Geschichte eines Traditionshauses: Vom Bier- zum Filmpalast
Politisch gesehen ist das Mathäser-Areal zwischen Hauptbahnhof und Stachus ein höchst geschichtsträchtiger Ort: In der Großgaststätte rief Kurt Eisner am 9. November 1919 den Freistaat Bayern aus und beendete damit die Monarchie.
Ebenso viel reden machte der Traditionsbetrieb, dessen Anfänge bis 1690 zurückgehen, allerdings auf gesellschaftlicher Ebene. Der Name Mathäser taucht erstmals 1857 auf, 1907 baut Löwenbräu die Gaststätte zum größten Bierausschank der Welt aus: In drei Bierhallen, einem Festsaal und einem Biergarten mit allein 4000 Plätzen wurde das ganze Jahr Oktoberfest gefeiert. Diese Tradition wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg weitergeführt: Bis 1957 entsteht eine "Bierstadt" mit 16 Lokalen, in denen bis zu 48.000 Liter Bier täglich ausgeschenkt werden. Und: Es entsteht ein Kino mit 1200 Plätzen und einer der größten Leinwände Deutschlands. Lange währte die Großkino-Freude jedoch nicht, und der große Saal wurde unter der Ägide von Kinomacher Georg Reiss durch vier geteilt, wobei das Mathäser-Kino A lange Zeit der größte Kinosaal der Stadt war. Gefeiert wurde das ganze Jahr: Bei Premieren von Karl-May-Verfilmungen bis hin zu "James Bond: Goldeneye" gab sich die nationale und internationale Branche ein Stelldichein. Die deutsche Filmbranche traf sich einmal im Jahr zum Mathäser-Filmball. All diese Termine fanden im Jahr 1996 mit der Schließung der Bier- und Kinostadt ein jähes Ende. So recht hinterherweinen wollte dem Komplex jedoch niemand: Die Gaststätten dienten hauptsächlich nur noch für zügellose Bierfeste, und auch die Kinosäle verkamen immer mehr. Im Neubeginn liegt somit auch die leise Hoffnung auf eine Wiederkehr des alten Glanzes in die Filmstadt München.