Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Kinowelt hatte mit Filmen wie "Eine wie keine" und "Eiskalte Engel", denen erst niemand gute Zahlen zutraute, großen Erfolg. Welche Marketingkonzepte stecken dahinter?

Peter Heinzemann: Beide Filme lagen weit über unseren eigenen Erwartungen. Wir stecken eher weniger Geld in herkömmliches Marketing wie Plakatierungen oder Tageszeitungsanzeigen. Wir versuchen mehr, über Kooperationen und Promotions im Han-del Kontakte zu schaffen, dazu kommt starke TV-Werbung. Unsere Mitarbeiter sind zudem nur wenig älter als das angesprochene Zielpublikum, deshalb wissen wir oft, was dem Publikum gefällt. Wir versuchen, durch unkonventionelles Auftreten, etwa bei den Tradeshows, Aufmerksamkeit zu erregen.

BF: Bedeutet die Bindung an einen starken Output-Partner wie Miramax auch Abhängigkeit von dessen Ware?

PH: Verstärkt werden schon dieses Jahr von der Kinowelt Filmproduktion koproduzierte Filme dazukommen. 2001 startet der erste vollständig selbstproduzierte Film, "Das Sams" - Family Entertainment nach dem sehr erfolgreichen Kinderbuch von Paul Maar. Auch die Deals mit anderen amerikanischen Produktionsgesellschaften wie Beacon oder Good Machine, von der wir drei Filme bekommen, werden unsere Unabhängigkeit erhöhen.

BF: Welche Erwartungen haben Sie an die erste große internationale Kinowelt-Koproduktion "Sunshine"

PH: Schon wegen der vielen beteiligten Partner ist der Film für uns ein politisch wichtiges Projekt. Nach der fulminanten Europapremiere in München hatten wir sehr gute Presse, wir hoffen jetzt trotz des anspruchsvollen Themas auf bis zu 500.000 Besucher bei 120 Kopien, wobei wir gegen starke Konkurrenz starten. Wir haben uns beim Marketing in TV und Presse auf frauenspezifische Umfelder konzentriert und gehen vor allem in Filmkunstkinos, aber auch in einige Multiplexe.

BF: Nach der Gründung von Arthaus Filmverleih hat sich Kinowelt weiter in Richtung Mainstream bewegt. Wie sehen Sie das Profil des Verleihs?

PH: Sehr weit gefasst! Einerseits kommen wir aus der Arthouse-Ecke und können Filme von der Presseseite her gut betreuen, andererseits haben wir auch ein gewisses Know-how im Marketing-Bereich und unser Verkauf ist sehr stark geworden. Wenn wir im Konzert der Majors mitspielen wollen, müssen wir uns vor allem dem Mainstream zuwenden. Wir haben uns 1999 um weitere vier Mio. Besucher gesteigert und liegen bei rund 11,5 Mio. Das spricht für den eingeschlagenen Weg. Am Ende dieses Jahres hoffen wir, bei gut 14 Mio. Besuchern zu stehen. Unter den deutschen Independents wird der eine oder andere dieses Jahr dank starker Filme zulegen, aber ich sehe unsere Position gut gesichert. Derzeit halten wir etwa acht Prozent am Gesamtmarkt, wenn wir zehn Prozent erreichen, bin ich erstmal zufrieden.

BF: Kinowelt hat von den Bewegungen auf dem Verleihermarkt abermals profitiert. Welche Rolle wird Jugendfilm spielen?

PH: Wir werden Jugendfilm, bei dem ich neben Johannes Wachs jetzt Ko-Geschäftsführer bin, etwas anders als bisher positionieren. Wir werden ihn vorwiegend in Berlin für weitere Auswertungen einsetzten. Er wird dort weiter autonom agieren, es wird aber keine Vermietungen mehr über Fox geben. Es liegt nahe, ihn mehr für Kinderfilme, Family Entertainment und eigene Produktionen einzusetzen. Die Überlegungen sind aber noch nicht abgeschlossen, derzeit beobachten wir bei "Drei Chinesen mit dem Kontrabass", wozu Jugendfilm personell, werblich und kaufmännisch in der Lage ist.

BF: Wie sehen Sie ihr Standing bei den Kinobetreibern? War Überzeugungsarbeit nötig?

PH: Die Akzeptanz durch die Kinobetreiber ist sehr hoch, weil unsere Mannschaft von den Kunden als sehr kompetent eingeschätzt wird. Das freut mich sehr, war aber auch ein hartes Stück Arbeit. Wir haben mit Kurt Schalk einen eigenen Mitarbeiter für Kinopromotion, der selbst aus dem Kinogeschäft kommt und sich nur um den Kontakt mit den Kinos kümmert. Es ist zudem nicht unser Stil, stur auf Konditionen zu beharren, wenn sie nur uns nützen, schließlich wollen wir den nächsten Film ja auch noch verkaufen.

BF: Kommt Ihnen die rapide Zunahme von Mainstream-Sälen entgegen?

Traditionelleres Marketing im Osten


PH: Natürlich. Wir sind mit den Multiplexen gewachsen, weil wir unsere Kontakte zu ihnen sehr gepflegt haben. Wir unterstützen aber jeden Kinobetreiber, der im lokalen Geschäft auf sich aufmerksam macht. Im Westen tun wir uns mit unserem Marketing dabei oft leichter als im Osten, wo man mehr auf traditionelle Kampagnen bauen muss.

BF: Auf welche Filme setzen Sie in diesem Jahr besonders?

PH: Nach "Sunshine" sind es die drei Folgefilme "Der talentierte Mr. Ripley" (17. Februar) von Anthony Minghella, "Gottes Werk und Teufels Beitrag" (16. März) von Lasse Hallström, der sicher für Oscar-Nominierungen gut sein wird, wie auch "Magnolia" (13. April), der neue Film von P. T. Anderson. Dann "Down to You" mit Freddie Prinze Jr., ein Sommerfilm für die Teenies. Im Oktober folgt unsere Koproduktion "Schloss Gripsholm" sowie der neue Trickfilm von Eberhard Junkersdorf, "Hilfe! Ich bin ein Fisch" (AT), und im Dezember der Thriller "Reindeer Games" mit Ben Affleck, der das Jahr gebührend abschließen soll.

Kinowelt-Filmverleih-GF Peter Heinzemann