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Blickpunkt:Film: Wie beurteilen Sie die Autoren-Situation in Deutschland?

Peter Studhalter: Wir sind mit den Autoren, mit denen wir arbeiten, sehr zufrieden. Und wir haben den Eindruck, dass der Markt viele hochqualifizierte Autoren in Deutschland bereithält. Nicht jeder eignet sich für jeden Stoff. Aus Sendersicht besteht die Schwierigkeit darin, den richtigen Autor zu finden für das jeweilige Genre und die jeweilige Aufgabenstellung.

BF: Gibt es Genre spezifische Unterschiede?

PS: Auf jeden Fall. Crime- und Thrillerstoffe sind - dramaturgisch gesehen - eigentlich architektonische Herausforderungen. Im Dramabereich liegt der Schwerpunkt auf den Figuren. Ganz klar, dass wir die Autoren nach ihren spezifischen Qualitäten auswählen. Schwieriger wird es bei Komödien. Unserer Erfahrung nach die Farbe, bei der sich die Autorensuche am Schwierigsten gestaltet. Kann es sein, dass Witz, Leichtigkeit und Komik keine genuin deutschen Tugenden sind?

BF: Wie ist es um den Nachwuchs bestellt?

PS: Aus Zeitgründen arbeiten wir selten mit jungen unerfahrenen Autoren zusammen. Wenn wir dies tun, machen wir in der Regel und zu unserer Überraschung meistens sehr gute Erfahrungen. Eine solche Zusammenarbeit ist aber wesentlich zeitintensiver, verlangt einen größeren Input von redaktioneller Seite und ist nur möglich, wenn keine klar definierte Deadline für das Projekt vorliegt.

BF: Inwiefern profitieren Sie in ihrer Tätigkeit als Redakteur von Ihren Erfahrungen als Autor?

PS: Ich habe einen riesigen Respekt vor der Arbeit des Autors. Selbst marginale Korrekturen können zu umfassenden Veränderungen führen, die für den Autor viel Arbeit bedeuten. Aus diesem Grund versuchen wir Umwege in der Entwicklung zu vermeiden, so gut es geht. Dies gelingt uns nicht immer. Aber immer öfter.

BF: Wie ist aus ihrer Sicht die Stellung des Autors innerhalb der Film- und Fernsehbranche? Wir er angemessen wahrgenommen?

PS: Als Sendermitglied behaupte ich natürlich, dass der Autor angemessen wahrgenommen wird. Als Autor glaube ich, dass das Gegenteil der Fall ist. Wahrgenommen werden in erster Linie Produzenten, Schauspieler und Regisseure. Unsere Arbeit ist aber absolut wirkungslos ohne ein gutes Drehbuch. Ein perfektes Buch ist die erste und wichtigste Grundlage für ein erfolgreiches Movie- oder Serienformat. Noch immer werden in Programmzeitschriften die Autoren verschwiegen. Ich lese nur den Namen des Regisseurs. Ich denke eher, dass wir die Bedeutung der Autorenleistung gewaltig unterschätzen. Aber: dass sich die Situation so darstellt, hat auch mit den Autoren selbst zu tun. Die wenigsten verstehen es, sich in diesem Markt zu positionieren.

BF: Wie stehen Sie dem Modell Autor und Regisseur in Personalunion gegenüber?

PS:In dieser Hinsicht haben wir eher negative Erfahrungen gemacht. Wenn mal eine Ausnahme die Regel bestätigen würde, würden wir uns freuen. Sprich, wir sind allen Arbeitsmodellen gegenüber offen. Grundsätzlich sind wir bei einem kommerziellen Sender dem Quotenerfolg verpflichtet. Und die Redaktion hat als Auftraggeber das Investment eines Movies zu verantworten. Da ist es aus unserer Sicht unabdingbar, daß wir bei gewissen Parametern, die ein Format definieren, mitreden wollen.

BF: Stellen Sie in Ihrer Arbeit nennenswerte Unterschiede zum amerikanischen System fest?

PS: Ja. Teilweise eklatante Unterschiede. Der wichtigste: in den USA gehen die Bücher in Produktion, wenn sie perfekt sind. Ganz anders in Deutschland. Hier stoßen wir schon mal auf beleidigte Gesichter, wenn wir die vierte Fassung einfordern. In diesem Punkt müssten wir alle professioneller denken. Wir können uns heute nur noch Formate leisten, die ein perfektes Buch als Vorlage vorweisen können. Das komische Bauchgefühl, das man hat, wenn man mit einem unfertigen Buch in Produktion geht, verflüchtigt sich nicht, wenn der fertige Film vorliegt. Manchmal braucht es zehn Fassungen, bis man in Dreh gehen kann, manchmal sogar mehrere Autoren oder Autorenreams. Wir haben inzwischen die teuersten Buchentwicklungskosten in der Geschichte des Senders.

Peter Studhalter über die Arbeit mit Drehbuchautoren