Blickpunkt:Film

Kino

BF: Ein knappes Jahr gibt es den Mathäser Filmpalast in München nun. Sind Sie zufrieden?

Hans-Jürgen Jochum: Wir sind mehr als sehr zufrieden, denn unsere Erwartungen sind übertroffen worden - und das trotz der Anfangsphase im Sommer 2003, die aber vor allem mit der Situation der noch nicht fertig gestellten Ladenpassage sowie dem heißen und kinounfreundlichen Sommer zu tun hatte. Das Kino hat sich in München etabliert. Es werden inzwischen alle Filme, auch jene, die nicht unbedingt einem Multiplexkino zugeordnet werden, bestens angenommen. Von der Eröffnung Ende Mai bis Ende 2003 hatten wir ca. 850.000 Besucher.

Guter Umgangston unter Münchner Kollegen

BF: Ist das Konzept "Mathäser", also das Zusammenspiel von Kino und Ladenpassage, aufgegangen?

HJJ: Hierzu muss man sagen, dass das Münchener Publikum rund sechs Jahre auf das Mathäser hat warten müssen. Dementsprechend hoch war natürlich die Erwartungshaltung. Mit Ausnahme des Kinos war der Mix aus Ladengeschäften und Gastronomie für viele Münchener nicht ganz so optimal gelungen. Aber ich denke, die Münchner haben ihr Kino wieder am angestammten Platz vorgefunden. Wir gehen davon aus, dass es im Bereich der Ladengeschäfte noch eine Optimierung geben wird.

BF: Vor kurzem haben das nahe gelegene [Karlstor](/company/karlstor-kinocenter-am-stachus) und das weiter entfernte Aeroport schließen müssen. Gibt es in München weiterhin den viel beschworenen Verdrängungswettbewerb mit den anderen mittelständischen Theatern?

HJJ: So ein Objekt wie das Mathäser bietet natürlich einen willkommenen Grund, alle anderen Probleme wegzudiskutieren. Alles im allem bieten die Münchner Filmtheater in weiten Teilen sehr engagiertes Kino und haben dadurch fast alle ihren Platz im lokalen Markt ausgebaut. Es herrscht ein guter Umgangston zwischen den Kollegen vor Ort, und wir beabsichtigen, uns in den nächsten Wochen nochmals zusammenzusetzen, um über künftige lokale Optimierungen nachzudenken. Wir würden gern mit den Kinobetreibern in München größere Events, wie zum Beispiel ein regionales Kinofest, organisieren. Und um auf Ihre Frage betreffend der Kinoschließungen zurückzukommen, so glaube ich, dass in den vorliegenden Fällen die Möglichkeit bestand, frühzeitig Pachtverträge zu lösen und somit unwirtschaftliche Häuser kurzfristig zu schließen. Weitere Schließungen erwarten wir sicherlich nicht mehr.

BF: Wie ist denn die [Kinopolis-Gruppe](/company/kinopolis-gmbh-und-co-multiplex-kg) derzeit aufgestellt? Andere Ketten, wie etwa [Ufa/Cinestar](/company/greater-union-first-cinema-bv-und-co-kg), haben ja mit etlichen Finanz- und Standortproblemen zu kämpfen.

HJJ: Wir haben immer versucht, auf dem Teppich zu bleiben und unsere Wirtschaftlichkeit und Marketingstrategien auszubauen. Außerdem habe wir die Zeit nach der Eröffnung des Mathäsers intensiv genutzt, um uns auf die nächsten Jahre vorzubereiten, denn es werden keine leichten Jahre werden. Wir werden uns unseren Platz im Medienkarussell hart erkämpfen müssen - was da heißt: Entertainment. Wir haben, wie alle Kinobetreiber, auch bei unseren Häusern einen negativen Trend gespürt, haben allerdings versucht, diesem mit Kostenreduzierungen entgegenzuwirken. Auch an unserem neuen Standort Landshut ist die Rechnung aufgegangen - das Publikum hat den Entertainment-Komplex sehr positiv aufgenommen. Wir schätzen ca. 450.000 Besucher pro Jahr.

BF: Ist Kinopolis am Standort Riem interessiert?

