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Kino

Nachdem die [Leopold und ABC Kinos](/company/leopold-abc-kinos) in München viele Jahrzehnte von der Familie Kuchenreuther betrieben wurden, übernahmen Ende März 2024 [Daniela Bergauer](/person/daniela-bergauer) und [Michael Hehl](/person/michael-hehl) die Traditionskinos. Im Interview ziehen sie jetzt Bilanz und erzählen, welche Änderungen unter ihrer Leitung vorgenommen wurden.

**Sie betreiben seit 2019 das Liliom in Augsburg und haben im März 2024 zusätzlich die Leopold und ABC Kinos in München übernommen. Was hat Sie dazu bewegt ein weiteres Kino – noch dazu in einer anderen Stadt – zu übernehmen?**

**Daniela Bergauer:** Wir haben eine Leidenschaft fürs Kino, das ist natürlich erst einmal das Wichtigste. Wir wollten definitiv auch schon immer mehr Kinos betreiben, nicht nur das eine in Augsburg, gerade weil Augsburg nicht unbedingt der leichteste Standort ist. Dazu kommt noch, dass beim Liliom eine Gastronomie dabei ist, die wir inzwischen verpachtet haben. Nachdem wir die abgegeben hatten, hatten wir wieder Zeit noch ein Kino zu betreiben und haben uns umgeschaut. Mit den Kuchenreuthers waren wir diesbezüglich schon lange in Kontakt und haben uns am Ende für die Leopold und ABC Kinos entschieden, weil wir das Gefühl hatten, dass sie einfach das Richtige für uns sind.

**Michael Hehl:** Augsburg war auch deshalb schwierig, weil alle Kinos Dumpingpreise hatten, was sich inzwischen aber auch ein bisschen verändert hat. Wir waren die Einzigen, die reguläre, angemessene Preise hatten und mussten uns auch einen gewissen Status aufbauen.

**Bedeutet das, dass es in Ihren Augen einfacher ist, ein Kino in München zu betreiben?**

**Daniela Bergauer:** Definitiv. Was es für uns in München leichter gemacht hat als in Augsburg, ist, dass das Kino hier schon etabliert war und gut lief. Wir mussten das also nicht von Grund auf alles neu aufbauen und aufwändig renovieren, sondern nur in Teilen neu denken und verbessern – das alles hatte uns in Augsburg viel Blut, Schweiß und Tränen gekostet.

**Michael Hehl:** Augsburg hat den Vorteil, dass das Liliom auch ein junges Publikum anzieht, da kann man dann auch Filme wie aktuell z.B. [„Bugonia“](/movie/bugonia) super auswerten. In München erreichen wir auch das bürgerliche, ältere Publikum herausragend gut, zeitgleich zieht das Leopold auch internationales und jüngeres Publikum an. Und es gibt es hier weniger Konkurrenzkampf unter den Kinos, jeder konzentriert sich auf sich selbst und darauf, seine Gäste glücklich zu machen und damit erfolgreich zu sein.

**Letztes Jahr nach der Eröffnung sagten Sie, dass Sie mit einer gewissen Ruhe an das Kino-Betreiben herangehen – obwohl ja immer wieder über das potenzielle (wenn auch noch nicht eingetretene) Kinosterben gesprochen wird. Und auch finanziell ist die Lage für die Kinos meistens eher prekär. Wie schaffen Sie es, so entspannt auf Ihren Job zu blicken?**

**Daniela Bergauer:** Wir haben 2019 mit dem Kino angefangen, dann kam ziemlich schnell Corona. Das war natürlich schwierig für uns, aber vielleicht nicht ganz so schlimm, wie für andere, weil wir nicht schon seit Jahrzehnten ein Kino betrieben haben und entsprechend nicht den Vergleich hatten, wie gut die Zahlen früher mal waren. Trotz der Pandemie konnten wir jetzt kontinuierlich jedes Jahr wieder unsere Zahlen steigern und auch im Leopold läuft es gut – dieses Jahr schreiben wir sechsstellige Zahlen. Ich glaube, die ältere Generation von Kinobetreibern war andere Zahlen und Umstände gewöhnt. Früher konnte man einen Film sechs Wochen lang spielen und der lief dann auch sechs Wochen gut; jetzt geht das nicht mehr. Wir sind dann aber bereit uns z.B. Events zu überlegen, mit denen man die Zuschauer anlockt. Da kommen auch viele junge Leute, die total begeistert sind.

**Michael Hehl:** Und ich glaube, auch wenn Streaming oft verteufelt wird, hat es einen Vorteil: Es sorgt dafür, dass das Medium Film im Gedächtnis bleibt und man vielleicht unterscheidet zwischen einem Film, den man zuhause schaut, und einem, für den man ins Kino geht. Dort hat man dann das Gemeinschaftserlebnis und ist quasi gezwungen, den Film in einem Rutsch zu schauen. Streaming wird niemals das Erlebnis Kino ersetzen können.

