Blickpunkt:Film

Kino

Mit [„A Big Bold Beautiful Journey“](/movie/a-big-bold-beautiful-journey) legt [Kogonada](/person/kogonada) seinen dritten Spielfilm vor. Darin treten die beiden Hauptfiguren, gespielt von [Margot Robbie](/person/margot-robbie) and [Colin Farrell](/person/colin-farrell), eine Reise in ihre eigene Vergangenheit an. Zum Kinostart am 2. Oktober sprachen wir mit ihm über Erinnerungen und das Thema der Technologie in seinen Filmen.

**„A Big Bold Beautiful Journey“ dreht sich, genau wie Ihr Vorgängerfilm [„After Yang“](/movie/after-yang), sehr stark um das Thema Erinnerungen. Welche Rolle spielen Erinnerungen für Sie als Filmemacher?**

Ich glaube, wir kämpfen immer mit unseren Erinnerungen, da sie unsere Gegenwart definieren. Entweder stehen sie im Weg unserer Zukunft oder sie sind das, was wir navigieren müssen, um zu verstehen, was möglich ist. Und natürlich zeigen sie uns auch, was uns besonders viel bedeutet ist.

**Und das steht auch bei „A Big Bold Beautiful Journey“ im Vordergrund.**

Genau, die Figuren begegnen ihren Erinnerungen. Aber in Wirklichkeit geht es in dem Film um die Möglichkeit, wieder an die Liebe zu glauben – ich war sehr in der Stimmung dazu, mich mit dieser Thematik in meinem eigenen Leben auseinanderzusetzen. Die Idee von Liebe ist sehr romantisch, aber wir leben in einem zynischen Zeitalter. Es gibt natürlich viele gute Gründe dafür, zynisch zu sein. Aber die Frage ist: Wie können wir diese Romantik wieder herstellen? Oft ist es unsere Vergangenheit, die dazu führt, dass wir diese Möglichkeit, wieder an die Liebe zu glauben, verlieren. Und ich glaube, dass sich das Kino generell um Erinnerungen dreht, schließlich ist die Gegenwart im Kino eigentlich eine Erinnerung. Ich liebe das Spiel mit Zeit und Erinnerungen in diesem Medium.

![Colin Farrell und Margot Robbie in „A Big Bold Beautiful Journey“ (Credit: © 2025 CTMG, Inc. All Rights Reserved.)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/b6df7c6e-a82a-4ffa-b291-15e56d85a61c.jpg)

**Es klingt, als sei der Film sehr persönlich für Sie gewesen. Dennoch handelt es sich hier um das erste Werk, bei dem Sie nicht das Drehbuch selbst geschrieben haben; stattdessen stammt es von Seth Reiss. Wie sind Sie zu dem Projekt gekommen?**

Ich glaube, das Drehbuch hatte es schon eine ganze Weile gegeben. Es gab ein paar andere Projekte, die ich in Erwägung zog, aber als ich Seths Drehbuch las, gefiel mir die Art, wie sich die Geschichte mit Liebe und der eigenen Vorstellungskraft auseinandersetzt. Es hatte all diese Zutaten, auf die ich zu diesem Zeitpunkt Lust hatte. Und Seth war wunderbar und sehr offen für meine Vorschläge: Ich wollte ein paar Dinge verändern oder vertiefen und hatte auch schon ganz klar Colin Farrell als Hauptdarsteller im Kopf. Trotzdem war Seth immer ein Teil dieses Prozesses und die Essenz seines wirklich fantastischen Drehbuchs ist immer noch im finalen Film.

**Sie sagten gerade, dass sie unbedingt Colin Farrell für die Hauptrolle wollten. Was hat ihn so perfekt für den Film gemacht?**

Auf eine gewisse Art trägt er das Gewicht der Welt auf seinen Schultern – diese Weltmüdigkeit kann er sehr gut spielen. Vielleicht auch teils mit ein bisschen Zynismus, aber es ist immer etwas zutiefst Ehrliches in seiner Performance. Selbst wenn seine Figur sich einsam oder abgeschottet fühlt, fühlt man sich ihm immer verbunden. Ich dachte an [Marcello Mastroianni ](/person/marcello-mastroianni)aus [Fellinis](/person/federico-fellini) Filmen und fand, dass Colin perfekt für eine moderne Version davon wäre.

