Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: [Degeto](/company/degeto-film)-Chef [Hans-Wolfgang Jurgan](/person/hans-wolfgang-jurgan) sagte, "[Kein Himmel über Afrika](/tvshow/kein-himmel-ueber-afrika)" biete ein "Fernseherlebnis mit Kinoqualität". Sie hatten ja sicherlich kein Kinobudget - wie ist Ihnen dieses Kunststück gelungen?

Nico Hofmann: Wir hatten - auch durch unsere Partner [EOS](/company/eos-entertainment), France 2 und [ORF](/company/oesterreichischer-rundfunk-orf) - einen Budgetrahmen von knapp 5,3 Mio. Euro, das ist für einen zweiteiligen Film relativ viel Geld. Das hohe Production Value konnte auch durch den Dreh in Südafrika erzielt werden, weil wir dort etwa 25 bis 30 Prozent billiger produzieren konnte, als es in Deutschland möglich gewesen wäre.

Roland Suso Richter: Interessanterweise dreht man tatsächlich in Afrika billiger, außerdem haben sich ein paar Parameter ergeben, die wir gut nutzen konnten. Wir haben z.B. in einer von den Amerikanern zurückgelassenen Ruine gedreht, die wir zu einem wunderbaren Set ausgebaut haben. Das allein hat uns sehr viel Geld eingespart. Aber egal, welchen Fernsehfilm ich drehe, und egal, ob nun mit Kameramann [Busso von Müller](/person/busso-von-mueller) oder mit [Martin Langer](/person/martin-langer), mit dem ich insgesamt elf Filme gedreht habe, ich versuche immer meinem Kinotraum treu zu bleiben. Da kann die Degeto hundertmal sagen "Aber das ist doch ein Degeto-Stoff".

BF: Gab es diese Bemerkung?

RSR: Die Degeto hätte den Zweiteiler gern gefälliger gehabt, und ich bin manchmal ein bisschen unbequem. Die Auseinandersetzungen zwischen [Jean-Hugues Anglade](/person/jean-hugues-anglade) und [Veronica Ferres](/person/veronica-ferres) gehen im zweiten Teil mehr ans Eingemachte, als es der Degeto lieb war. Um allerdings ernsthaft zu erzählen, dass ein Mann sich so weit von seiner Frau entfernt, dass sie ihn am liebsten umbringen würde und er es dann selbst tut, ist eine drastische Art vonnöten.

BF: Herr Hoffmann, eine Zeit lang hieß es, Sie wollten mit [Jan Mojto](/person/jan-mojto) die Firma TeamEOS gründen. Was ist aus diesem Plan geworden?

NH: Wir haben die Konstruktion etwa ein halbes Jahr lang geprüft, sie aber letztlich aus steuerrechtlichen Gründen nicht gewählt. Das ist aber keine Absage an eine Zusammenarbeit, im Gegenteil - Jan Mojto ist derzeit bei jedem Projekt mein Hauptpartner.

Premiumpartner in Südafrika

BF: "Kein Himmel über Afrika" wurde in Südafrika gedreht, obwohl der Film in Tansania spielt. Haben Sie geprüft, ob das Drehen in Tansania in Frage kommt?

NH: Ja, Teamworx-Produzent [Joachim Kosack](/person/joachim-kosack) hat das vor Ort geprüft. Wir haben uns jedoch dagegen entschieden. Wir brauchen einen Dienstleister, auf den wir uns hundertprozentig verlassen können und das war dort - im Gegensatz zu Kenia und Südafrika - nicht möglich. Wir arbeiten in Südafrika seit vier Jahren höchst erfolgreich mit [Two Oceans Production](/company/two-oceans-production-pty-ltd) von [Giselher Venzke](/person/giselher-venzke) zusammen. "Kein Himmel über Afrika" war die fünfte Produktion, jetzt stehen zwei weitere an: Der [Sat.1](/company/sat1-satellitenfernsehen)-Zweiteiler "Die Entdeckung von Troja" mit [Heino Ferch](/person/heino-ferch) und das zweiteilige Melodram "Der Gesang der Wale". Giselher Venzke ist so ein Premiumpartner für mich, dass ich keinen Grund habe, ihn zu wechseln.

