Blickpunkt:Film

Kino

Auch wenn Ihr Film diesen Namen trägt, das Zustandekommen des Projekts, das ursprünglich für Warner produziert werden sollte, war alles andere als "reine Formsache".
Das Projekt war schon sehr weit in der Vorbereitung, wovon ich nichts wusste. Als mir das Buch dann angeboten wurde, erfuhr ich selbstverständlich die Vorgeschichte. Die damalige Fassung hat mir allerdings nicht so richtig gefallen, wobei in der Liebesgeschichte zwischen Felix und Pola Aspekte enthalten waren, die ich sehr gut fand, was dann ausschlaggebend für mein Interesse war. Ich sagte unter der Bedingung zu, dass wir das Buch noch einmal überarbeiten, was wir dann auch getan haben. Als wir dann auch noch relativ schnell Christiane Paul für "Reine Formsache" gewinnen konnten, war es ein Film, von dem ich mir plötzlich vorstellen konnte, ihn zu machen.

Was fanden Sie denn so reizvoll an der Beziehung von Felix und Pola?
Ich glaube, jeder kennt das Gefühl einer Trennung. Auf der einen Seite ist man froh und erleichtert, weil es einfach nicht mehr funktioniert hat, andererseits macht man sich Vorwürfe und fragt sich, bei wem die Schuld liegt, ob man nicht selber versagt hat. Vielleicht war es ja genau DIE Frau deines Lebens und du warst nur zu blöd, hast es dir zu leicht gemacht. All das wird jedoch auf eine komödiantische Weise erzählt, leicht und nicht mit dramatischer Schwere.

Welche konkreten Änderungen wurden am Buch vorgenommen?
Meine Stärke ist, denke ich, die Balance zwischen Komödie und Romantik, dass es nicht zu comedylastig wird. Es war mir in der Beziehung zwischen Pola und Felix wichtig, dass ich und hoffentlich auch der Zuschauer sich wiedererkennt in der Schwierigkeit, mit Liebe umzugehen. Die Vorstufe von Pola und Felix ist in der Beziehung zwischen Gustav und Effi zu finden. Man merkt, dass es da mal eine große Liebe gab, die plötzlich steckengeblieben ist, beide fühlen sich beengt. Wito und Ada hingegen haben sich erst kennen gelernt, da brodelt die Eifersucht noch so richtig. Diese Abstufungen, diese verschiedenen Stadien der Liebe wollte ich stärker herausarbeiten.

Wie ist die Arbeit, wenn im Falle von Bela Jarzyk der Autor auch der Produzent ist?
Sehr angenehm. Es ist hilfreich, wenn ein Produzent weiß, was er will. Das gibt es sehr selten in Deutschland, auch dass jemand so leidenschaftlich für seinen Stoff kämpft. Es war eine sehr anstrengende, aber positive Zusammenarbeit, die ich so noch nicht kannte. Bela bringt sich künstlerisch ein, mischt sich ein, ist sehr kreativ und scheut keinen Konflikt, wobei diese Konflikte immer kreative und nie persönliche Dinge betrafen.
Sie drehen sehr häufig Komödien. Was reizt Sie an diesem Genre?
Komödien sind unterhaltsam. Ich will eigentlich unterhalten und den Zuschauer nicht überfordern, was natürlich auch mit anderen Genres geht. Mich reizt einfach die Balance zwischen komischen und dramatischen Momenten, es gibt in "Reine Formsache" auch ein paar Momente, die einen die Tränen in die Augen treiben. Ein Film, bei dem man nur weint, ist anstrengend, das erschöpft sich auch. Was gibt es Schöneres, als im Kino zu lachen und zu weinen, die ganze Gefühlspalette auszuschöpfen? Generell gibt es hierzulande ein Problem mit unterhaltenden Formaten, wir müssen uns immer zu dem, was auf der Leinwand passiert, positionieren, anstatt einfach eine gute Zeit zu haben, auch wenn man vielleicht nicht tausend neue Sachen lernt. Für große intellektuelle Stories ist das Genre auch nicht geeignet, da muss man andere Filme drehen. Auch einen Film zu drehen, der im Hier und Jetzt spielt, traut sich keiner. Alle Filme, die jetzt anlaufen, spielen in unserer alten Vergangenheit, mit der Gegenwart tun wir uns schwer.

Woran könnte das Ihrer Meinung nach liegen?
Wir nehmen die Figuren nicht ernst genug, sie wirken zu ausgedacht und künstlich. Die Charaktere, die gezeigt werden, sind nicht richtig verankert im Deutschland, in dem wir jetzt leben, mit seinen ganzen Widersprüchen, dass es beispielsweise Hartz IV gibt, die Leute aber trotzdem Spaß haben wollen. Ich habe den Eindruck, wir verrennen uns da meist in nur einen Aspekt, den tragischen oder den komischen, und dann wirkt es zu ausgedacht. Was die Engländer und Amerikaner besser können ist, von Figuren zu erzählen, die es gibt, die wir tatsächlich kennen. Das war mir bei meinen Figuren, so komödiantisch sie hoffentlich sein mögen, immer sehr wichtig. Eine Frau wie Pola kennt jeder, da kann sich jeder hineinversetzen, bei Felix ist es einen Tick schwieriger, er ist etwas künstlich, dadurch, dass er zum Beispiel in Kasinos spielt. Aber das ist halt Romantic Comedy. Es wird keiner [Hugh Grant](/person/hugh-grant) vorwerfen, dass er in "[About a Boy](/movie/about-a-boy)" nichts verdient oder sein Vater ein blödes Weihnachtslied gesungen hat. Bei deutschen Schauspielern heißt es hingegen "Das stimmt doch nicht" und die Nörgelei geht los. ako

Ralf Huettner zu "Reine Formsache"