**Ein wiederkehrendes Thema in Ihren Filmen ist die Verbindung der Thematiken rund um Identität und Selbstfindung mit Technologie. Dabei ist die Technologie allerdings nie bösartig, sondern vielmehr hilfreich und tröstlich. Können Sie über die Verbindung dieser Thematiken sprechen?**

Technologie ist ein zweischneidiges Schwert: Sie ist gleichzeitig ein Gewinn und eine Herausforderung für unsere Gesellschaft. Ich glaube, diese Beziehung zu Technik ist der moderne Zustand. Zentral ist die Frage „Wie stehen wir in Beziehung zu diesen Technologien, die uns definieren und durch die wir die Welt sehen“? Bezogen auf meine Filme erscheint es für mich nicht besonders interessant, Technologie als reinen Bösewicht oder etwas Utopisches darzustellen. Ich bin viel interessierter daran, wie sie unser Gefühl des Menschseins formt. In „A Big Bold Beautiful Journey“ wird dieser Aspekt sehr spielerisch mit dem GPS eingebunden, das die Figuren durch ihre Reise leitet. Wir haben heutzutage dieses Gerät, was uns anleitet und ich hatte die Idee von einem Gerät, das uns nicht nur geografisch, sondern auch existenziell anleitet. Es zeigt uns, was möglich ist und was als Nächstes kommt.

![Margot Robbie und Colin Farrell in „A Big Bold Beautiful Journey“ (Credit: Colin Farrell und Margot Robbie in „A Big Bold Beautiful Journey“ (Credit: © 2025 CTMG, Inc. All Rights Reserved.)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/3222105a-17f4-4919-919d-736c9c994a76.jpg)

**Sie haben in der Vergangenheit gesagt, dass Sie immer nach neuen Arten suchen, die menschliche Erfahrung darzustellen. War der Aspekt der Technologie also ein wichtiger Teil davon?**

Gute Frage… Ich glaube schon. Seit die Menschheit das moderne Zeitalter erreicht hat, sind wir alle technologische Wesen. Selbst die Brillen, die wir tragen, sind eine Art Technologie, die uns hilft, unsere Sicht zu verbessern. Vor ein paar hundert Jahren wäre auch das schon Cyborg-artig gewesen. Das ist einfach die Realität unserer Welt. Als moderne Menschen mussten wir schon immer herausfinden, wie wir uns in der Welt mit all diesen Neuerungen bewegen. Für mich war das einfach ein natürlicher Teil unserer Welt.

**Dieser Film, mit seinen zahlreichen Drehorten und Effekten, ist ihr aufwändigstes Werk bisher. Sie wollten allerdings so wenig wie möglich mit computergenerierten Effekten arbeiten. Wie sah Ihre Herangehensweise an die Visualität des Films aus?**

Ich war sehr inspiriert und motiviert von der Magie der Welt im Drehbuch, aber ich wollte sie nicht durch VFX und CGI sehen. Wenn ich ins Theater gehe und einfach nur ein Türrahmen auf der Bühne steht, ist das magisch für mich. Teil dieser Magie ist unsere Vorstellungskraft. Wir haben schon seit Anbeginn der Zeit solche Konstrukte genutzt, um die Imagination anzuregen, deshalb brauchen wir in meinen Augen für so etwas kein CGI. Der Film dreht sich so stark darum, an etwas zu glauben – deshalb war ich begeistert von der Idee, diese Welt auf die bodenständigste Art und Weise zu erschaffen.

*Das Gespräch führte Lea Morgenstern.*



Kogonada zu „A Big Bold Beautiful Journey“: „Unsere Beziehung zur Technik ist der moderne Zustand“