut hat. Mit ihr entdeckt man eine ganz andere Welt und das fand ich wirklich spannend.

**Bei „Hallo Betty“ handelt es sich um ihre dritte Zusammenarbeit. Was macht Ihre Kollaboration aus?**

**Pierre Monnard:** Ich würde sagen, wir sind filmisch zusammen aufgewachsen. Wir haben zwei Staffeln „Wilder“ zusammen gedreht und ich habe sehr viel von Sarah gelernt. Ich denke die viele Zeit, die wir da zusammen verbracht haben, hat uns einander nähergebracht. Es war nicht immer einfach und wir mussten uns erst einmal annähern, manchmal gab es auch Spannungen. Aber wir haben diese Abenteuer zusammen durchgemacht und daraus ist eine wunderschöne Freundschaft geworden. Unsere künstlerische Kollaboration ist sehr reich, wir sind auf Augenhöhe.

**Sarah Spale:** Das Vertrauen ist da und ich habe das Gefühl, ich bin mit Pierre als Schauspielerin gewachsen. Und obwohl wir einander kennen, will ich ihn immer wieder aufs Neue überzeugen und seine Erwartungen im besten Fall noch übertreffen.

**Wie Sie bereits sagten, hat Emmi Creola wirklich existiert. Wie sah Ihre Herangehensweise aus, sie als Filmfigur zu erschaffen – sowohl aus einem Regie- als auch dem Schauspielstandpunkt?**

**Pierre Monnard:** Wir haben recherchiert und auch viel Archivmaterial konsultiert. Emmi Creola hat sehr viel geschrieben, das war ihr Job; andererseits hat sie auch an ihre Familie geschrieben. Ihre Tochter lebt immer noch und hat uns bei dem Projekt begleitet und uns von ihrer Mutter erzählt.

**Sarah Spale:** Ja, das war wirklich hilfreich, weil ich so ein gutes Gespür dafür bekommen habe, wer diese Frau war. Es gab auch Briefe zwischen ihr und Ernst, was sehr bei den Szenen zwischen Martin Vischer und mir geholfen hat, weil ich so ein Gefühl dafür bekam, wie sie privat war.

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**Bestand Ihr Anspruch darin, so nah wie möglich an der realen Emmi zu bleiben oder haben Sie sich auch künstlerische Freiheiten genommen?**

**Pierre Monnard:** Wir haben immer gesagt, dass wir keinen Dokumentarfilm drehen wollten. Es sollte einfach eine Geschichte sein, die von der Realität inspiriert ist. Dabei handelt es sich um unsere eigene Interpretation der Figur.  Ein Teil des Films ist historisch korrekt, ein Teil ist fiktionalisiert. Wir haben auch Figuren in die Geschichte geschrieben, die nicht existiert haben und ihr Leben so erzählt, dass es in die filmische Struktur passt. Aber wir waren wie gesagt auch in Kontakt mit ihrer Familie und haben darauf geachtet, dass sie immer mit unseren Entscheidungen einverstanden sind.

**Vorher hatten Sie „Winter Palace“ gedreht, ebenfalls ein historisches Werk über die Schweizer Geschichte. Was konnten Sie von der Arbeit daran lernen?**

**Pierre Monnard:** Natürlich braucht es mehr Zeit, um diese Filme vorzubereiten, gerade wenn man authentisch bleiben will. Bei „Hallo Betty“ hatten wir nur sehr wenige Sets und konnten uns deshalb in jedes einzelne sehr viel Arbeit stecken.

**Sarah Spale:** Das war wirklich toll, weil man dann nicht zwischen so vielen Orten hin- und herwechseln muss, sondern länger mit allen an einem Ort ist. Und die Sorgfalt, die in die einzelnen Sets geflossen ist, hat extrem geholfen in die Figur und die Welt einzutauchen, genauso wie natürlich auch die Kostüme.

![Sarah Spale in „Hallo Betty“ (Credit: Ascot Elite)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/53abf86a-5b2c-486b-ae82-da3af74d8df7.jpg)

**Wie sah Ihre Arbeit am Set aus: Haben Sie sich immer sehr nah an das Drehbuch und den Plan gehalten oder waren Sie eher frei und spontan?**

**Pierre Monnard:** Es war wie in einer Küche, wir haben immer geschaut, was der Kühlschrank gerade hergibt. Vorbereitung ist natürlich enorm wichtig, aber wir mögen es, trotzdem, sehr spontan am Set zu sein.

**Sarah Spale: Wir haben uns beide sehr gut vorbereitet, waren aber nicht auf eine bestimmte Vorstellung fixiert. Das gibt uns einen gewissen Spielraum.**

**Pierre Monnard:** Genau, wir wollen jeden Tag kreativ sein. Ich habe immer einen Plan, weiß aber auch, dass der Plan eigentlich vor allem dafür da ist, um geändert zu werden. Es gibt einige Szenen, die ich liebe, die so eigentlich gar nicht im Drehbuch standen. Das sind kleine magische Momente, die einfach entstehen, wenn wir über die Figur sprechen und eine interessante Idee haben. Wir wollen uns diesen Luxus erhalten, dass wir solche spontanen Momente kreieren können.

**Auf welche Projekte von Ihnen können wir uns in Zukunft freuen?**

**Sarah Spale:** Filmisch habe ich erst einmal nichts geplant, das kann sich aber immer schnell ändern. Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall wieder im Theater zu sehen sein.

**Pierre Monnard:** Ich möchte gerne ein neues Projekt mit Sarah umsetzen. Ich plane für nächstes Jahr eine Serie und möchte unbedingt, dass sie darin mitspielt. Außerdem habe ich letzten Sommer einen Film gedreht, „Ewigi Liebi“ – das ist die Adaption eines deutsch-schweizerischen Musicals. Das ist eine romantische Komödie und wirklich ein Publikumsfilm – der wird am Valentinstag erscheinen.

*Das Gespräch führte Lea Morgenstern.*

Pierre Monnard und Sarah Spale zu „Hallo Betty“: „Eine Emanzipationsgeschichte“