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Blickpunkt:Film: "Star Search" hatte am zweiten Wochenende sehr gute Quoten. Hatten Sie mit einen solch starken Zuspruch gleich von Beginn an gerechnet?

Matthias Alberti: Ja, ich habe diese Quoten erwartet, da das Format gut umgesetzt ist und wir gute Kandidaten haben. Ich bin froh, dass wir neue Zuschauerschichten und -strukturen mit "Star Search" ansprechen. Dadurch verbinden wir unsere Stammseher mit neuen Potential aus der Gruppe der 14-29-jährigen. Das ist eine Entwicklung, die uns immens gut tut, da wir im "Star Search"-Umfeld unsere anderen Programmprodukte platzieren und die Leute sehen können, was wir noch zu bieten haben.

BF: Wie gelingt es das Einzigartige von "Star Search" über die Laufzeit des Formats zu erhalten und gegenüber anderen Castingshows abzugrenzen?

MA: Erhalten kann man das nur, wenn man die richtigen Leute findet, die sich später im Markt behaupten können wie z.B. die "No Angels" oder "Bro'Sis", die beide aus "Popstars" hervor gegangen sind. Die Funktion von "Star Search" ist, Talente zu suchen, die später Erfolg haben. Das sieht man auch an der Vorabaufnahme von "Every Single Star", den alle 16 Kandidaten der Kategorie MUSIC ACT ab 16 eingespielt haben und die zeigt, wie brillant diese Stimmen sind. Die Gewinnerin oder der Gewinner sind bei unserem Kooperationspartner und Marktführer Universal Music sehr gut aufgehoben, um eine Karriere zu starten. Ferner schauen wir auch, dass die besten Comedians an den Sender gebunden bleiben, dass die Zuschauer später sagen: "Die kommen von 'Star Search'". Bei den Models wird es heißen, sie sind bei "Star Search" entdeckt worden, aber es wird natürlich nicht so stark zurückstrahlen können, weil es ein anderes Medium ist. Ich bin froh, dass wir im Gegensatz zu anderen Formaten, die nur erwachsene Sänger zulassen, die Kinderkategorie in der Show haben. Wir können den Kindern, die einen riesigen Ehrgeiz haben, mal wie ihre älteren Geschwister auf der Bühne zu stehen und sich beweisen zu können, eine Gelegenheit geben dies zu tun. So kann man sich Zuschauer erhalten und die Farbe weiter spinnen. Die Abgrenzung gegenüber anderen Castingshows sehe ich unproblematisch. Der TV-Zuschauer hat berechtigterweise für seinen TV-Konsum eine Ein- oder Zweiwochendramaturgie, die sich an seiner Fernsehzeitschrift orientiert. Die Frage: ist das der Overkill der Castingshows?, können wir nur peu-á-peu beantworten, nämlich nach dem Zuschauerverhalten. Wenn wir gute Kandidaten und gute Unterhaltung bieten und es uns gelingt den Zuschauer im Fortlauf des Programms zu emotionalisieren, und er also sehen will wie "sein" Kandidat abschneidet, dann liegen wir mit dem Programm sehr weit vorne.

BF: Kann man mit einem Kandidaten wie Jean-Pierre, der ja überraschend ausgeschieden ist, dahin gehend weiter arbeiten, das es dem Programm dient oder ist das nicht Sinn der Sache, weil es doch nur um den einen Gewinner geht?

AM: Um den Menschen Jean-Pierre kümmern wir uns sehr. Denn unsere Kandidaten nehmen all ihren Mut zusammen und stellen sich auf die Bühne. Durch die Abwahl stürzen sie oft in ein tiefes Loch und haben das Gefühl, sie hätten verloren. Deshalb arbeiten wir mit Psychologen, die aufzeigen, dass eine Nominierung schon ein Gewinn ist. Jean-Pierre ist auch noch da, er mag den Kosmos und wir wollen ihn uns auch erhalten. Konkret ist es vorerst schwierig eine On-Air-Performance der ausgeschiedenen Kandidaten zu kreieren, da wir im jetzigen Stadium der Show alle Kraft auf die Gewinner setzen müssen, um die Kandidaten zu emotionalisieren und die Perspektive - entsprechend eines Tenniswettkampfs - nach vorne auszurichten. Das ist für den Start und die ersten Wochen des Projekts "Star Search" wichtig. Aber: menschlich fangen wir die Leute auf und wir schauen auch wie man die Talente unterbringen kann. "Every Single Star" ist ein Projekt, das wir bewusst vor dem Start aufgenommen haben. Es motiviert alle und man sieht: wir meinen es ernst. So gibt es nach dem Ausscheiden kein ganz so großes Loch, denn auch die ausgeschiedenen Kandidaten sind über den Song, der weiter läuft, noch immer im Bewusstsein des Publikums.