HJJ: Wir stehen weiterhin in Verhandlungen mit Investoren. Mehr lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

BF: Das Filmjahr 2004 ist nicht gerade rosig angelaufen. Wie haben Sie das verkraftet?

HJJ: Wir haben das natürlich auch sehr gespürt, auch im anspruchsvollen Filmbereich in den traditionellen Häusern haben die Zahlen unseren Erwartungen nicht entsprochen. Die Rückgänge haben unserer Meinung nach folgende Gründe:
1.) die schlechte Konjunktur
2.) die Filme haben dem deutschen Markt nicht 100-prozentig entsprochen
3.) die Filmpiraterie. Gerade im letzten Bereich sind es vor allem die mittleren und kleinen Filme, für die der kostenlose Download genutzt wird.

Dem Kunden das Maximale bieten

BF: Was muss hier verbessert werden?
HJJ: Zum einem das Filmangebot selbst. Wir haben dahingehend allerdings einen ganz starken Sommer vor uns, hoffentlich nicht so sehr bei den Temperaturen, sondern beim Filmangebot. Auch bei der Piraterie wird es sicherlich positivere Auswirkungen geben, denn die deutschen Sommerstarts sind alle kurz nach den jeweiligen Amerikastarts oder sogar auch zeitgleich terminiert. Obwohl das für uns noch ungewöhnlich ist, wenn Woche für Woche hierzulande ein großer Film startet, so hoffe ich, dass wir jetzt alle an einem Strang ziehen und den Verleihern zeigen, dass Auswertung in kurzen Intervallen auch im Sommer funktioniert und dass somit der Negativtrend zu stoppen ist. Wenn dem nicht so ist, müssen wir uns allerdings ernsthafte Gedanken über die Zukunft machen.

BF: Stichwort digitales Kino: Sie haben vor kurzem im Mathäser im großen Saal einen 2k-Projektor installiert. Wie geht es jetzt weiter mit dem D-Cinema?

HJJ: Das digitale Kino ist für uns eine ganz wichtige Entwicklung und ein großes Verkaufsargument. Zum einen für die Inhousewerbung, zum anderen natürlich interessant für neue Werbekunden, die gerade jetzt verstärkt in der Ortswerbung buchen. Aber auch für Veranstaltungen im Kino, bei denen man einfach voraussetzt, dass digitale Produkte auf die Leinwand projiziert werden können. Wir sind mit unseren digitalen Projektoren nach wie vor auf das Vorprogramm konzentriert, auch was die kürzlich vorgenommene Installation imn Saal 6 betrifft. Um aber auf dem Laufenden zu bleiben und im kleinen deutschen Digitalorchester mitzuspielen, werden wir im Mathäser weitere digitale Anlagen für den Empfang und das Abspielen digitaler Filmdaten einbauen lassen. Wenn dies klappt, könnten wir in München etwa "[The Day After Tomorrow](/movie/the-day-after-tomorrow)" in digitaler Qualität vorführen.

BF: Wie ist Ihrer Einschätzung nach der Ausblick auf das Kinojahr 2004? Gerade haben Sie von einem starken Sommer gesprochen.

HJJ: Sowohl die Firma, die ich repräsentiere, als auch ich persönlich sind sehr positiv denkend und wir meinen, dass unter gewissen Voraussetzungen dem Kino eine gute Zeit ins Haus steht. Allerdings dürfen wir dabei nicht untätig sein, der Sommer bringt uns in der Tat bis hin zum Jahresende eine Menge guter Filme. Wir müssen nur sehen, dass wir aus der Ware Film in Deutschland auch das Richtige machen. Wir haben mit einigen Kollegen Verbindung aufgenommen, um gemeinsam den Verleihern neue Kampagnen vorzustellen, um mehr aus den angebotenen Filmen zu machen. Und vielleicht sind dann die Verleiher unter Umständen bereit, mehr Kraft und Energie und vielleicht noch ein paar Euro mehr in die Kinos zu investieren, um das Kinomarketing zu stärken. Wir müssen unseren Kunden das Gefühl vermitteln, dass wir ihnen für ihr Geld das Maximale bieten.

Mathäser-Chef Hans-Jürgen Jochum: "Dem Kino steht eine gute Zeit ins Haus"