Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Was war die größte Herausforderung bei der Entwicklung des Films?

Sebastian Niemann: Der Roman arbeitet sehr stark mit dem Stilmittel des inneren Monologs. Deshalb waren einige Veränderungen nötig, um ein filmisch interessantes Konzept zu entwickeln, ohne den Geist des Romans zu verlieren. Außerdem wussten wir sofort, dass wir das Romanende nicht übernehmen können. In Andreas Eschbachs Buch sehen wir Jesus auf einem Hügel, wie er eine Rede hält. Nach zweimal 90 Minuten spannender TV-Unterhaltung, die in einem relativ realen Umfeld spielt, wäre das enttäuschend. Wir haben also das Ende etwas anders getwistet und daraus ergaben sich viele Änderungen, die auch auf den Anfang Auswirkungen hatten.

BF: Wird man Jesus in dem Zweiteiler überhaupt sehen?

Simon Happ: Der Zweiteiler heißt "Das Jesus Video" und nach drei Stunden will man ihn auch zu sehen bekommen. Wir haben uns jedoch sehr bemüht, weder dem Mythos Jesus noch einer anderen Weltreligion zu schaden. Wir sind nicht mit dem Anspruch angetreten, Realität zu erzählen, denn diese Abenteuergeschichte hat einen märchenhaften Aspekt.

BF: Wie sind Sie bei der Location-Suche vorgegangen?

SN: Zunächst haben wir mit dem Production-Designer [Matthias Müsse](/person/matthias-muesse) den Look und die Anforderungen an die Locations besprochen. Es war schnell klar, dass wir wegen der angespannten politischen Lage nicht in Israel drehen können, zudem hätten wir für einige Actionszenen, z.B. an der Klagemauer, gar keine Drehgenehmigungen bekommen. Die Türkei war auch eine interessante Option, wir brauchten jedoch eine städtische Location, die wir als Jerusalem ausgeben können. Casablanca hat sich angeboten, weil dort eine moderne und zugleich orientalische Struktur und eine filmische Infrastruktur zusammentreffen.

BF: Daneben haben Sie in Ouarzazate gedreht, wo Sie u.a. die Klagemauer aufgebaut haben. Hat der sich während der Drehzeit ereignete Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Marokko und Israel Ihre Arbeit erschwert?

SH: Insgesamt verliefen die Dreharbeiten reibungslos. Ouarzazate ist eine filmerprobte Kleinstadt, in Casablanca war die Situation sehr viel schwieriger. Die dortigen Behörden hatten Angst vor der Reaktion des islamischen Teils der Bevölkerung. Wir standen unter ständiger Bewachung durch das marokkanische Militär und mussten hohe Auflagen erfüllen. Es durften z.B. keine israelischen Uniformen verwendet werden. Wir haben deshalb weiträumig abgesperrt und israelische Requisiten erst hervorgeholt, wenn gedreht wurde.

BF: Zunächst gab es bei ProSieben Zweifel, ob der Zweiteiler mit 4,5 Mio. Euro Budget angemessen umgesetzt werden könnte.

Sturm und Regen im verflixten siebten Jahr

SN: Dafür ist eine sehr stringente Planung nötig, an der das ganze Team beteiligt ist. Wir haben versucht, alle Bereiche so zu organisieren, dass wir keinen Überschuss produzieren und nicht ständig alles auf Stand-by haben. Wir drehten trotzdem alles, was richtig und wichtig für den Film ist, denn die Messlatte liegt sehr hoch. Den Zuschauer interessiert es nicht, ob er einen Film von Spielberg oder Niemann sieht - er will einen guten Film sehen. Grundsätzlich hatten wir immer zwei bis drei Back-up-Lösungen in petto. Das war auch gut so, denn alle hatten uns versichert, seit sieben Jahren habe es im Frühjahr in Marokko keinen Regen und keinen Sturm gegeben - und dann haben wir leider das siebte Jahr erwischt. Ausgerechnet an dem einen Tag, an dem wir die Hubschrauber hatten und eine Verfolgungsjagd drehen wollten, kam ein Sandsturm auf. Wir haben also zunächst Szenen im Helicopter gedreht, und als sich mittags der Sandsturm legte, konnten wir die Verfolgungsjagd drehen. Das war Glück.

BF: Ob das Drehbuch zu "[Nur über meine Leiche](/movie/nur-ueber-meine-leiche)", der Mystery-Film "[Biikenbrennen](/movie/biikenbrennen-der-fluch-des-meeres)" oder "[7 Days to Live](/movie/7-days-to-live)" - Filme mit Spannung und SFX scheinen Ihnen besonders zu liegen. Ein Kammerspiel wäre Ihnen wohl zu langweilig?

SN: Das kommt darauf an. Auch ein Kammerspiel kann interessant sein, wenn man z.B. an "Misery" denkt. Ich bin ein Fan des amerikanischen Kinos und mag es, wenn ein Film unterhaltsam ist. Ich denke, das ist auch das Interesse der meisten Zuschauer - und das versuche ich zu befriedigen. Ein Film wie "[Schindlers Liste](/movie/schindlers-liste)" ist ein reines Drama, aber auch unterhaltsam, weil er sehr bewegend ist. Grundsätzlich fühle ich mich jedoch in allen Genres sehr wohl.

Interview zum ProSieben-Zweiteiler "Das Jesus Video"