BF: Was soll den Zuschauern in "Star Search" an Konflikten und Emotionen geboten werden? In der Samstagssendung des zweiten "Star Search"-Wochenendes (13.7.) war die Jury so kritisch, dass es zu Widerworten von zwei Kandidaten kam, in der Sendung darauf, war die Jury extrem freundlich und großzügig.

MA: Juroren sind auch nur Menschen. Sie machen sich einen Eindruck von den Kandidaten, die sie in diesem Moment zum ersten Mal sehen. Egal welche Punktzahl sie geben, es ist o.k.. Ich stimme zu, dass die eine oder andere Begründung mal knapper ist als angestrebt. Das kann man ihnen nur bedingt zum Vorwurf machen, da wir auf die Länge der Sendezeit achten. Da fällt schon mal der ein oder andere Satz unter den Tisch, den man gerne gehört hätte. Die enorme Bandbreite gerade von Hugo Egon Balder war am Samstag und Sonntag erlebbar. Am Samstag votete er klipp und klar "in unserem Haifischbecken kannst du nicht überleben und wenn wir dir Flausen in den Kopf setzen, weil wir dir vier Punkte geben, obwohl du nicht witzig bist, dann tun wir dir damit keinen Gefallen". Wer in den Augen der Jury keine Chance hat, sollte seinen Hauptberuf besser nicht aufgeben. Dafür sollten die Kandidaten der Jury dankbar sein. In besagter Samstagssendung kam ein Vater auf uns zu, der sich dafür bedankte, dass die Jury sein Kind so deutlich bewertet hatte, weil es nur Flausen im Kopf hatte und nun wieder auf dem Boden der Tatsachen ist. Wir müssen allerdings aufpassen, dass die harten, ehrlichen Bewertungen nicht als Beleidigungen aufgefasst werden. Da ist der Pfad - wie im wirklichen Leben auch - schmal.

BF: So gesehen, ist die Juryentscheidung ein Korrektiv, denn das Zuschauervotum orientiert sich doch eher an Sympathien.

MA: Die Jury nimmt ihren Job ernst. Jeannette Biedermann ist bei Universal. Sie weiß, wie die Musikbranche funktioniert. Wenn sie jemanden sehr positiv bewertet, dann müssen er oder sie sehr gut sein und später auf dem Plattenmarkt bestehen können. Hugo weiß, dass später mit dem Gewinner eine Sendung produziert wird und sein Name damit verbunden wird, dass die Sendung ein Erfolg wird. Alexandra Kamp steht mit ihrem Namen dafür, dass ihre Bewertungen berücksichtigen, ob die Kandidaten in den Glamourzeitschriften bestehen können. Die Juroren haben auch einen Ruf zu verlieren. Sie müssen streng und auch mal schonungslos sein. Wenn Hugo sagt, hör auf, Comedy zu machen, dann ist das ehrlich, auch wenn es sich hart klingt.

BF: "Star Search" steht im Augenblick im Zentrum der Aufmerksamkeit, doch welche Formate gehören noch zur Sat.1-Unterhaltungsabteilung?

MA: Wir starten morgens um 11 Uhr mit den Daily Talks, dann geht es weiter über "Zwei bei Kallwass" zu den Court-Shows. Außerdem dazu gehören "Die Quiz-Show", "Quizfire"; die Real-People-Formate "Lenßen & Partner" und "Niedrig und Kuhnt" sowie die "Harald-Schmidt-Show" dazu. Wir verantworten die Sketch-Comedies am Freitag, wir haben eine betreuende Aufgabe bei "Hausmeister Krause", wir kümmern uns um die Event-Shows am Sonntagabend wie "Deutschlands wahre Helden" oder die "AIDS-Gala". Wir entwickeln gerade Zweistunden-Shows und die Programme, die anstelle von 'ran' zum Einsatz kommen. Ich habe es nie ausgerechnet, aber das Programm, das wir mit zwölf Redakteuren machen, könnte sich auf 30 bis 40 Prozent belaufen. Das Programmportfolio ist sehr hoch, die Schlagzahl auch und der qualitative Output wird immer besser.

