Blickpunkt:Film

Kino

Großer Unmut herrscht bei den Geräuschemachern, einem zwar kleinen, aber wichtigen Branchenzweig, der gegen inakzeptable Arbeitsbedingungen kämpft und um Nachwuchs bangt. [Martin Langenbach](/person/martin-langenbach) und [Hanse Warns](/person/hanse-warns), Meister ihres Fachs, im Gespräch.


**Was steckt hinter dem neuen Bündnis, foleyartists.eu, zu dem sich Geräuschemacher, Geräuschtonmeister und Geräuscheditoren zusammengeschlossen haben?**

MARTIN LANGENBACH: Man hat es als Geräuschemacher permanent mit Auftragsanfragen zu tun, bei denen wir unsere Arbeit unter Wert verkaufen sollen: „Hier ist ein 90-Minuten-Spielfilm, wir haben Budget x für dich. Entweder du machst es oder jemand anderer.“ Als Gewerkskollegen hatten wir früher wenig miteinander zu tun, jeder arbeitete mehr oder weniger für sich. Irgendwann schrieb ich alle Themen, die uns unter den Nägeln brannten, in einem offenen Brief zusammen. Der wurde zwar nie veröffentlicht, führte aber dazu, dass wir uns intern, alle Geräuschemacher Deutschlands mit ihren Aufnahmetonmeistern und Editoren, in Berlin getroffen haben. Das war die Geburtsstunde der Idee, dass wir durchaus mehr bewirken können, wenn wir an einem Strang ziehen. 

HANSE WARNS: Dieser erste gemeinsame Austausch war wichtig. Geräuschemacher sind eine doch sehr eigenbrötlerische Truppe, die aus nicht mehr als zwei Dutzend Menschen besteht, im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen also sehr überschaubar. Früher waren es deutlich mehr, als jede ausländische Serie noch mit fast stummen Bändern hergeschickt wurde und nichts an digitalen Archiven einem helfen konnte. Für viele Serien und Filme mussten alle Geräusche neu hergestellt werden, um sie anschließend in deutsch zu synchronisieren. Heute ist das anders, weil die internationalen Bänder (IT) oder M&E (Music & Effects) eigentlich Standard sind. Das heißt, jede Produktion, die in Deutschland ankommt, hat bereits ein Band (oder eher ein file), das in hoher Qualität allen Ton enthält, außer den Dialogen in der jeweiligen Landessprache. Dieser Job, der sehr gut zum Lernen geeignet war, entfällt heute völlig.

**Was hat es mit dem FOLEYMAT auf sich, den Sie auf Ihrer Website anbieten?**

MARTIN LANGENBACH: Was in unserer Arbeit überhaupt nicht mehr stimmt, ist der Zeitfaktor. Über die Jahre hat sich eine Art Excel-Tabelle bei den Postpro Supervisoren verbreitet, auf der Zeitangaben festgehalten sind wie „90 Minuten Kino = 5 Tage (Geräusche)Aufnahme“. Geräuschen wird unabhängig von Genre, Länge und Komplexität des Filmes immer dieselbe Kalkulation zu Grunde gelegt. Das wird dem Film nicht gerecht und die Kreativität bleibt auf der Strecke. Deshalb bieten wir auf foleyartists.eu auch den FOLEYMAT an, ein Rechner, den man mit entsprechenden Angaben seiner Produktion füttert und der anschließend Richtwerte ausspuckt, was an Aufnahme- und Edit-Tagen einkalkuliert werden sollte. Er basiert auf der Auswertung von annähernd 500 absolvierten Produktionen.

HANSE WARNS: Die Staffelung ist erschreckend. Nach unten geht es immer. Es gibt Anfragen, in denen zehn Stunden Material in acht Stunden abgemischt werden sollen, weil das die Konkurrenz eben auch so anbietet. Das ist doch absurd.  Das war auch zeitweise schon mal ganz anders. Mit der digitalen Technik sind die Ansprüche extrem gewachsen. Heute hat unser Grundtemplate schon 44 Spuren, man schichtet viele Aufnahmen parallel. Die Bänder früher hatten zwei, später acht Spuren. Viel mehr Spuren bedeuten aber auch viel mehr nötige Zeit um sie zu füllen. Das wird völlig außer Acht gelassen. Letztlich eine einfache mathematische Grundlage. Filmminuten mal Inhalte mal Personen usw. Die Mühe macht sich aber niemand. Es herrscht wirklich großes Unwissen, was einer der Gründe war, weshalb wir den FOLEYMAT entwickelt haben. Außerdem genießt der Ton generell keinen allzu hohen Stellenwert in Deutschland. Martin und ich arbeiten sehr viel für ausländische Produktionen und können bestätigen, dass Ton dort viel mehr geschätzt und entsprechend mit anderen Budgets hantiert wird. Als wir den amerikanischen Kollegen im Interview erzählt haben, wie viel Tage Carsten (Richter), Daniel (Weis)...

Geräuschemacher Hanse Warns und Martin Langenbach: „Es wird um jeden Cent gefeilscht“