**Daniela Bergauer:** Genau, ich glaube viele Menschen genießen es, dass sie sich diese zwei Stunden nehmen und den Film ohne Ablenkung sehen können.

**Inwiefern hat sich das Programm im Leopold und ABC nach der Übernahme durch Sie verändert?**

**Michael Hehl:** Wir bieten ein Programm an, das breitgefächerter ist und haben auch die Konzertfilme erfolgreich etabliert. Außerdem versuchen wir besondere Events umzusetzen, z.B. waren [Queens of the Stone Age](/collective/queens-of-the-stone-age) oder [Gaspar Noé](/person/gaspar-noe) bei uns zu Gast. Was wir von den Kuchenreuthers übernommen haben und noch weiter ausbauen wollen, sind die Kinderfilme. Auch Anfragen zu Schulvorstellungen kommen immer mehr, genauso sind wir seit letztem Jahr bei den Schulkinowochen dabei. Teils fragen auch Firmen an, ob sie hier Präsentationen machen können. Ich glaube, dass wir die Häuser definitiv zukunftsfähig hinbekommen. Das hat zum einen damit zu tun, dass wir natürlich mit dem Standort Glück haben, zum anderen haben wir aber auch diesen Hunger aufs Kuratieren, Filme, Gäste, Events etc. Man kann mit Kino immer noch viel machen, wenn man diesen Hunger hat. Den darf man nie verlieren.

![Queens of the Stone Age im Leopold Kino (Credit: Jasmin Swierkot & Hendrik Hederer)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/73d2de11-d0f6-4892-951c-c9af5e3df787.jpg)

**Welche Änderungen gibt es abgesehen von Filmen und Events?**

**Michael Hehl:** Wir haben ein alle acht Wochen erscheinendes Programmheft etabliert, wo die Verleiher fleißig Anzeigen buchen. Das bildet viele Kinostarts ab und wird in einer Auflage von ein paar tausend Heften veröffentlicht – und zwar im DIN A5-Format, das in jede Tasche passt. Außerdem haben wir einen großen Newsletter mit über 30.000 Abonnenten, der pro Woche ein- bis zweimal erscheint und einen täglich präsenten Social-Media-Auftritt. Auch über eine breite Concessions-Auswahl haben wir eine sehr gute Kundenbindung.

**Daniela Bergauer:** Nach der Bekanntgabe der Übernahme gab es Viele, die uns gratuliert haben und sich sehr gefreut haben, dass das Kino weitergeführt wird.

**Michael Hehl:** Im Vergleich zum Vorgänger mussten wir allerdings die Preisstruktur verändern und die Preise erhöhen. Das sind einfach die Preise, die wir brauchen, um die Kinos wirtschaftlich zu betreiben. Und was keine Verbesserung, sondern eigentlich ein Standard ist: Sowohl nach der Übernahme in Augsburg als auch in München gab es neu die EC-Kartenzahlung. Inzwischen nutzt etwa die Hälfte der Gäste die Kartenzahlung und auch den Online-Vorverkauf.

**Außerdem haben Sie den Leo Award eingeführt, was für ein Kino eher ungewöhnlich ist: Welches Ziel verfolgen Sie damit?**

**Daniela Bergauer:** Tatsächlich haben wir auch im Liliom schon einen Preis vergeben, den z.B. [Iris Berben](/person/iris-berben), [Michael „Bully“ Herbig](/person/michael-bully-herbig) oder [Simon Verhoeven](/person/simon-verhoeven) bekommen haben.

**Michael Hehl:** Für uns geht es einfach darum, eine weitere Event-Reihe zu haben. Da kommt dann ein besonderer Gast und bekommt den Preis, der extra dafür angefertigt wird. Es geht einfach darum, das Kino zu zelebrieren, da sind wir manchmal in Deutschland so trocken. Wir versuchen das lebendig und emotionaler zu machen als ein normales Filmgespräch. Die Gäste freuen sich dann auch wirklich, was immer ein schöner Moment ist.

**Wie schwierig ist es denn, Gäste wie Gaspar Noé zu gewinnen?**

**Michael Hehl:** Zum einen muss man sie natürlich dafür begeistern, andererseits ist das auch viel Organisation. Aber sobald die Gäste hier sind, sind sie eigentlich immer total happy. Noé hatte zum Beispiel wirklich Spaß und hat auch viele Autogramme gegeben. Bei Queens of the Stone Age war bis einen Tag vorher nicht klar, ob sie kommen, aber als sie in München waren, hatten sie dann wirklich Lust drauf. Zuerst war ich nicht sicher, wie lange sie bleiben würden – am Ende waren sie drei Stunden hier, haben Selfies mit den Fans gemacht, ein Filmgespräch gegeben und am Ende das ganze Kino zu ihrem Konzert eingeladen. Solche Events wollen wir noch mehr veranstalten, ein Traum wäre es z.B., dass mal [Depeche Mode](/collective/depeche-mode) oder [Nick Cave](/person/nick-cave) kommen.

