Blickpunkt:Film

Kino

**Sie haben sich mit [augenschein](/company/augenschein-filmproduktion) als eine der wenigen deutschen Firmen etabliert, die international mitspielen. Welche Rolle spielt NRW und die Regionalförderung in dieser Strategie?**

**[Maximilian Leo](/person/maximilian-leo)**: Die [Film- und Medienstiftung NRW](/company/film-und-medienstiftung-nrw) hatte schon immer einen Förderschwerpunkt im Bereich des internationalen Arthouse Kino. Daher begann auch unsere Filmographie mit internationalen Koproduktionen wie "KID" von [Fien Troch](/person/fien-troch) oder später den mit einem silbernen Bären prämierten "[Ana mon Amour](/movie/ana-mon-amour)" von [Calin Peter Netzer](/person/calin-peter-netzer), mit denen wir früh internationale Erfahrungen sammelten und ein starkes Netzwerk aufbauen konnten. Damit hatten wir eine solide Basis, als wir mit "[7500](/movie/7500_e)" von [Patrick Vollrath](/person/patrick-vollrath) und [Joseph Gordon-Levitt](/person/joseph-gordon-levitt) in der Hauptrolle schließlich den englischsprachigen Weg einschlugen und den wir mit "[Stowaway](/movie/stowaway-blinder-passagier)" von [Joe Penna](/person/joe-penna) mit [Anna Kendrick](/person/anna-kendrick) und [Toni Colette](/person/toni-colette), oder [Franka Potentes](/person/franka-potente) Regiedebüt "Home" mit [Kathy Bates](/person/kathy-bates) konsequent weiter führten. Diesen Schritt vom Arthouse-Kino zum internationalen Independent Kino konnten wir hier sehr gut machen war und durch die starken Förderungen wurden wir darin bestärkt, nun auch größere Produktionen zu realisieren die wir mit "The Dive, Berlin Nobody" und unseren aktuellen Line-up realisieren konnten. Wichtig ist es uns dabei, regiegetriebenes Kino zu machen, das weltweit ein Kinopublikum erreicht. 

**Mit "Islands" sind Sie auf der [Berlinale](/company/internationale-filmfestspiele-berlin) Special Gala vertreten. Was bedeutet diese Präsenz für Sie? Und wie sehen Sie die Rolle der Berlinale für den deutschen und internationalen Markt unter neuer Leitung?**

**Jonas Katzenstein**: Mit [Jan-Ole Gerster](/person/jan-ole-gerster) haben wir ein sehr enges Verhältnis. Wir sehen in ihm einen Filmemacher, dessen Handschrift sich gerade auch im internationalen Independent-Kino durchsetzen kann. "[Islands](/movie/the-tourist_0)" ist sein erster englischsprachiger Aufschlag, und wie schon in "[Lara](/movie/lara_2)" oder "[Oh Boy](/movie/oh-boy)" hat er die große Gabe, seinen Cast großartig in Szene zu setzen. [Stacy Martin](/person/stacy-martin) ("[The Brutalist](/movie/the-brutalist)", "Lovers"), [Jack Farthing](/person/jack-farthing) ("[Spencer](/movie/spencer)", "[Official Secrets](/movie/official-secrets)") und allen voran [Sam Riley](/person/sam-riley) ("[Control](/movie/control_c)", "[Firebrand](/movie/firebrand_3)") sind einfach unfassbar stark. Und die Berlinale ist die perfekte Bühne, um den Film zu präsentieren. Gerade die Reihe der großen Gala-Premieren genießt bei Publikum und weltweiter Presse große Aufmerksamkeit. Gemeinsam mit Protagonist präsentieren wir den Film parallel auch den Kinoeinkäufern aus den USA und der ganzen Welt auf dem EFM. Darüber freuen wir uns natürlich auch für Jan-Ole, da ihm so auch international mehr Beachtung verliehen wird und wir in Zukunft weiter daran anknüpfen können. Für eine Festivalleitung ist es natürlich immer ein Balanceakt zwischen den internationalen Ansprüchen und der Aufgabe, als deutsches Festival auch die Werke hiesiger Produzentinnen und Filmemacherinnen zu zeigen, dazu noch der Spagat zwischen Kunst und Kommerz, vor dem jedes große Festival steht. Die Gala-Premieren treffen da natürlich die goldene Mitte.

**augenschein verbindet das amerikanische und das europäische Produktionssystem. Wie gelingt es Euch, diese beiden Welten miteinander zu vereinen, und wo seht Ihr die größten Herausforderungen?**

**Maximilian Leo**: Wir möchten Filme mit Regisseur:innen realisieren, die ihre eigene starke Handschrift haben und die uns mit Hilfe eines internationalen Casts weltweit und in den USA in den Fokus rücken. "Islands" ist unsere achte englischsprachige Produktion. Angefangen hat dieser Weg mit "7500" mit Joseph Gordon-Levitt von [Patrick Vollrath](/person/patrick-vollrath). Kürzlich hatten wir mit "[The Assessment](/movie/the-assessment)" von [Fleur Fortuné](/person/fleur-fortune) mit [Alicia Vikander](/person/alicia-vikander), [Elizabeth Olsen](/person/elizabeth-olsen) und [Himesh Patel](/person/himesh-patel) einen großen Erfolg in [Toronto](/company/toronto-international-film-festival), und als nächstes folgen "[The Fisherwoman](/movie/the-fisherwoman)" von [Brian Kirk](/person/brian-kirk) mit [Emma Thompson](/person/emma-thompson) und "Mother Mary" von[ David Lowery](/person/david-lowery) mit [Anne Hathaway](/person/anne-hathaway) und [Michaela Coel](/person/michaela-coel). Wir wollen mit diesen Filmen genau in die Lücke des „mid budget quality movie“ stoßen, die neben den ganzen Superhelden und Mega-Franchises entstanden ist und die in den letzten Jahren auch Neon oder [A24](/company/a24-films) zu großen Erfolgen verholfen hat. Dazu braucht man einen langen Atem in der Finanzierung und kreative Wege, die Budgets zu stemmen, und natürlich großartige Filmemacher:innen – und genau da setzen wir mit augenschein an. 

