Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Stand ein Bond-Film auf Ihrem Regie-Wunschzettel?

Lee Tamhori: Nein, aber als ich die Gelegenheit erhielt, dachte ich: So eine Chance bekomme ich kein zweites Mal.

BF: Warum bot man Ihnen den Job an?

LT: Mein Agent erzählte mir, dass man einen neuen Bond-Regisseur suche, und fragte mich, ob ich interessiert sei. Ich war einer von mehreren Kandidaten in der Auswahl, aber ich verstand mich sofort mit den Produzenten, und in der nächsten Minute hatte man mich angeheuert.

BF: Wie stark ist der Einfluss der Produzenten [Barbara Broccoli](/person/barbara-broccoli) und [Michael G. Wilson](/person/michael-g-wilson)?

LT: Barbara, aber vor allem Michael, der an allen Skripts seit "[Moonraker](/movie/james-bond-007-moonraker-streng-geheim)" mitschrieb, klinken sich stark in die Entwicklung des Buchs ein. Ein Bond-Film ist eine Arbeit zwischen ihnen, den Autoren und dem Regisseur. Wir saßen alle an einem Tisch und diskutierten unsere Ideen.

"Die Filme haben ein loyales Publikum"

BF: Kann man als Regisseur einem Bond-Film einen persönlichen Stempel aufdrücken?

LT: Das ist sehr schwierig. Diese Filme haben ein loyales Publikum, und je mehr du einen Bond-Film zu revolutionieren oder gar dekonstruieren versuchst, desto größer die Gefahr, dass dir die Zuschauer nicht folgen. Trotzdem habe ich versucht, diesen Film mit meiner persönlichen Prägung zu versehen, soweit es eben ging.

BF: Worin bestand das?

LT: Einer meiner Lieblings-Bond-Filme ist "[Liebesgrüße aus Moskau](/movie/james-bond-007-liebesgruesse-aus-moskau)", während ich mit den Effektorgien der [Roger Moore](/person/sir-roger-moore)-Filme nicht so viel anfangen konnte. Deshalb habe ich versucht, das Ganze ein bisschen zu den Wurzeln zurückzuführen und einen packenden Thriller zu drehen.

BF: Was haben Sie konkret am ursprünglichen Drehbuch zu ändern versucht?

LT: Erst mal haben wir die weibliche Hauptrolle ausgebaut, Gleiches galt für einige Nebenrollen. Irgendwie waren die einprägsamen Nebenfiguren verschwunden - so wie Kerim Bey in "Liebesgrüße". Solche Charaktere wollte ich wieder haben. Außerdem gab es verschiedene Handlungselemente, die zu verwirrend waren. Eine entscheidende Änderung betraf das Ende. Während des Drehs wurde uns klar, dass wir ein klassisches Bond-Finale produzieren. Aber ich wollte nicht einfach die üblichen Szenen mit tickender Bombe und Explosionen. Deshalb haben wir den Drehplan umgeworfen und den Schluss massiv ausgebaut.

BF: Und die Produzenten haben Sie gewähren lassen?

LT: Das Studio war so klug, zu erkennen, dass man Geld ausgeben muss, um Geld zu verdienen.

BF: Haben sich die Änderungen Ihrer Meinung nach gelohnt?

LT: Das Studio, die Produzenten und ich, wir alle sind außerordentlich glücklich mit dem Film. Meiner Meinung nach ist es einer der besten seit langer Zeit.

BF: Jetzt kommen andere Agentenfilme wie "[xXx](/movie/xxx-triple-x)", die Bond vom Thron stoßen möchten.

LT: Mir hat "xXx" als Actionfilm gut gefallen. Allerdings ist es nicht sehr klug, wenn Leute sich mit solchen Ansprüchen brüsten, nur weil sie einen erfolgreichen Film gedreht haben. Gib ihnen zehn Jahre, und dann sehen wir, wie viele Filme daraus geworden sind. Bei "[Lethal Weapon](/movie/zwei-stahlharte-profis)" waren es vier, bei "[Stirb langsam](/movie/stirb-langsam)" drei. Ich glaube nicht, dass "xXx" über drei hinauskommt. Diese kämpferischen Töne haben wohl auch mit der Rivalität zwischen John Calley von Sony und den Broccolis zu tun. Calley hat doch schon seit langem nach einer Agenten-Franchise wie "xXx" gesucht.

BF: Das hat den Druck, einen Hit abzuliefern, wohl noch verstärkt.

LT: Ich selbst machte mir diesen Druck. Als ich mit der Arbeit begann, sagte ich mir: Ich werde keinen mittelmäßigen Bond drehen. Denn dieses Genre ist ein altes Pferd, und alle anderen würden es gern ins Grab bringen. Deshalb habe ich die Pflicht, es am Laufen zu halten.

BF: Wie bewerten Sie den Boom des neuseeländischen Films?

LT: Für die Finanzierung meines nächsten Projekts ist er zweitrangig. Kein US-Studio investiert gern in einen Film über Maoris. Ich werde das Ganze unabhängig finanzieren. Trotzdem schadet es sicher nicht, dass Neuseeland jetzt im Rampenlicht steht. Vor kurzem traf ich Peter Jackson in London, der ebenfalls an seiner Postproduktion arbeitete. Und wir fragten uns: Was machen wir hier eigentlich? Er, der seine Heimat am liebsten nie verlässt, dreht das größte Fantasy-Abenteuer der Welt, und ich als Einwohner einer ehemaligen Kolonie mache einen Film über den größten britischen Helden.

Lee Tamahori zu "Stirb an einem anderen Tag"