Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie konnten Sie sich die Mitwirkung zweier so großer Stars wie Brad Pitt und Julia Roberts sichern?


Gore Verbinski: Ich wäre stolz, wenn sie wegen mir zugesagt hätten. Tatsächlich waren Julia und Brad vom Drehbuch unheimlich beeindruckt. Für mich war die Geschichte in der Geschichte das Interessante an dem Projekt, wie die Legende der mexikanischen Pistole die Figuren 150 Jahre später beeinflusst und sie auf ihre Reise schickt.


BF: Offensichtlich ließen Sie sich auch von [Sam Peckinpahs](/person/sam-peckinpah) "[Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia](/movie/bring-mir-den-kopf-von-alfredo-garcia)" inspirieren.


GV: Diesen Film sahen wir uns am häufigsten an, weil Peckinpah darin ein sehr authentisches Mexiko zeigt. Er ist nicht wie "The Wild Bunch", bei dem er einen neuen visuellen Stil kreierte. Außerdem wird [Warren Oates](/person/warren-oates) in "Alfredo Garcia" zum Helden, ohne dass er es merkt. Ähnlich wollten wir auch bei der Figur von Brad Pitt arbeiten, ihn zunächst mehr als liebenswerten Loser erscheinen und dann während des Filmes heldenhafter werden lassen.


BF: Welche visuellen Vorgaben gab es für Sie bei der Erzählung der Geschichte?


GV: Wir haben versucht, der Geschichte überhaupt kein bestimmtes visuelles Konzept aufzudrücken. Normalerweise zeichne ich sehr ausgefeilte Storyboards und überlege mir jede Kleinigkeit so genau wie möglich. Aber wenn man so exzellente Schauspieler zur Verfügung hat, versucht man alles bis zur letzten Minute offen zu lassen, so dass der Film weniger intellektuell und mehr intuitiv und organisch wirkt. Von Anfang an versuchten wir, so wenig wie möglich zu stilisieren. Der Stil soll aus der Bildgestaltung und der Darstellung entstehen und nicht von Ausstattung und Kostümen bestimmt werden.


BF: Haben Sie befürchtet, dass Ihre beiden Stars den Film übernehmen könnten?


GV: Das ist erst mein zweiter Film. Ich fürchtete tatsächlich, dass die Stars meinen Film übernehmen könnten. Das selbe gilt für Manager und Agenten. Man möchte einfach mit Leuten zusammenarbeiten, die auch das gleiche Ziel verfolgen. Ich hatte Glück. Brad, Julia und [James Gandolfini](/person/james-gandolfini) leben nicht im Elfenbeinturm, sondern in der selben Welt wie wir. Brad half wie jeder andere mit, das Equipment zu tragen. Jedem lag das Projekt am Herzen, das machte meinen Job leichter.


BF: Wie verliefen die Dreharbeiten in Mexiko?


GV: Wir haben einen sehr kleinen Film gemacht, für nur 35 Mio. Dollar - weniger als die Gagen, die beiden Stars zusammen gewöhnlich bezahlt bekommen. Wir entschieden uns, ihn so zu machen, dass wir mit kleinem Team sehr schnell die Location wechseln konnten. Wir drehten die meiste Zeit in Mexiko, in der Ortschaft Real de Catorce, zu der ein Tunnel führt, der zu niedrig für einen Truck oder ein Wohnmobil ist, so dass alle bei Leuten dort unterkamen und zu Fuß zum Dreh gingen. Fast der ganze Film wurde mit Handkamera gedreht, ohne viel Extrabeleuchtung. Bei den meisten Filmen schaut man sich eine Location an, sagen wir ein Hotelzimmer, und man baut den Innenraum im Studio nach, wo man durchs Fenster beleuchten kann. Bei "The Mexican" drehten wir direkt in den Hotelzimmern und kämpften mit der Klimaanlage. Es war eher eine Art Guerilla-Filmemachen. Das kann einschränken, doch in unserem Fall war es befreiend.


BF: Gab es Probleme wegen dem Titel?


GV: So ein Titel kommt bei Testvorführungen nicht sehr gut an. Man muss erklären, dass nicht [Charlton Heston](/person/charlton-heston) mit schwarzer Schuhcreme im Haar mitspielt. Und "The Mexican" ist die Waffe, nicht Brad Pitt. Der Titel machte es tatsächlich schwieriger, den Film zu verkaufen. Mal ehrlich: Wenn wir den Film "The Canadian" genannt hätten, wäre das politisch unkorrekt gewesen? Ich glaube nicht. Wenn man das Drehbuch gelesen hat, war "The Mexican" der genau richtige Titel. Und wir kämpften darum, ihn zu behalten.


BF: Wie kam es zum Cameoauftritt von [Gene Hackman](/person/gene-hackman)?


GV: Das Drehbuch verlangt eine "Die Spur des Falken"-Szene, in der am Ende eine Figur erklärt, was passiert ist. Eine solche Szene ist immer sehr diffizil. Wir brauchten also einen außerordentlichen Schauspieler, dem man gerne zuhört. [Jeffrey Katzenberg](/person/jeffrey-katzenberg) bekam Gene Hackman. Der flog nach Mexiko und fuhr quer durch die Wüste, um für eineinhalb Tage zu drehen. Normalerweise verlangt er immer seine volle Gage, doch auch er bekam viel weniger. Als er zurückfuhr, scherzte er: "Ich habe damit jemandem einen Gefallen getan, aber ich weiß nicht mehr, wem."


BF: Wie beurteilen Sie im Nachhinein Ihre Erfahrungen mit "The Mexican"?


GV: Ich habe zwar keine Fingernägel mehr, aber es war wunderbar, mit so tollen Schauspielern zusammenzuarbeiten. Wenn im Drehbuch dreieinhalb Seiten lang eine Szene beschreiben wird, in der zwei Leute in einem Diner sitzen, will man unbedingt zwei Schauspieler, denen man gerne dabei zusieht, die nicht langweilen. Und mir hat es viel Spaß gemacht, die beiden zu beobachten, dass ich sogar manchmal vergessen habe, "Cut!" zu rufen.

Regisseur Gore Verbinski zu "Mexican"