Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie fällt die wirtschaftliche Bilanz von Telepool für
das Jahr 2000 aus?


Thomas Weymar: Wir hatten 2000 das beste Jahr in der Geschichte der Telepool. Das freut mich für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hervorragende Arbeit geleistet haben, und für mich persönlich, weil es das zweite Jahr ist, das ich als Geschäftsführer zu verantworten habe. Die Grundlage unserer Gewinne und Erträge ist traditionell der Auslandsvertrieb deutschsprachiger Spielfilme und TV-Produktionen. Die Spielfilme beschaffen wir uns von unabhängigen Produzenten und Verleihern. Die Fernsehprogramme bekommen wir von unseren Gesellschaftern [BR](/company/bayerischer-rundfunk-br), [SWR](/company/suedwestrundfunk-swr), [MDR](/company/mitteldeutscher-rundfunk-mdr) und [SF DRS](/company/sf-schweizer-fernsehen) sowie durch
unsere Vertriebsmandate mit dem [SFB](/company/sender-freies-berlin-sfb) und [SR](/company/saarlaendischer-rundfunk-sr). Darüber hinaus arbeiten wir auch im TV-Bereich projektbezogen mit unabhängigen Produzenten, deren Titel wir
international verwerten. Der Auslandsvertrieb hat im Jahr 2000 stark zugelegt. Weiterer Ertragsbringer ist der Filmhandel, der in der Regel alle Rechte (Kino, Video, TV) für den deutschsprachigen Markt erwirbt und diese Rechte dann verkauft. Unser bisheriges Highlight im Filmhandel war sicherlich der Output-Deal mit DreamWorks, für den wir [ARD](/company/ard-pressestelle), [ProSieben](/company/prosieben-television), [ORF](/company/oesterreichischer-rundfunk-orf) und SF DRS als Abnehmer gewinnen konnten.


BF: Wie viele Mitarbeiter hat Telepool derzeit?


TW: Insgesamt 52, davon 45 in München, zwei in unserem Büro in Los Angeles
und weitere fünf in unserer Niederlassung in Zürich, die das exklusive Einkaufsmandat für alle fiktionalen Programme hat, die SF DRS ausstrahlen möchte. Das heißt, die zuständigen Redaktionen wählen die Programme aus und Telepool Zürich verhandelt die Konditionen.


BF: Was sind die Highlights beim Verkauf deutscher TV-Programme ins
Ausland?


TW: Im traditionell starken non-fiktionalen Bereich lassen sich Dokumentationen mit historischen und kulturellen Inhalten gut verkaufen, z.B. "Die Waffen-SS" oder "Schauplätze de Weltkulturen". Im fiktionalen Bereich sind die Serien "Unter heiterem Himmel" und die Reihe "Power Women - Lauter tolle Frauen" auf positive Resonanz gestoßen. Und die "Tatorte" verkaufen sich im Moment wieder sehr gut, weil wir den ausländischen Sendern mehrere Folgen mit ein- und demselben Kommissar bzw. einer Kommissarin anbieten können, was die Programmierung erleichtert. Denn im Unterschied zu "Derrick" haben wir in der ARD das föderale Kommissarprinzip.


BF: Wie sieht es im Kino-Bereich aus?


TW: Bisher war " [Knockin' on Heaven's Door](/movie/knockin-on-heavens-door)" unser Exportschlager. Auch mit " [Gloomy Sunday](/movie/ein-lied-von-liebe-und-tod-gloomy-sunday)" hat unsere Spielfilmabteilung, die gegenüber dem
Fernsehvertrieb einen Vorlauf von mindestens sechs Monaten hat und alle Rechte veräußert, gute Erfolge erzielt. Besonders freue ich mich, dass wir unlängst die Auslandsrechte an "Jetzt oder Nie" erwerben konnten. [Mr. Brown Entertainment](/company/mr-brown-entertainment-filmproduction) und [Lichtblick](/company/lichtblick-filmproduktion) ist es gelungen, eine wirklich schräge Komödie mit internationalem Appeal zu produzieren. Und Senator hat den Film in Deutschland sehr erfolgreich verliehen.


BF: Welche Hauptmärkte hat Telepool?


TW: Unser Hauptmarkt ist eindeutig Kontinentaleuropa. Wie wohl alle
Vertriebsfirmen haben auch wir mit deutschsprachigen Spielfilmen und TV-Produktionen Schwierigkeiten in Großbritannien und in den USA. In Asien verbessert sich die Situation gerade, und in Südamerika planen wir - auch zusammen mit Mitbewerbern - gezielte Screenings zu veranstalten, um den
Markt weiter erschließen zu können.


BF: Wie erklären Sie sich die Schwierigkeiten, etwa in den USA?