**Viele Ihrer Filme wurden mit Unterstützung der Film- und Medienstiftung NRW realisiert. Was bietet NRW als Produktionsstandort, das andere nicht bieten können?**

**Jonas Katzenstein**: Wir sind beide gebürtige Kölner und FC Fans und dadurch stellte sich auch nie die Frage nach dem Sitz der Firma. Aber tatsächlich denken wir, dass für unseren Ansatz, Filme zu produzieren, NRW der weltweit beste Ort ist. In Köln ist alles eng beisammen, zum Grading bei WeFadeToGrey können wir zu Fuß gehen, in den [MMC Studios](/company/mmc-film-und-tv-studios) sind wir in 15 Minuten, einzig zu [LAVALabs](/company/lavalabs-moving-images) müssen wir nach Düsseldorf fahren. Das waren für uns ideale Bedingungen, die Firma und das Profil unserer Projekte immer weiter zu steigern. Mittlerweile sind wir in ganz Deutschland und auch im Ausland aktiv, aber dennoch gibt es zahlreiche Partnerschaften, die wir in fast jedem Projekt fortführen.  Und natürlich hat die Film- und Medienstiftung NRW in der Entwicklung von augenschein eine Schlüsselrolle eingenommen, da sie uns von Beginn an unterstützt haben und auch unsere internationale Strategie, von Deutschland und Nordrhein-Westfalen aus Filme mit Hollywoodstars für den weltweiten Kinomarkt zu produzieren, voll mittragen. Etwas besonderes ist aber auch die Stimmung zwischen den Rheinländischen Produzenten:innen. Wir schätzen das große Miteinander der Szene hier am Standort. 

**Eure Firma ist bekannt für hochwertige internationale Koproduktionen. Ihr gehört zu den Produzenten, die Deutschland im internationalen Kontext als attraktiven Produktionspartner sehen. Wo gibt es noch Verbesserungspotenzial?**

**Maximilian Leo**: Luft nach oben gibt es immer: Wir haben ein super regionales Fördersystem, das in den vergangenen Jahren noch stärker geworden ist. Die aktuelle Erhöhung der steuerlichen Anreize auf  30 Prozent ist in dieser schwierigen Zeit natürlich ein tolles Signal, allerdings im Vergleich zu England, Österreich, Belgien oder den Kanaren immer noch nicht allein wettbewerbsfähig, um große Studioproduktionen als Auftragsproduktionen nach Deutschland zu holen. Man sollte auf jeden Fall noch mehr für Autor:innen tun, ihnen finanzielle und kreative Freiräume ermöglichen, um ihre Stoffe kompromisslos für das Kino entwickeln zu können.  

**Sie haben gesagt, dass in den USA das mittlere Segment von Filmen weggefallen ist, während es in Deutschland durch Förderung noch existiert. Bleibt das auch in nächster Zukunft eine langfristige Chance mit Zukunft für den deutschen Markt oder rechnet Ihr mit Veränderungen?**

**Jonas Katzenstein**: Wir sind in einer guten Ausgangsposition, auch aufgrund unserer guten Kontakte und den bereits erfolgreich realisierten Filmen. Aber klar, es gibt immer mehr Filmemacher:innen und Produzent:innen, die diesen Weg gehen und mit nationalen Talenten internationale Stoffe in Europa umsetzen, wie beispielsweise "[September 5](/movie/september-5)" oder "[The Outrun](/movie/the-outrun)". Durch die Umsetzung auf Englisch und mit dem internationalen Cast erreichen diese Filme ein viel größeres Publikum und damit entsteht schon ein neues internationales Bewusstsein für die Kinoqualität „Made in Germany“.

**Welche Veränderungen muss die neue Regierung für die Filmwirtschaft herbeiführen?**

**Maximilian Leo**: Hier gibt es natürlich viele verschiedene Meinungen. Aber was wir in unseren Augen dringend brauchen, ist schnelle Planungssicherheit und eine Verschlankung der Closing-Prozesse sowie eine Einzahlungsverpflichtung in einer praktikablen Form. 

**Wohin geht die Reise für Augenschein? Gibt es einen bestimmten Genre- oder Produktionsbereich, den Ihr in Zukunft stärker ausbauen möchtet?**

**Jonas Katzenstein**: Wir bleiben beim director-driven Indie-Film, gern im anspruchsvollen Genre-Bereich, da wir da am besten mithalten können. Kurz vor der Fertigstellung steht gerade unser Action-Thriller mit Emma Thompson, und in Postproduktion haben wir David Lowery’s "Mother Mary". Und ganz frisch abgedreht ist unser erster elevated Horrorfilm unter der Regie von [Nikias Chryssos](/person/nikias-chryssos).

NRW@Berlinale: Maximilian Leo und Jonas Katzenstein: "Ein neues Bewusstsein für Kinoqualität 'Made in Germany'"