Blickpunkt:Film

Kino

Der für „[Fabian oder Der Gang vor die Hunde](/movie/fabian-oder-der-gang-vor-die-hunde)“ Lola-prämierte [Felix von Boehm](/person/felix-von-boehm) feiert mit „[Das Verschwinden des Josef Mengele](/movie/disappearance)“ von [Kirill Serebrennikov](/person/kirill-serebrennikov) am 20. Mai Erstaufführung in der Sektion Premières des [Festival de Cannes](/company/festival-de-cannes). Mit seiner Produktion [Lupa Film](/company/lupa-film) bereitet er weitere Arthouseprojekte mit hohem Anspruch gemeinsam mit „Fabian“-Regisseur [Dominik Graf](/person/dominik-graf) vor sowie mit den Regisseurinnen [Nina Weisse](/person/ina-weisse) und [Elise Girard](/person/elise-girard), mit denen er ebenfalls bereits zusammenarbeitete.


Der renommierte, russische Filme- und Theatermacher ist regelmäßiger Gast beim Festival. Erst im vergangenen Jahr stellte er „[Limonov: The Ballad](/movie/limonov-the-ballad)“ über den gleichnamigen Autor und Politiker, der vom Linken zum Rechtsradikalen wurde, im Wettbewerb des südfranzösischen Festivals vor. Auch sein neues Drama fokussiert sich auf eine reale Persönlichkeit, auf Josef Mengele, der wegen seiner menschenverachtenden, medizinischen Experimente als sogenannter Todesengel von Auschwitz in die Geschichte einging. Erzählt wird nach dem gleichnamigen Bestseller des französischen Autors [Olivier Guez](/person/olivier-guez), von Mengeles Zeit auf der Flucht in Südamerika und der Beziehung zu seinem Sohn, der ihn mit seiner Vergangenheit konfrontiert.

Der Produzent und Geschäftsführer der in Berlin angesiedelten [Lupa Film](/company/lupa-film), Felix von Boehm, wurde von [Charles Gilibert](/person/charles-gilibert) von CG Cinéma angesprochen, der auf der Suche nach einem deutschen Partner für den Stoff war. „Ich war sofort vom Buch, der Regie und überhaupt der Idee, den gewagten Stoff gemeinsam anzugehen, begeistert - zumal mir auch die deutsch-französische Produktionsachse am Herzen liegt“, so von Boehm, der in Frankreich aufgewachsen ist und die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern auch als Notwendigkeit sieht. Mit Gilibert, dem Hauptproduzenten von „Das Verschwinden“, verbindet ihn ein ähnlicher Filmgeschmack.„ Außerdem ist Frankreich nach wie vor die Kinonation Europas, was den Kinobesuch betrifft und die Kultur.“


##### „Das Projekt brauchte den unverstellten Blick aus dem Ausland und den Mut, aus einer Figur, die der personifizierte Schrecken ist, eine Hauptfigur zu machen“
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„Das Projekt brauchte den unverstellten Blick aus dem Ausland und den Mut, aus einer Figur, die der personifizierte Schrecken ist, eine Hauptfigur zu machen“, sagt von Böhm mit Blick auf den französischen Autor der Vorlage und den russischen Regisseur und führt aus: „In deutschen Filmen über den Nationalsozialismus werden oft Geschichten über die Ausnahmen erzählt, den guten Nazi oder den Widerstandskämpfer. Dieser Film wagt es nicht nur, einem Täter zu folgen, sondern einem Täter, der in seiner Ideologie verharrt.“ Guez hatte sich auch als Koautor von „[Der Staat gegen Fritz Bauer](/movie/der-staat-gegen-fritz-bauer)“ mit Nazitätern bzw. der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit beschäftigt und gemeinsam mit Lars Kraume den Deutschen Filmpreis fürs Drehbuch erhalten. Serebrennikov, der in Russland mehrfach verurteilt wurde, setzt sich in all seinen Werken kritisch mit Ideologien und politischen Systemen auseinander. „Wir sind aktuell von stark ideologisch geprägten Systemen umgeben und ich hoffe, dass der Film in seiner genauen Beschreibung der ideologischen Verengung dazu beiträgt, sich nicht von Ideologien jeglicher Art vereinnahmen zu lassen“, formuliert von Boehm seinen Wunsch zur Wirkung des Filmes.

