Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Sie haben das Projekt bereits vor 17 Jahren erstmals vorgeschlagen. Entspricht das Ergebnis Ihrer damaligen Vorstellung?

John Musker: Das wird Sie überraschen: Ja. Stimmt, vieles wäre damals nicht umsetzbar gewesen - wie beispielsweise der im Computer entstandene Ölgemälde-Look der Hintergründe oder das freie Bewegen der Kamera in Räumen, was erst durch die erstmals bei "[Tarzan](/movie/tarzan)" verwendete Deep-Canvas-Technologie umsetzbar gemacht wurde. Das war einer der Hauptgründe, warum wir so lange mit der Adaption von "Die Schatzinsel" gewartet haben. Alles sollte bei diesem Projekt perfekt sein, und wir wollten auch nur mit den besten Leuten des Hauses arbeiten. Das Warten hat sich gelohnt.

Ron Clements: Wir hatten aber auch Glück, dass wirklich nur die besten Künstler für unseren Film frei waren. Das ist keinesfalls selbstverständlich, weil bei Disney parallel immer an mehreren Trickfilmen gefeilt wird und jeder natürlich darum bemüht ist, die Topleute für sich zu gewinnen.

JM: Wir wussten, dass wir auf dem richtigen Weg waren, als wir [Glen Keane](/person/glen-keane) für den Long John Silver begeistern konnten. Er ergänzte sich wunderbar mit dem Jim-Hawkins-Zeichner John Ripa. Teilweise zeichneten die beiden gleichzeitig auf demselben Blatt Papier. Das war sehr aufregend.

BF: Wie legten Sie die Mischung aus Abenteuer und Science-Fiction fest, die den besonderen Zauber dieses Films ausmacht?

JM: Wir wollten nicht zu viel Science-Fiction. Der Film sollte auf keinen Fall zu technisch werden. Der Durchbruch kam, als wir uns dafür entschieden, den Film in einem eigenen Universum anzulegen, in dem es auch möglich ist, ohne Sauerstoffanzug im Weltall zu atmen. Diese Entscheidung erwies sich als unglaublich befreiend und eröffnete uns ungeahnte Möglichkeiten, weil unserer Fantasie keine Grenzen mehr gesetzt waren.

RC: Anfangs schwebte uns ein Mix aus 60 zu 40 Prozent vor. Aber bei diesem Mischverhältnis war das ganze Projekt zu futuristisch und entsprach überhaupt nicht mehr dem Geist der Vorlage von [Robert Louis Stevenson](/person/robert-louis-stevenson), die uns sehr wichtig war. Die letzte Vorgabe für alle Beteiligten war dann 70 Prozent Vorlage, 30 Prozent Science-Fiction. Und daran hielten wir uns bis zum Schluss.

BF: Wie teilten Sie beide sich die Arbeit auf?

RC: Wir sind ein gutes Team, wenn es darum geht, unsere Stoffe vor dem Studio oder anderen zu verteidigen. Aber wenn wir unter uns sind, streiten wir uns eigentlich ständig. Deshalb teilen wir die Filme nach Szenen auf. Da kommt man sich nicht ins Gehege und jeder hat seine Freiheiten. Die wichtigen kreativen Entscheidungen treffen wir natürlich gemeinsam.

BF: Bereitete Ihnen "[Titan A.E.](/movie/titan-ae)", das ebenfalls im Science-Fiction-Feld angelegte Zeichentrickprojekt von Fox, während der Produktion Kopfschmerzen?

RC: Tom Schumacher, Chef der Zeichentrickabteilung von Disney, lässt so etwas kalt. Ihm ist immer nur das eigene Produkt wichtig.

JM: Ich muss aber gestehen, dass wir durchaus etwas besorgt waren, weshalb wir uns "Titan A.E." bei der erstbesten Möglichkeit angesehen haben. Der Film hatte einige sehr schöne Ideen, war aber nichts, was uns beunruhigte. Solange da nicht identische Einfälle zu finden sind, besteht auch kein Grund zur Aufregung.

RC: Kurz vor dem Start von "[Star Wars: Episode 2](/movie/star-wars-episode-ii-angriff-der-klonkrieger)" hieß es, in dem Film gäbe es Weltraumpiraten. Da waren wir kurz nervös, aber zu unserem Glück stellte sich das Gerücht als falsch heraus. Tatsächlich mussten wir aber eine konzeptionelle Änderung vonehmen: John Silvers Sidekick Morph war ursprünglich grün - und erinnerte damit zu sehr an "[Flubber](/movie/flubber)". Also änderten wir seine Farbe in Rot.

BF: Ihre Sprecher sind allesamt Stars. War dies Ihre Traumbesetzung?

JM: Ja, da hatten wir Glück. [Emma Thompson](/person/emma-thompson) stand für uns von Anfang an als ideale Sprecherin von Kapitän Amelia fest. Wir schrieben ihr die Rolle auf den Leib und hatten dann Dusel, dass sie zusagte. Bei "Hercules" hatten wir beispielsweise Pech. Da wollten wir eigentlich [Jack Nicholson](/person/jack-nicholson) als Hades. Alles war vorbereitet, dann sprang er ab. Wir nahmen dann [James Woods](/person/james-woods) - auch eine gute Wahl, aber wir mussten den kompletten Part umschreiben. Damit muss man einfach leben.

John Musker und Ron Clements über "Der Schatzplanet"