**Sie betreiben die Leopold und ABC Kinos jetzt etwa eineinhalb Jahre. Wie sieht Ihre Bilanz zum Start aus – ging es direkt gut los?**

**Michael Hehl:** Der Start war ein bisschen mühsam, da hatten wir auch Pech mit der EM. Einerseits schauen dann viele lieber Fußball, andererseits hört man die Fans oben auf der Leopoldstraße auch im Kino sehr laut. Im Sommer 2024 liefen zwar [„Alles steht Kopf 2“](/movie/inside-out-2) und [„Ich – einfach unverbesserlich 4“](/movie/despicable-me-4) gut, aber alle anderen Filme haben nicht wirklich funktioniert. Erst Ende Oktober wurde es dann besser, da haben wir Filme wie [„Riefenstahl“](/movie/riefenstahl-at) und [„Alter weißer Mann“](/movie/untitled-leoninewundb-event-film) gezeigt. Dieses Jahr lief es dann aber wirklich gut – wir spielen immer noch [„Das Kanu des Manitu“](/movie/das-kanu-des-manitu) oder [„22 Bahnen“](/movie/22-bahnen) in einzelnen Vorstellungen und hatten nur ein ganz kleines Sommerloch. Insgesamt sind wir also zufrieden.

**Daniela Bergauer:** Das einzige Problem ist, dass man außer dem „Kanu“ keinen richtigen Langläufer hat. Es gibt eigentlich fast nie einen Film, der über vier oder fünf Wochen super läuft, die Halbwertszeit ist sehr kurz. Aber heutzutage gibt es einfach selten Filme, die so lange stark laufen. Richtige Langläufer sind vor allem die Kinderfilme, die kann man ewig spielen. So etwas wie [„Pumuckl und das große Missverständnis“](/movie/pumuckl-und-das-grosse-missverstaendnis) können wir bis Ende des Jahres, vielleicht sogar bis zum Frühjahr spielen. Das hat eine ganz andere Dynamik als andere Filme.

**Welche Filme liefen denn außerdem besonders gut für Sie und in welche Produktionen setzen Sie in den kommenden Monaten Ihre Hoffnungen?**

Michael Hehl: Ich glaube, dass bei einem Teil unseres Publikums [„Dann passiert das Leben“](/movie/dann-passiert-das-leben) sehr gut ankommen wird – gerade mit [Ulrich Tukur](/person/ulrich-tukur) und [Anke Engelke](/person/anke-engelke) hat der auch eine tolle Besetzung. Eine Überraschung wird vielleicht [„Das perfekte Geschenk“](/movie/les-cadeaux) von [Neue Visionen](/company/neue-visionen-filmverleih), genauso wie [„Lolita lesen in Teheran“](/movie/reading-lolita-in-tehran) von [Weltkino](/company/weltkino-filmverleih_7) und [„Sorry, Baby“](/movie/sorry-baby) von [dcm](/company/dcm-film-distribution-gmbh). Und natürlich gibt es auch große Starts wie [„Zoomania 2“](/movie/untitled-disney-animation_5), [„Der Medicus II“](/movie/medicus-ii) und [„Avatar 3“](/movie/avatar-3).  Und ich glaube, ein vielversprechender Geheimtipp könnte [„Therapie für Wikinger“](/movie/den-sidste-viking_9) sein, der an Weihachten anläuft.

**Daniela Bergauer:** Auf Platz eins der erfolgreichsten Filme des Jahres für uns steht aktuell natürlich „Das Kanu des Manitu“, dahinter folgt [„Paddington in Peru“](/movie/paddington-in-peru) und auf Platz drei kommt [„Die leisen und die großen Töne“](/movie/en-fanfare).

**Haben Sie außerdem Wünsche oder Pläne für die Zukunft?**

**Michael Hehl:** Ich würde gerne noch ein paar Deko-Verfeinerungen umsetzen und zwei bis drei etablierte Filmreihen einführen, die auch feste Termine haben. Aktuell brauchen wir außerdem eine neue Lüftung, die ziemlich teuer wird – da hoffe ich, dass wir ein gutes Crowdfunding zusammenbekommen.

*Das Gespräch führte Lea Morgenstern.*



Daniela Bergauer und Michael Hehl: „Wir haben diesen Hunger aufs Kuratieren“