BF: Veronica Ferres hatte sich die Rechte an dem Stoff "Kein Himmel über Afrika" gesichert und ihn auch mit ihrer Firma Bella Vita Film koproduziert. Wie war die Zusammenarbeit mit der Produzentin-Schauspielerin Veronica Ferres?

Mitspracherecht für die großen Stars

NH: Geradezu vorbildlich. Veronica und ihr Ehemann Martin J. Krug haben das Projekt entdeckt, sich monatelang um die Rechte beworben und die entsprechenden Verträge abgeschlossen. Es gab in der gesamten Drehzeit nicht eine Gemengelage, wo wir aneinander geraten wären. Auch nach Abschluss der Dreharbeiten ist ihr Engagement für das Projekt, z.B. bei der Promotion, unglaublich groß. Das ist für mich eine erfrischende neue Erfahrung gewesen. Ich habe nichts dagegen, wenn große Stars, wie es in Amerika Gang und Gäbe ist, über ihre Projekte mitbestimmen wollen.

RSR: Ab der ersten Klappe gab es keinen Unterschied, ob sie Schauspielerin ist oder auch Produzentin - sie gibt immer 150 Prozent Energie in einen Stoff, und das, obwohl sie an fast an jedem der über 50 Drehtage gefordert war.
BF: Kerstin Cameron war sehr stark in die Drehbuchentwicklung eingebunden und hat auch die Dreharbeiten besucht. War das für Sie eine Bürde?

NH: Das ist für mich keine Bürde gewesen, denn sie tragen gegenüber der Person, deren Leben man verfilmt, eine ungeheure Verantwortung. Wir waren bereits sehr geschult durch den Zweiteiler "[Tanz mit dem Teufel - Die Entführung des Richard Oetker](/tvshow/tanz-mit-dem-teufel-die-entfuehrung-des-richard-oetker)", bei dem wir eng mit Richard Oetker zusammen gearbeitet haben. Ich wollte, dass Kerstin Cameron sich in dem Projekt wieder findet. Ich habe sie auch sehr stark in die Pressearbeit eingebunden, sie mit an den Set genommen. Der Umgang muss in diesen Fällen sehr partnerschaftlich sein, anders geht es gar nicht. Stellen Sie sich vor, Kerstin Cameron geht auf die Presse zu und sagt "Das stimmt alles nicht". Im Gegenteil: Wir haben akribisch in Tansania ihre Spuren verfolgt, um ein plastisches Bild zu bekommen. Wir haben quasi jeden Kiosk und jede Telefonzelle in Tansania besucht, wo Kerstin jemals war.

RSR: Ich habe auch nicht das Gefühl gehabt, dass mir jemand auf die Finger sieht. Sie war auch an diesem entscheidenden Tag da, an dem wir gedreht haben, wie Veronica Ferres vor Gericht ihre Aussage macht und es war schön für mich zu hören, dass Kerstin Cameron sagte, es sei genau, wie bei ihr gewesen - auch sie habe sich vorgenommen, nicht zu weinen und habe es am Schluss doch nicht verhindern können. Das sind Momente, die eher positiv sind, als dass sie mich belasten.

BF: Wie sind Sie an die Gerichtsszenen herangegangen? Schließlich haben Sie damit ja bereits in "[Nichts als die Wahrheit](/movie/nichts-als-die-wahrheit)" reichliche Erfahrungen gesammelt...

RSR: (lacht) Es gibt zwei Motive, die ich nicht mehr sehen kann und die doch immer wieder auf mich zukommen: Gericht und Krankenhaus. Ich habe mich bei "Kein Himmel über Afrika" letztlich dazu entschlossen, mich an die Menschen und das Inhaltliche zu halten und diesen Gerichtsteil fast wie ein vorantreibendes Musikstück zu sehen, das einem keinen Atem mehr lässt.

BF: Welches Bonus-Material wird es auf der DVD von "Kein Himmel über Afrika" geben, die bei [Warner Bros.](/company/warner-bros-pictures-germany) veröffentlicht wird?

NH: Es gibt Specials und ein langes Making-Of, das speziell für die DVD gefertigt wurde. Wir arbeiten auch bei "Die Luftbrücke" und "[Dresden](/tvshow/dresden_0)" mit [Willi Geike](/person/willi-geike) und Warner zusammen. Mir ist massiv daran gelegen, dass die DVD's sehr werthaltig sind, deshalb lassen wir das Bonusmaterial eigens fertigen.