Die Besetzung mit deutschen Schauspielern war von vornherein klar. “Mit [August Diehl ](/person/august-diehl)haben wir eine sagenhafte Besetzung für Mengele. Es ist eine beeindruckende Leistung, wie er sich die Rolle zu eigen gemacht hat“, schwärmt von Böhm. Zum Cast gehören außerdem u.a. [Max Bretschneider](/person/max-bretschneider) als Sohn Rolf Mengele, [Dana Herfurth](/person/dana-herfurth) als Mengeles erste Frau, [Friederike Becht](/person/friederike-becht) als seine zweite Frau, [Burghart Klaußner](/person/burghart-klaussner) als kalter, strenger Vater, [Johannes Hegemann](/person/johannes-hegemann) und [Sven Schelker](/person/sven-schelker). Gedreht wurde 2023 in Uruguay auf Vorschlag der mexikanischen Koproduzenten von Piano - wegen der guten Infrastruktur. „Es war eine schöne Zusammenarbeit auch mit den lokalen Schauspielern und Crewmitgliedern“, sagt von Boehm. Die in Deutschland spielenden Szenen setzte man im lettischen Riga um. [Bayerischer Rundfunk](/company/bayerischer-rundfunk-br) und Arte sind über Grand Accord Koproduktionspartner. [FFF Bayern](/company/fff-bayern), [Medienboard BB](/company/medienboard-berlin-brandenburg) und [FFA](/company/ffa-filmfoerderungsanstalt) förderten. Serebrennikovs Landsmann und langjähriger Mitstreiter [Ilya Stewart](/person/ilya-stewart) von Hype Studio ist weiterer Produzent. Er war bereits bei „Limonov“, „[Madame Tschaikowski](/movie/tchaikovskys-wife)“, „[Petrov's Flu - Petrow hat Fieber](/movie/petrovs-flu-petrow-hat-fieber)“, „[Leto - Rock, Love & Perestroika](/movie/leto-rock-love-und-perestroika)“, der beim Festival de Cannes einen Preis für die Musik erhielt, und „Der die Zeichen liest“ an Bord.

![Felix von Boehm mit Isabelle Huppert und Elise Girard. Foto: Filmfest München](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/a3f437d4-2e15-4589-8d04-0db32d1a0088.jpg)

Serebrennikov arbeitet auch häufig mit Kostümbildnerin Tatiana Dolmatovskaya - u.a. bei seinen Operninszenierungen in Deutschland-, Szenenbildner Vladislav Ogay und Kameramann Vladislav Opelyants. „Für einen Produzenten ist das ein Garant für die künstlerische Hochwertigkeit und Handschrift“, so von Boehm und führt aus „Serebrennikov experimentiert gerne, nutzt ganz verschiedene Techniken, Stile, aber man erkennt immer seine Handschrift.“ In „Das Verschwinden“ nutzt er Schwarz-Weiß - mit einer Ausnahme - und den Film Noir. Er breche das Genre aber auch, so von Boehm, der betont, dass sich der Stil nicht über den Inhalt stülpe, und dass in erster Linie psychologisch erzählt werde.
Aus von Boehms Netzwerk stammt der zuletzt für „September 5“ ausgezeichnete [Hansjörg Weißbrich](/person/hansjoerg-weissbrich_8), der bereits die von Lupa Film produzierten Spielfilme von [Ina Weisse](/person/ina-weisse), „[Das Vorspiel](/movie/das-vorspiel)“ und „[Zikaden](/movie/zikaden)“, schnitt. Die Postproduktion von „Das Verschwinden“ wurde in Deutschland, bei [Rotor Film](/company/rotor-film), umgesetzt.

„Für uns ist die Weltpremiere in Cannes ein wunderbarer Rahmen, das Festival ist und bleibt der Olymp des Arthousefilms. Eine Einladung dorthin ist für die deutsche Filmindustrie eine Seltenheit. Ich hoffe, dass der Film gerade wegen des Themas, das er verhandelt, eine große Sichtbarkeit bekommt, die auf den deutschsprachigen Raum abstrahlt“, sagt von Boehm. Er wünscht, sich, dass viel über den Film gesprochen und diskutiert wird. Den Kinostart will er mit möglichst vielen Gesprächsformaten begleiten und auch Guez einbeziehen. „Der Film braucht dringend eine Kontextualisierung. Mit [DCM](/company/dcm-film-distribution-gmbh) als Verleih haben wir einen guten Partner dafür“, so von Boehm. Kinology hat den Weltvertrieb übernommen. 

![Nina Hoss und Saskia Rosendahl in „Zikaden“. Foto: DCM/Judith Kaufmann](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/c293311b-40aa-4393-bd4b-04ae8d4bc050.jpg)

