Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Ein Biopic über ein geistig gestörtes Genie - ein Stoff wie geschaffen für die [Academy](/company/academy-of-motion-picture-arts-and-sciences).


Ron Howard: Ich hoffe doch, dass sie Recht haben. Offen gestanden, ist mir das natürlich selbst aufgefallen. "A Beautiful Mind" entspricht durchaus dem Grundmuster, das von der Academy geschätzt wird. Andererseits: Das darf kein Grund sein, ein solches Projekt auszuwählen.


BF: Wie wichtig wäre denn der Oscar für Sie?


RH: Von Jahr zu Jahr wird er mir weniger wichtig. Als man mich bei "[Apollo 13](/movie/apollo-13)" bei den Nominierungen überging, war ich schon deprimiert. Damals drehte ich "[Kopfgeld](/movie/kopfgeld-einer-muss-bezahlen)" mit [Mel Gibson](/person/mel-gibson), der gerade für "[Braveheart](/movie/braveheart)" nominiert worden war. Aber es half nichts: Ich musste am nächsten Tag wieder aufstehen und weitermachen. Daran bin ich sozusagen menschlich gewachsen. Jetzt ist der Druck viel geringer.


BF: Warum haben Sie dann "Beautiful Mind" gemacht?


RH: Mein Partner [Brian Grazer](/person/brian-grazer) betrachtete Geisteskrankheit schon immer als faszinierendes Filmsujet. Wir entwickelten bereits zwei andere Stoffe zu diesem Thema, als Brian einen "Vanity Fair"-Artikel über John Nash entdeckte. Die Geschichte war so packend, dass wir sie in Entwicklung gaben. Die dramaturgischen Probleme bei den ersten beiden Projekten waren nicht zu lösen, aber gleichzeitig entwickelte [Akiva Goldsman](/person/akiva-goldsman) ein starkes Skript für "A Beautiful Mind".


BF: Das sich gewisse Freiheiten gegenüber der realen Biografie herausnimmt.


RH: Akiva hat sich auf drei Schlüsselperioden in Nashs Leben konzentriert und sie dramaturgisch durchgestaltet. Wir haben auch versucht, andere Elemente der Biografie aufzunehmen, aber jedes davon war so interessant, es hätte von der Haupthandlung abgelenkt. Aber ich denke, trotz aller Vereinfachungen und fiktionalen Elemente haben wir es doch geschafft, die essenzielle Wahrheit seines Lebens wiederzugeben.


BF: Andere Regisseure müssen um die Finanzierung ihrer Projekte ringen. Können Sie mit Ihrer Firma Imagine jeden Film machen, den Sie wollen?


RH: Ja, sofern das Budget nicht die Durchschnittskosten eines Hollywood-Films überschreitet, also rund 60 Millionen Dollar. Andererseits möchte ich mit einem Studio zusammenarbeiten, das an den Film glaubt. Sonst würden es ihn nicht ordentlich vermarkten.


BF: Dreamworks und Universal sind also die idealen Partner?


RH: Ich war glücklich, dass sie das Geld investiert haben. Aber zunächst waren sie auch sehr skeptisch und nervös. Denn nach ihrem Maßstab war "A Beautiful Mind" ein riskantes Projekt. Fast wären wir damit zu einem anderen Studio gegangen. Doch nach ein bisschen Kampf hat alles geklappt.


BF: Dabei produzier-ten die Studios früher laufend Filme mit erwachsenen Themen. Heute kriegen sie kalte Füße.


RH: Die Filmlandschaft hat sich verändert. Die Studios ziehen sich von kleineren und schwieriger vermarktbaren Produktionen zurück. Diese werden immer noch gemacht, von unabhängi-gen Produktionsfirmen für weniger Geld. Die Studios dagegen stecken ihr Geld lieber in sündteure Genrefilme, bei welchen sie das Zielpublikum genau definieren können. "A Beautiful Mind" dagegen war die Ausnahme von der Regel. Dieser Film hat ihnen Angst gemacht.


BF: Sie reduzieren das Risiko, indem Sie Stars wie [Tom Hanks](/person/tom-hanks) oder [Russell Crowe](/person/russell-crowe) besetzen.


RH: Als ich mit Russell wegen der Rolle sprach, war "[Gladiator](/movie/gladiator)" noch nicht herausgekommen. Abgesehen davon, war ich mir nicht einmal sicher, ob er Nash überhaupt spielen konnte. Ich hatte ihn auch für die Nebenrolle des Agenten Parcher im Visier. Und was Tom Hanks angeht - er hat einige sehr gewagte Projekte angenommen, die nur aus heutiger Sicht wie sichere Erfolge aussahen. Als wir "Apollo 13" machten, war unser Vorläufer, "Der Stoff, aus dem die Helden sind", ein finanzielles Fiasko.


BF: Wie sieht der nächste Ron-Howard-Film aus: gewagtes Unterfangen oder sicherer Erfolg?


RH: Ich arbeite an einer historisch korrekten Darstellung der Schlacht von Alamo. Robert Rodat schreibt ein Drehbuch über die Plünderung Roms in der Renaissance. Außerdem möchte ich einen Film über einen ausgebrannten Pianospieler machen, der den Rekord im Dauerklavierspiel bricht, eine Art "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss" mit schwarzem Humor. Alles in allem gewagte Unterfangen. Aber hoffentlich erklärt sie jeder nachher zur sicheren Nummer.

Regisseur Ron Howard zu "A Beautiful Mind"