KOMMENTAR: Liefern statt Lavieren
Chefredakteurin Susanne von Kessel-Doelle kommentiert die Weichenstellung der Filmförderung: Noch kein Happy End, aber Fanfaren sind angebracht. Das Drehbuch stimmt, der nächste Akt kann kommen.
Eins muss man ihm lassen: Wolfram Weimer hat in seinen ersten 100 Tagen als Kulturstaatsminister geliefert. Mit der angekündigten Erhöhung der Mittel für DFFF I, II und GMPF auf 250 Millionen Euro jährlich ist die Anreizförderung nicht nur deutlich aufgestockt, sondern zugleich erstmals im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2026 als neue Basis verankert. Laut BKM ist diese Erhöhung zugleich als Ausgangspunkt für eine Verstetigung in der mittelfristigen Finanzplanung gedacht – also über das Jahr 2026 hinaus. Sicher ist das bis 2029 noch nicht, aber intendiert. Eine Planungsperspektive, wie sie so bisher gefehlt hat. Die Aufstockung auf 250 Millionen Euro jährlich ist ein Signal – und zwar eines mit Wirkung. In der Branche wird die Summe durchaus als Äquivalent zu dem gesehen, was ein Steueranreiz hätte leisten können, mit dem Vorteil höherer Flexibilität und Planbarkeit. Die gesicherte 30-Prozent-Quote gibt der deutschen Produktion wieder Anschluss an die europäischen Wettbewerber. Erstmals seit Jahren scheint Deutschland mit seinem Anreizsystem international wieder mithalten zu können, nicht nur in der Höhe der Mittel, sondern auch im klaren Willen zur Strukturreform. Hoffnung macht auch die politische Achse zwischen Kultur und Finanzen: Mit Lars Klingbeil als Finanzminister und Wolfram Weimer als Kulturstaatsminister ist erkennbar, dass der Schulterschluss zwischen beiden Ämtern gelingen kann. Eine Verständigung, die es zwischen Roth und Lindner in dieser Form nie gab und die nun endlich Dynamik erzeugt. Doch zur Vollendung der Filmförderreform fehlt noch Entscheidendes: die gesetzlich verankerte Investitionsverpflichtung. Die Gespräche mit Netflix, Amazon, Disney+ und Apple TV+ verliefen laut Weimer konstruktiv. Eine gesetzliche Regelung ist angekündigt. Sie soll auf dem Gesprächsstand aufbauen, ihn aber nicht ersetzen, mit klarer Quote, Rechterückbehalt und fairer Teilhabe für unabhängige Produzent:innen. Das ist ein Fortschritt, noch kein Durchbruch, aber ein anderer Ton als im Vorjahr. Rom wurde bekanntlich auch nicht an einem Tag erbaut. Was allerdings fehlt, fällt ebenso auf: Für Auswertung und Sichtbarkeit gibt es bislang keine neuen Instrumente. Starker Film braucht auch ein starkes Kino. Und ein starker Markt braucht Verleiher, die Filme sichtbar machen. Doch deren Rolle ist bislang nicht ausreichend gestärkt. Die Produktionsstufe kann nicht alles allein tragen. Vieles ist angeschoben, noch nicht vollendet. Gleichwohl - gemessen an der politischen Starre vergangener Jahre ist dieser Sommer tatsächlich ein bewegter. Beim Happy End sind wir noch nicht, aber Fanfaren sind angebracht. Das Drehbuch liest sich besser als lange zuvor. Und vielleicht ist das ja der entscheidende Wendepunkt: kein Paukenschlag, sondern eine sauber gesetzte Überleitung in den nächsten Akt. Einer, in dem Reformversprechen nicht vertagt, sondern eingelöst werden.