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Kino

Blickpunkt:Film: Wie sind Sie auf Kleist gekommen?


Christoph Stark: Mein Koautor [Jochen Bitzer](/person/jochen-bitzer) kam mit der Idee und meinte, dass man die Geschichte von der im bewusstlosen Zustand geschwängerten Marquise wunderbar von 1799 auf 2001 übertragen könne. Wir fanden, dass die Story nur mit Jugendlichen klappen kann, weil Leute über 30 sich damit anders auseinander setzen. Ein wenig haben wir auch an des "Käthchen von Heilbronn" gedacht. Klassiker stellen einen großen Schatz an Stoffen dar, ebenso antike Dramen. Dass diese Quellen bei uns so wenig genutzt werden, liegt daran, dass es hierzulande keine wirkliche Kinokultur mehr gibt. Das Kino ist ein Tummelplatz für Komödien. Nichts gegen Komödien, ich würde auch sehr gern eine machen, aber nicht so auf Witz hin inszenieren. Gute Komödien sind Dramen, die lustig erzählt sind.


BF: Was ist "Julietta" für Sie?


CS: Ein melodramatischer Film. Die Kids, die "Julietta" in Previews gesehen haben, nennen es "einen abgefahrenen Großstadtfilm". Sie finden sich in der Geschichte wieder, weil nicht alles ausgesprochen wird, und sie nicht das Gefühl haben, manipuliert zu werden durch einen sich anbiedernden Film.


BF: Wie schwierig war es, "Julietta" finanziell auf die Beine zu stellen?


CS: Ziemlich. Wir hatten etwa 3,5 Mio. Mark Budget. Im Laufe der Entscheidungszeit gab es auch mal den Plan, mit Handkamera zu drehen, die Geschichte ganz schnell zu erzählen. Aber ein Jahr später habe ich zu Jochen Bitzer gesagt: Ich denke, wir machen einen ganz langsamen Film, das Schnelle funktioniert nicht. Die Kids sehen das bei MTV, aber das heißt noch lange nicht, dass es ihnen auf 90 Minuten gefällt. Wichtig war, dass es mir nicht gefallen hat. Wir hatten 35 Drehtage und überlegten, wie wir in der relativ knappen Zeit richtige Kinobilder schaffen könnten. Wir haben uns entschlossen, keine Nebenfiguren und keine Gegenschnitte zu drehen. Bei den Mustern sind wir manchmal gestorben vor Aufregung, denn wenn etwas nicht funktioniert hätte, hätte ich es nicht wegschneiden können, weil es keine Gegenschnitte gab. Das was extrem spannend und es ist gut gegangen. Solche Momente gehören zum Filmemachen dazu.


BF: Was ist für Sie das Wichtigste für einen guten Film?


CS: Das Drehbuch, die Schauspieler und eine lange, lange Vorbereitung. Um ein gutes Drehbuch zu schreiben, sollte man ein Jahr Zeit haben. Alle Details müssen stimmen. Das Problem ist, dass diese Zeit nicht bezahlt wird und man sie sich deshalb kaum leisten kann. Ich brauche wenigstens vier bis fünf Wochen Vorbereitungszeit mit meinem Kameramann und den Darstellern, zwei Wochen bekomme ich normalerweise. Bei "Julietta" ging es ganz gut, fast ein halbes Jahr habe ich mit dem Kameramann vorbereitet, dann vor Drehbeginn vier Wochen mit [Lavinia Wilson](/person/lavinia-wilson) und zwei Wochen mit [Barnaby Metschurat](/person/barnaby-metschurat) und [Matthias Koeberlin](/person/matthias-koeberlin). Wir haben jede Szene durchgeprobt, das ist super, weil man die Auflösungen genau durcharbeiten kann und so den emotionalen Bogen für das Ganze kriegt.


BF: Kurz vor der "Julietta"-Premiere läuft bei [RTL](/company/rtl-television) ihr TV-Zweiteiler "[Das sündige Mädchen](/movie/das-suendige-maedchen)". Arbeiten Sie fürs Fernsehen anders als fürs Kino?


CG: Eigentlich nicht. Eine gute Geschichte muss man gut erzählen, egal ob fürs Fernsehen oder fürs Kino. "Das sündige Mädchen" nach Motiven aus dem Leben von Ex-Pornostar [Sibylle Rauch](/person/sybille-rauch) wurde mir angeboten, [Anna Loos](/person/anna-loos) in der Hauptrolle stand bereits fest, was ich gut fand, und Jochen Bitzer und ich haben dann nur noch das entsetzliche Drehbuch etwas überarbeitet, aber vier Woche reichen dafür kaum. Für mich war der ganze Film eine heilsame Erfahrung.

Regisseur Christoph Stark zu "Julietta"