BF: An welches Publikum richtet sich das Angebot der Unterhaltungsabteilung? Gibt es ein übergeordnetes enger definiertes Zielpublikum oder sollen schon verschiedene Gruppen angesprochen werden?

MA: Das hängt vom Programmumfeld ab. Für die Werbekundschaft ist es wichtig, dass wir die 14 bis 49-jährigen ansprechen, wenn möglich die Haushaltsführenden, die in Deutschland eher weiblich sind. Die allgemeine Senderausrichtung ist weiblich und 25 bis 45 Jahre alt. In dieser Spanne muss man das eigentliche Segment auf den einzelnen Slot herunterbrechen. Das Programm ist so ausgerichtet, dass sie das Fernsehverhalten einzelner Zielgruppen und das der Sat.1-Zuschauer berücksichtigt. Innerhalb der jeweiligen Ausrichtung ist das Programm zielgerichtet auf Audienceflow gestaltet. Den neuen Gruppen, die durch 'Star Search' Sat 1 schauen - knapp 50 Prozent in der Zielgruppe der 14 bis 19-jährigen - können wir so zeigen, dass Sat.1 für sie eine Heimat sein kann.

BF: Wie ist es nun möglich diese neuen Zuschauer, die gezielt "Star Search" schauen, generell oder doch verstärkt zu Sat.1 zu bringen?

MA: Da haben wir zwei Möglichkeiten: die Show an sich, in der die Zuschauer Hugo Egon Balder kennen lernen, in der Kai Pflaume ein stärkeres Profil erhält. Wir zeigen, dass wir Musikkompetenz haben, die wir nutzen, wenn Jeannette Biedermann eine so hohe Präsenz hat. Zweitens, haben wir das große Instrumentarium der Trailer. D.h., wir können im Umfeld der Werbeinseln auf anderes Programm hinweisen, unsere Stärken präsentieren und so neue Zuschauer für uns begeistern.

BF: Welche neuen Shows sind geplant - gerade am Sonntagabend?

MA: Der Sonntagabend ist mit Spielfilmen, dem Tatort usw. klar aufgeteilt. Aber ich bin sicher, dass es auch Zuschauer gibt, die man von einem Showformat überzeugen kann. Wenn ihnen eine große Show anbietet, die einen emotionalen Kern hat, dann haben wir damit schon gute Erfahrungen gemacht. Insofern werden wir diese Strategie fortführen, uns aber mit fiktionalen Programmen abwechseln.

BF: Was erwartet den Zuschauer auf dem "ran"-Sendeplatz? Bleibt hier ein Platz für Männer oder wird er in die Sendergesamtausrichtung integriert?

MA: Wir wollen auch hier einen Audience flow schaffen, der die Zuschauer bis in die Prime Time zieht. Es wäre sicherlich nicht sinnvoll gegen die Sportschau auf Männer zu setzen, sondern eher auf Haushaltsführende, weibliche Zuschauer. Wir müssen uns außerdem genau anschauen, wie die Sportschau aufgebaut ist. Im Sommer wollen wir junge, spritzige Comedians auf den Sendeplatz bringen, um ihn einzuführen. Später werden voraussichtlich für den Samstag klassische Vorabend-Shows entwickeln, um dem Zuschauer so eine Heimat zu bieten. Hinzu kommt für den Sonntag "Family Date",: drei junge Männer ziehen bei einer Familie mit einer hübschen Tochter ein, müssen sich um sie bemühen und gleichzeitig peinliche Situationen gegenüber den Eltern bewältigen um letztlich der "Auserwählte" zu sein.. Darüber hinaus werden wir an unserer Comedy-Kompetenz weiter arbeiten, denn wenn man sieht, was Sat.1 am Samstag mit "Genial daneben" leistet, dann ist das hervorragend und die außerdem Marktführerschaft.

BF: Wo geht denn der Trend hin?

MA: Das hängt von den einzelnen Sendetagen ab. Die Frage ist: wo holen wir den Zuschauer ab? An Arbeitstagen kommt er nach Hause, will den Tag abschütteln und sich berieseln lassen. Seine Aufmerksamkeit steigt ab 18 Uhr, ab 19 Uhr wird er wieder wissbegierig, ab 20:15 Uhr gibt es dann ein eingefahrenes, tradiertes Sehverhalten. Am Freitag ist es wichtig, das Gefühl "endlich Wochenende" zu erzeugen. Dem tragen wir mit unserem dreistündigen Line-Up purer Unterhaltung Rechnung, das ab Herbst noch ausgefeilter und noch stärker wird. Das Gefühl für Samstag ist anders, es darf nicht zu kleinteilig sein. Programme mit Musik haben im Augenblick einen großen Zuspruch, hier müssen wir weiter schauen. Für uns muss immer "Große Gefühle" drüber stehen, wir müssen die Leute einfach packen, sie emotionalisieren und sie mit einem Stück Comedy zum Abschluss, also guter Laune, ins Bett entlassen. Wir verändern gerade sehr viel, bei steigenden Sendermarktanteilen - das ist eine hervorragende Entwicklung.