Einen Starttermin hat „Das Verschwinden des Josef Mengele“ noch nicht. Aber Lupas Produktion „Zikaden“, ein subtiles Drama über eine Frauenfreundschaft mit [Nina Hoss](/person/nina-hoss), [Saskia Rosendahl](/person/saskia-rosendahl) und [Vincent Macaigne](/person/vincent-macaigne), wird nach der Weltpremiere bei der Berlinale in diesem Jahr und weiteren Festivalpremieren wie bei Crossing Europe am 19. Juni bundesweit in den Kinos anlaufen - ebenfalls über DCM. Von Boehm schätzt wie Serebrennikov die kontinuierliche Zusammenarbeit und beschreibt sich als ein „Langzeitbeziehungsmensch“. So bereitet er mit Lupa nach „[Madame Sidonie in Japan](/movie/sidonie-in-japan)“ mit Isabelle Huppert als Titelheldin und Diehl, einen weiteren gemeinsamen Film mit Sébastien Haguenauer von der Pariser 10:15! Productions und Regisseurin und Drehbuchautorin [Elise Girard](/person/elise-girard) vor. „Madame Sidonie“ hatte vergangenes Jahr in Venedig Weltpremiere gefeiert und war u.a. beim Filmfest München präsentiert worden. Für den Produzenten bedeutet das neue gemeinsame Projekt „Le sens de la vie“ nach dem schweren „Das Verschwinden“ „Comic Relief“. Girard erzählt „eine leichtfüßige Liebesgeschichte, die mit dem Genre der Komödie flirtet“. Im Zentrum steht eine von ihrem pubertierenden Sohn und dessen Frage nach dem Sinn des Lebens überforderte Mutter, die sich in den französischen Premierminister verliebt. [Vicky Krieps](/person/vicky-krieps) ist für die Hauptrolle vorgesehen. Sie spielte bereits in Lupas Koproduktion mit Les Films du Poisson von Yael Fogiel und Laetitia Gonzalez, „[Für immer und ewig](/movie/fuer-immer-und-ewig_9)“ („Serre moi fort“), von Mathieu Amalric. Das Drama war bereits nach Cannes eingeladen worden, in die Sektion Premières. [Alex Lutz](/person/alex-lutz), der auch Regie führt und in Premiéres mit „Connemara“ vertreten ist, übernimmt die Rolle des Premierministers, der bewusst keiner bestimmten Partei angehöre, wie von Boehm betont. Gedreht werden soll im Winter 2025/2026. FFA und CNC förderten das Projekt über Minitraité. 10:15! war minoritärer Partner bei „Zikaden“.

Mit Weisse und [Dominik Graf](/person/dominik-graf) entwickelt er Folgeprojekte. Mit Weisse arbeitet er an einem Langzeitprojekt und plant einen nächsten Spielfilm. Sie führte auch bei Lupa Films Dokumentarfilm „Die Neue Nationalgalerie“ Regie. Mit Graf realisierte er zuvor die mit u.a. drei Lolas und zwei Bayrischen Filmpreisen gewürdigte Erich-Kästner-Adaption „[Fabian oder Der Gang vor die Hunde](/movie/fabian-oder-der-gang-vor-die-hunde)“ mit Tom Schilling und Rosendahl und das Doku-Essay über Schriftsteller in Nazideutschland, „[Jeder schreibt für sich allein](/movie/jeder-schreibt-fuer-sich-allein)“,  bei dem er mit Regie führte. Der neue Film erzählt von den letzten Tage des berühmten Malers des Expressionismus Ernst Ludwig Kirchner und seine Beziehung zu Erna Schilling, einer Nachtclubtänzerin, die seine Muse, Lebensgefährtin und Nachlassverwalterin wurde. Das Projekt befindet sich in der Finanzierung, Studio Hamburg, BR, WDR und Arte sind Partner. 

Mit Unterstützung von Produzentin [Katrin Jochimsen](/person/katrin-jochimsen) und Produktionsassistent Nils Woitschach treibt von Boehm mit seiner Firma auch Serien voran. Bereits realisiert sind u.a. der Dokumentarvierteiler „Ist das Kunst“, die Komödien-Webserie „Heul doch - Therapie wie noch nie“ und das internationale Flüchtlingsdrama „[Eden](/tvshow/eden_e)“. Mit „Eden“-Autor [Constantin Lieb](/person/constantin-lieb), der mit Graf „Fabian“ und „Jeder schreibt für sich allein“ schrieb, und Autorin [Jana Burbach](/person/jana-burbach), die aktuell mit „Parallel Me“ zu sehen ist, Folgen für „Bad Banks“ skriptete und Lupas Webserie „Just Push Abuba“, entsteht eine neue Serie, die wie „Eden“ als europäisches Projekt geplant ist. von Boehm sucht momentan nach deutschen Senderpartner. 

Er möchte Lupa Film, die  von seinem bekannten Vater, dem Journalisten und Dokumentarfilmer Gero von Boehm, gegründet wurde, schlank halten, um weiter nur die Projekte realisieren zu können, die ihn wirklich interessieren, europäische Arthouseprojekte mit hohem Anspruch.

##### ZUR PERSON: Felix von Boehm

Der 1986 in Heidelberg geborene Felix von Boehm studierte Filmwissenschaften  und Philosophie an der Freien Universität Berlin und später an der Filmakdemie Ludwigsburg und La Fémis Paris.  Mit Lupa Film iproduziert er fiktionale und dokumentarische Stoffe, Filme, Serien und auch VR-Projekten. Über die Agentur art/beats unterstützt er Museen, Galerien, Künstler:innen usw. bei ihrer kulturellen Kommunikation. Er erhielt die Lola in Silber für „Fabian oder der Gang vor die Hunde“.





„Fabian“-Produzent Felix von Boehm reist mit „Josef“ nach Cannes