Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Bei "Die Bourne Identität" gab es Budgetüberziehung, Nachdrehs und Auseinandersetzungen mit Universal. Würden Sie wieder für ein Studio drehen wollen?

Doug Liman: In jedem Fall. Ohne einen Major hätte ich nie die Ressourcen bekommen, diesen Film zu machen. Die Beziehung zwischen mir und dem Studio war wie zwischen einem Kind und seinen Eltern: Du hasst deine Eltern, aber brauchst sie auch. Manchmal wissen sie, was besser für dich ist, manchmal nicht. Letztlich konnte ich den Film so realisieren und schneiden, wie ich ihn wollte.

Beziehung wie zwischen Eltern und Kind

BF: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Universal?

DL: Ich hatte "Die Bourne Identität" mit Autor [Tony Gilroy](/person/tony-gilroy) entwickelt, dann kam Matt Damon an Bord. Dieses Paket wollten mehrere Studios haben. Bevor ich jemanden den Zuschlag erteilte, fragte ich bei anderen Filmemacher nach, mit welchem Major sich gut arbeiten lässt. Universal wurde dabei sehr positiv beurteilt. Entscheidend war, dass sie auch weniger etablierten Leute eine Chance gaben, interessante Filme zu machen. Das zeigt etwa "[Erin Brockovich](/movie/erin-brockovich-eine-wahre-geschichte)".

BF: Wie kam es zu den Differenzen?

DL: Wegen des drohenden Schauspieler-Streiks mussten wir mit der Arbeit anfangen, obwohl das Skript noch nicht fertig war. Ich hätte das Ganze auch so runterkurbeln können. Das hätte jedem das Leben einfacher gemacht. Aber meine vorhergehenden Filme "[Swingers](/movie/swingers)" und "Go" waren sehr persönliche Geschichten gewesen. Und ich wollte keine 08/15-Studioproduktion machen, die das verraten hätte.

BF: Wie hielten Sie unter so schwierigen Umständen Ihr Team bei Stimmung?

DL: Ich besitze eine Fähigkeit, die sich empirisch nachweisen lässt: Die Leute um mich herum haben Spaß, egal ob bei einer Party oder am Set. Denn ich kann mir immer einreden, dass alles in Ordnung sei. Und das steckt an.

BF: Gab es Momente, wo Sie Ihre gute Laune verließ?

DL: Meistens dann, wenn ich mit Tony Gilroy arbeitete. Das lag nicht an ihm. Ich stand unter Dauerstress, weil ich mich nach einem zwölfstündigen Drehtag noch mit Studio und Skript auseinander setzen musste. Und jeder glaubte, ich würde ihm nicht genug Zeit geben. Am Set selbst ließ ich mir nie etwas anmerken, aber in der Zeit danach war ich
für Tony nicht immer leicht zu genießen.

BF: Wer kam auf die Idee, [Franka Potente](/person/franka-potente) zu besetzen?

DL: Die Rolle der Marie war von Anfang an für Franka geplant. Sogar die Dialoge waren auf sie hingeschrieben. Das ist das Schöne bei einer Studioproduktion: Du kannst die Schauspieler anheuern, die du haben willst. Bei einem Independent-Film sagst man nur, wir brauchen jemanden wie Franka Potente.

"Wir sind Überlebende"

BF: Sie haben auch die Rechte an den anderen "Bourne"-Romanen. Planen Sie eine Fortsetzung?

DL: Grundsätzlich mag ich keine Sequels, weil sie meist nicht so gut sind wie das Original. Aber durch den "Bourne"-Dreh habe ich eine ganz besondere Beziehung zu Matt und Franka aufgebaut. Ich hatte vorher keine Ahnung, was wir alles zusammen durchmachen würden. Jetzt sind wir so etwas wie Überlebende. Deshalb wäre ich begeistert, wenn wir wieder zusammen drehen könnten.

BF: Welchen Film gibt es als Nächstes von Ihnen zu sehen?

DL: Zurzeit bereite ich mit meiner Firma Hypnotic verschiedene TV-Projekte vor. Diese eignen sich sehr gut für politische Themen, die mich interessieren. In "Die Bourne Identität" konnte ich zwar meine persönlichen Ansichten zur amerikanischen Außenpolitik hineinpacken, aber natürlich ist das kein politischer Film. Außerdem produzieren wir Projekte junger Regisseure. So leiten wir das Chrysler Million $ Film Festival. In einem einjährigen Ausscheidungsprozess ermitteln wir einen Filmemacher, der einen Film für eine Million finanziert bekommt. Der Gewinner wird beim Toronto Film Festival bekannt gegeben.

BF: Haben Sie für so etwas noch Zeit?

DL: Einer der schönsten Aspekte meines Jobs ist es, mit anderen Filmemachern zu arbeiten und meine Erfahrungen an sie weiterzugeben. Im Vorfeld von "Die Bourne Identität" habe ich selbst sehr viel Hilfe und Rat von Kollegen bekommen. Wenn sich Filmemacher so unterstützen und zusammenhalten, dann gibt es wirklich Hoffnung für das amerikanische Kino.

Regisseur Doug Liman zu "Die Bourne Identität"