BF: Welche Rolle spielen dabei Adaptionen angloamerikanischer Formate?

MA: Auf der einen Seite verstärken wir unsere Eigenentwicklungen und auf der anderen prüfen wir die Übernahme von erfolgreichen Programmen. Sie macht dann Sinn, wenn sie auf mit Sat.1 vergleichbaren Sendern laufen. In Großbritannien wären das ITV oder Channel 4, in den USA NBC oder CBS, in Holland RTL 4 und in Frankreich TF1 und M6. Lizenziert man eines der Programme, bekommt man das Umsetzungs-Knowhow mitgeliefert. Sich dieses Wissen zu sichern, macht einen reaktionsschneller, weil man weniger Entwicklungszeit braucht. Bei "Star Search" konnten wir außerdem die Historie des Formats, aus dem Justin Timberlake, Britney Spears oder Beyonce Knowles hervor gingen für die Einführungs-Promotion nutzen.

BF: Welche wie Musikformate kämen für Sat.1 in Frage? Wie wichtig sind die Plattenfirmen dabei?

MA: Fernsehen und Plattenfirmen passen gut zueinander. Wir haben das gleiche Interesse. Im momentanen Marktumfeld spricht alles dafür, Musik zu integrieren. Wir haben gute Erfahrungen mit "Star Search", genauso wie die Mitbewerber in ihren Formaten. So hat die Musikbranche eine größere Chance auch im Fernsehen stattzufinden als noch vor zwei Jahren.

BF: Erschließen sich hier neue Möglichkeiten, um die Umsatzverluste durch Musikpiraterie in den Griff zu bekommen?

MA: Eine Fernsehshow ist für die Musikindustrie in erster Linie ein Promotionelement, über das sie auf ihre Produkte aufmerksam machen kann. Wenn der Kunde erst einmal verstanden hat, dass Piraterie Diebstahl geistigen Eigentums ist und das von der Politik untermauert wird, dann wird sich die Situation auch wieder ändern.

BF: Sind da Castingshows nicht ein Ausweg günstig Talents auszuwählen, vorzustellen und zu promoten?

MA: Bei "Star Search" haben wir freie Hand und gleichzeitig die kompetente Unterstützung von Universal. Ich bin sicher, dass wir die richtigen Kandidaten ausgewählt haben. Von dieser Auswahl profitiert auch Universal. Wir wiederum profitieren davon, dass Universal mit Jeanette Biedermann eine prominente und kompetente Jurorin entsandt hat.

BF: Konkret: welche Musikformate sind für Sat.1 machbar? Eine Art Gong-Show?

MA: Ich bin in vielen Gesprächen und von der Show, die Sie angesprochen haben, liegen da vorne zwei Tapes. Es geht wieder los. Das ist wieder ein Thema.

BF: Wann kann man mit den ersten Musikshows rechnen?

MA: Bei der AIDS-Gala wird Musik eine stärke Rolle spielen. Da wir durch "Star Search" jetzt auch eine Musikkompetenz zugeschrieben bekommen, wird es recht schnell gehen. Ich möchte aber nicht nur Musik präsentieren, sondern sie in ein formatiertes Programm integrieren. Der Zuschauer soll einen klaren Sendungscharakter erkennen. Daran arbeiten wir und was wir uns mit "Star Search" aufgebaut haben ist eine gute und wertvolle Erfahrung, die sich im kommenden Jahr auszahlen wird.

BF: Life Style Shows?

MA: Halte ich derzeit für verzichtbar für uns. Für Sat.1 ist die Lesart: die inneren Werte des Menschen und wie er sich da ändert. Wenn wir eine Situation haben, in der sich zwei Menschen begegnen und sich die Lebenspläne danach extrem ändern, dann sind wir emotional mit dabei. Die Vorher-Nachher-Shows brauchen wir auf Sat.1 nicht.

Sat.1-Unterhaltungschef Matthias Alberti: "Zuschauer mit großen Gefühlen packen"