TW: Das ist sicherlich nicht nur eine Frage der Deutschsprachigkeit. Auch
die Dramaturgie unterscheidet sich vom US-amerikanischen Stil. Nehmen Sie
etwa den Bereich der Dokumentationen: In Deutschland wird darin zu selten
eine Geschichte erzählt, und man kann die Kamera nicht mehr stundenlang auf
Steine richten und durch die Steine bildungsbürgerliche Inhalte transportieren. Darüber hinaus sollte man in Deutschland mehr dem Prinzip "Klasse statt Masse" folgen und weniger für mehr Budget produzieren, wenn man im Ausland eine Chance haben will. Die ARD hat mit ihrer Dokumentationsreihe "Legenden" ein positives Signal gesetzt.


BF: Welche Genres verkauft Telepool am besten in Europa?


TW: Eindeutig Dokumentationen. Doch unsere fiktionalen Programme, die nicht
zu stark auf das deutsche Publikum zugeschnitten sind, erfreuen sich glücklicherweise zunehmender Beliebtheit.


BF: Wie sieht es beim Einkauf aus? Sind US-Produktionen nach wie vor
attraktiv für Sie?


TW: Ja, wir werden unsere Einkaufsaktivitäten US-amerikanischer Spielfilme
weiterhin verstärken und möglichst alle Rechte von unabhängigen (Studio-)Produzenten und Distributoren erwerben. Die wichtigsten Akquisitionen im hochpreisigen Bereich waren " [Heartbreakers](/movie/heartbreakers-achtung-scharfe-kurven)", den wir von [Advanced](/company/advanced-licencing) gekauft haben, und " [Killing Me Softly](/movie/killing-me-softly)", den wir von Myriad Pictures erworben haben.


BF: Ist Telepool auch als Koproduzent bei ausländischen Produktionen
aktiv?


TW: In der Regel nicht. Selbstverständlich bemühen wir uns auch bei reinen
Lizenzgeschäften darum, Drehbuch, Regie und Besetzung zu beeinflussen. Bei
unabhängigen Produzenten gelingt dies sehr häufig. Bei US-Studio-Filmen geben wir uns keinen Illusionen hin, dies durchsetzen zu können. Im übrigen engagiert sich Europool, eine 100-prozentige Tochter der Telepool, im Bereich internationaler Koproduktionen und wird sich als Executive Producer
positionieren. Europool wird mit verlässlichen Partnern im Ausland kooperieren.


BF: Welche Projekte erwarten Sie aus dem First-Look-Deal mit New
Legend?


TW: Die ersten Filme, die wir nach dieser Vereinbarung ausgewählt haben,
sind der Thriller "The Fourth Angel" mit [Jeremy Irons](/person/jeremy-irons) in der Hauptrolle, die
Romantic Comedy "You Stupid Man" mit [Milla Jovovich](/person/milla-jovovich), [David Krumholtz](/person/david-krumholtz) und [Denise Richards](/person/denise-richards) in den Hauptrollen und eine Neuauflage von "Der Graf von Monte Cristo" mit [Christopher Lambert](/person/christopher-lambert), [John Malkovich](/person/john-malkovich), [Jonathan Pryce](/person/jonathan-pryce) und [Irène Jacob](/person/irene-jacob). Über weitere Projekte sprechen wir gerade. Was mir an der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma New Legend gefällt, ist die Tatsache, dass sie mit den Autoren an den Drehbüchern
arbeitet, sich um eine für den internationalen Markt attraktive Besetzung kümmert und die Projekte mit vernünftigen Budgets realisiert. An diesen Projekten erwirbt Telepool dann Kino-, Video- und TV-Rechte für den deutschsprachigen Markt.


BF: Welche Bedeutung haben Pay-TV-Rechte für Telepool?


TW: Der Pay-TV-Markt hat sich, wie Sie wissen, verändert. Attraktive Filme
werden auch weiterhin ihren Weg zu Premiere oder anderen Pay TV-Veranstaltern zu angemessenen Preisen finden. Schwieriger wird es, Low-Budget-Filme zu verkaufen.


BF: Im vergangenen Jahr ist die Gründung einer gemeinsamen Handelsgesellschaft der ARD gescheitert. Ist diese Diskussion beendet?


TW: Ja. Doch die damalige Diskussion hat zu einer weiteren Verbesserung des
Klimas zwischen [Degeto](/company/degeto-film) und Telepool beigetragen. Wir haben vereinbart, auf
dem US-amerikanischen Markt intensiv zusammen zu arbeiten und dies bereits auf dem diesjährigen AFM erfolgreich getan.

Interview mit Telepool-Geschäftsführer Thomas Weymar