BF: Herr Richter, Ihre letzte Zusammenarbeit mit Teamworx-Produzent Nico Hofmann an "Der Tunnel" ist knapp vier Jahre her. Hatten Sie in der Zwischenzeit über andere gemeinsame Projekte nachgedacht?

RSR: Wir waren immer in regem Kontakt. Wir haben intensiv über das [Hindenburg](/movie/die-hindenburg)-Projekt gesprochen, das aber auf Eis gelegt wurde - und nun wieder im Gespräch ist. Ich wäre aber zwischen "Der Tunnel" und "Kein Himmel über Afrika" sowieso nicht verfügbar gewesen, weil ich die US-Produktion "[The I Inside](/movie/the-i-inside)" gedreht habe.
BF: "The I Inside" wird in Deutschland nur auf DVD ausgewertet. Sind Sie enttäuscht, dass der Film keinen Verleih gefunden hat?

RSR: Ich bin enttäuscht, dass die Amerikaner einen Rückzieher gemacht haben. Miramax hat "die Hand" auf der Produktion, deshalb kommt sie auch in anderen Ländern zunächst nicht ins Kino - und die europäischen Verleiher tun nur das, was die amerikanischen ihnen vormachen. Ich habe lange darüber nachgedacht, was der Grund für diese Zurückhaltung bei Miramax ist. Ich vermute, einerseits liegt es daran, dass es ein Genrestoff ist, der gerade zu der Zeit ziemlich oft beackert wurde - ein Todeserfahrungs-Gedächnislücken-Film, ähnlich wie "[Memento](/movie/memento)" - und andererseits zieht der Film dem Publikum durch sein relativ abruptes Ende den Teppich unter den Füßen weg. Das war den Amerikanern nicht geheuer.

"Amerikanischer Traum" ist noch nicht zu Ende

BF: Ist damit Ihr US-Engagement erstmal wieder beendet? Kehren Sie wieder nach Deutschland, nach Europa zurück?

RSR: Sagen wir so: es ist nicht das Ende meines amerikanischen Traums. Ich habe 2003 vierzig US-Drehbücher gelesen, von denen mir nur zwei gefallen haben, die aber nicht mit mir zustande gekommen sind. Mein Finanz- und mein Geduldsrahmen auf ein weiteres Projekt zu warten, waren danach jedoch erschöpft. Ich hatte große Lust, wieder zu arbeiten und musste auch, ganz pragmatisch, meinen Lebensunterhalt verdienen. Ich denke aber, dass sich ohne weiteres irgendwann wieder an dieses Engagement anknüpfen lässt.

BF: Sie beginnen demnächst, wieder mit Produzent Nico Hofmann, mit den Dreharbeiten zu "Dresden". Was hat Sie daran gereizt?

RSR: Drama reizt mich per se, außerdem ist es eine Herausforderung, diesem Thema, den Opfern, den Zeitzeugen gerecht zu werden - und diese Perspektive hat es bisher noch nicht gegeben. Ich spüre eine große Affinität zu deutscher Geschichte - ob es "Die Bubi Scholz Story" ist, "Der Tunnel" oder nun "Dresden".

BF: Was ist der Stand der Dinge bei dem Projekt "Hindenburg", also bei der Verfilmung des Zeppelinunglücks?

NH: Ich habe einen Kniff gefunden, die Geschichte auch teilweise auf amerikanischem Boden zu erzählen. Derzeit sind wir im Gespräch mit französischen Partnern und der Developmentabteilung bei HBO. Roland Suso Richter soll nach "Kein Himmel über Afrika" und dem aktuellen Projekt "Dresden" wiederum die Regie übernehmen. Er ist mein Lieblingsregisseur, mit ihm ergibt sich für mich eine sehr interessante gesamtperspektivische Zusammenarbeit, mit der ich sehr glücklich bin.

Nico Hofmann und Roland Suso Richter zu "Kein Himmel über Afrika"

Regisseur Roland Suso Richter (l.), Produzent Nico Hofmann und Koproduzent Jan Mojto (hinten) mit ihren Hauptdarstellern Jean-Hugues Anglade (2. v. l.) und Veronica Ferres auf der Mipcom in Cannes