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Blickpunkt:Film: Ist "Monsoon Wedding" mehr als eine Komödie?


Mira Nair: "Monsoon Wedding" ist die Geschichte einer Punjabi-Familie im heutigen Indien und eine Hommage an Neu-Delhi, so wie "[Salaam Bombay](/movie/salaam-bombay)" an Bombay. Wir lieben das Leben und arbeiten trotzdem hart, kennen auch im Feiern keine Grenzen. Von diesem Film für die ganze Familie sollten sich Intellektuelle wie Menschen aus einfachen Schichten gleichermaßen angesprochen fühlen.


BF: Trotz aller Leichtigkeit behandeln Sie am Ende das heikle Thema Kindesmissbrauch.


MN: Familienfeiern sind nicht nur ein Hort von Friede, Freude, Eierkuchen. Jede Familie hütet ein dunkles Geheimnis, das in Ausnahmesituationen gelüftet wird. Das passiert nicht nur in Indien, sondern überall. Wir haben den Film für den internationalen Markt produziert, auch wenn er durch und durch indisch ist. Nicht umsonst lief die Finanzierung größtenteils über internationale Pre-Sales.


BF: Ihr Film zeigt eine indische Gesellschaft im Wandel.


MN: Wir versuchen Tradition und Moderne zu verbinden, was natürlich nicht immer gelingt. Aber wir haben im Laufe der Jahrhunderte gelernt, jeglicher Form von Kulturimperialismus zu widerstehen. Wir absorbieren fremde Kulturen, leihen und stehlen uns etwas, verlieren dabei nie unsere Wurzeln und machen aus den verschiedenen Fragmenten etwas Eigenes. Diese Assimilationskunst beherrschen Inder aus dem FF, das hilft beim Überleben. Von anderen nicht verschlungen zu werden, gehört zu unserer Geschichte.


BF: Die Handlung ist für indische Verhältnisse sehr freizügig und offen.


MN: Ich hoffe, nicht wieder in die Mühlen der Zensur zu geraten wie bei "[Kama Sutra](/movie/kama-sutra)". Wir starten den Film zuerst in Indien. Mein dortiger Mainstream-Verleiher mag ihn und beim Publikum sollte er auf Grund seiner Wirklichkeitsnähe und Nähe zu Bollywood-Filmen ankommen.


BF: Wie erklären Sie den Erfolg von Bollywood-Filmen?


MN: Bollywood-Musik und -Filme gehören zu unserem Alltag. "Monsoon Wedding" beruft sich in Musik und visueller Umsetzung auf die Tradition konventioneller Bollywood-Filme, deren Mechanismen ich auf persönliche Art verarbeite. Es gibt immer Modewellen. Zurzeit ist Indisches in. Davon profitieren die Bollywood-Filme, deren Qualität steigt und damit die Exportfähigkeit. Zu Hause erreichten wir schon immer ein Riesenpublikum, auch in Osteuropa, Russland, Asien, Afrika und dem Mittleren Osten waren wir gefragt. Jetzt wacht endlich auch Europa auf und zeigt Interesse.

"Zurzeit ist Indisches in"


BF: Wie haben Sie mit der Unmenge von Schauspielern gearbeitet?


MN: Drei Wochen dauerte die Proben mit 67 Schauspielern, ein Lehrer gab uns jeden Morgen Yoga-Stunden, damit wir unser Gleichgewicht wahrten. Eine Woche vor Drehbeginn sind wir zusammen in das Haus gezogen, in dem gefilmt wurde, um die reale Atmosphäre zu empfinden, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Ich finde es schrecklich, wildfremde Schauspieler aufeinander zu hetzen. Rückblickend war es Stress, denn vor Fertigstellung des Drehbuchs habe ich mich mit meinem Produzenten auf 30 Drehtage geeinigt, eigentlich viel zu kurz.


BF: Lief dennoch alles glatt?


MN: Schwierig war es, bekannte Schauspieler wie Naseeruddin Shah so lange bei der Stange zu halten, weil sie anderweitige Verpflichtungen hatten. Um Zeit zu sparen, drehten wir beispielsweise die großen Tanzszenen mit 200 Beteiligten an nur einem Tag. Das Schlimmste: Vier wichtige Szenen, die wir nicht nachdrehen konnten, wurden bei der Verschiffung zerstört. Ich stand vor dem Nervenzusammenbruch. Gott sei Dank sprang die Versicherung für die exorbitanten Kosten des digitalisierten Reparaturverfahrens ein.


BF: Sie pendeln zwischen Manhattan, Indien und Uganda, wo Ihr Mann lebt. Inspiriert Sie dieser ständige Ortswechsel?


MN: Mir gefällt dieses Kontinent-Hopping. Die USA sind zu sehr auf sich bezogen, ich benötige die weite Sicht auf die Welt. Da mich meine Familie unterstützt, kann ich frei herumzigeunern und Filme drehen, wo ich will, und bleibe hoffentlich auch mir selbst dabei treu.


BF: Was steht als Nächstes an?


MN: Ich habe gerade "Hysterical Blindness" mit [Uma Thurman](/person/uma-thurman) und [Gena Rowlands](/person/gena-rowlands) beendet. Die Produktion für HBO wird auch in den USA und anderen Ländern ins Kino kommen. Zwar bin ich jetzt reif für die Insel, aber dennoch offen für alles. [Susan Sarandon](/person/susan-sarandon) hat mir ein tolles Skript angeboten, das ich mit [Johnny Depp](/person/johnny-depp) realisieren möchte.

Regisseurin Mira Nair zu "Monsoon Wedding"