Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Ist diese Liebesgeschichte zwischen einer Französin und einem Jugoslawen nach einer authentischen Erfahrung gedreht?

Jean-Marc Barr: Die Widmung am Ende des Films gilt dem Maler Dusan Gerzic, einem Freund von meiner Frau und mir. Dusan war in Paris, wurde ausgewiesen, und acht Monate später ist er in Jugoslawien an Herzversagen gestorben.

Blickpunkt:Film: Sie haben in Englisch gedreht, ganz bewußt für den Weltmarkt?

JMB: Ganz bewußt habe ich auch einen europäischen Film gedreht. Der englische Dialog sollte natürlich motiviert sein: Die Französin in "Lovers" kann kein Serbokroatisch und der Jugoslawe nur ein paar Worte Französisch, aber beide können Englisch. Die neue Generation geht problemlos mit dieser Sprache um. Das ist die Folge der amerikanischen Präsenz hier seit 50 Jahren, ansonsten ist der US-Einfluß auf die europäische Kultur nicht gerade besonders glorreich.

Blickpunkt:Film: "Lovers" ist ein klassischer Low-Budget-Autorenfilm. War Dogma 95 der Auslöser?

Pascal Arnold: 1998 in Cannes, dem Jahr von "Idioten" und "Das Fest", haben Jean-Marc und ich über die Lust auf einen Film gesprochen, der im Geist der Nouvelle Vague entstehen soll, mit dieser Freiheit beim Drehen. Beim ersten Film liegt das Gewicht der Finanzierung auf den Schultern des Regisseurs. Wir waren von Anfang an entschlossen, das bürokratische System zu umgehen. Also haben wir gleich direkt mit den Verantwortlichen bei Canal Plus und TF1 International geredet und von ihnen Cofinanzierungen bekommen.

JMB: Da ich in mehreren Filmen von Lars von Trier gespielt habe, habe ich das Gefühl, so ein bißchen zu ihm zu gehören. Ich war der Meinung, daß ich mich mit der Dogma-Methode als Regisseur finanziell nicht total ruinieren würde, den Versuch also ruhig wagen könnte. Und es hat sich bewahrheitet, denn das Budget von fünf Mio. Franc haben wir durch die Auslandsverkäufe schon drinnen.

Blickpunkt:Film: Haben Sie die Dogma-Regeln konsequent eingehalten?

PA: Wir haben sie mehr mit Humor genommen, nicht zu ernst. Aber sie sind sehr gut für die Schauspieler, die durch die intime Arbeitsatmosphäre und die Nähe viel stärker in ihren Emotionen sind als beim Drehen mit großem technischem Apparat.

JMB: Wir haben auf den Straßen von Paris gedreht, die Leute haben uns für Touristen gehalten. Meine kleine digitale Kamera für 3000 Dollar hat wunderbar funktioniert, wäre sie ausgefallen, wäre es keine Affäre gewesen, eine neue zu kaufen. Wenn all diese Kosten und Wichtigkeiten nicht mehr anfallen, ergeben sich ganz andere Prioritäten.

"Wir können keine Geiger auf Bäume setzen"


Blickpunkt:Film: Werden Sie weiter Dogma-Filme machen?

PA: Wir haben bereits ein neues Projekt, es ist wieder die Geschichte einer Liebe in Gefahr, diesmal im amerikanischen Mittelwesten. Jean-Marc wird mit mir gemeinsam Regie führen. Es ist dieselbe Produktionsgemeinschaft und Finanzierung, Canal Plus und TF1 International, allerdings ein etwas höheres Budget, sechs Mio. Franc. Weil wir die Vorschrift der originalen Musik im Bild nicht einhalten können, nicht irgendwelche Geiger in die Bäume oder hektarweiten Maisfelder setzen wollen, wird dieser Film kein Dogma-95-Film werden. Aber wir drehen wieder mit der digitalen Kamera.

JMB: "Too Much Flesh" heißt der Film, den Pascal und ich zusammen geschrieben haben und der von der Freiheit, mit der Sexualität zu leben, erzählt. Er spielt in Illinois, in einem Dorf, in dem mein Vater geboren und aufgewachsen ist. Die Thematik ist für den erzkonservativen Mittelwesten sehr delikat. Wieder wird Elodie Bouchez eine Hauptrolle spielen, außerdem Rosanna Arquette, und ich stehe auch vor der Kamera, die ein professioneller Kameramann führen wird.

Jean-Marc Barr und Pascal Arnold zu 'Lovers'