Schwerpunkt digitales Kino beim Filmtheaterkongress
Die Kino 2000 machte deutlich, dass bis zu einer breiten Einführung des digitalen Kinos noch einige Fragen geklärt werden müssen. Ob der Kinobesucher einen Quantensprung in der Bildqualität erwarten kann, ist offen, eine digitale Projektion nutzt bislang vor allem der Produktions- und Vertriebsseite.
Der Geschäftsführer von Barco, einem der weltweit drei Lizenznehmer der DLP-Technologie von Texas Instruments (TI), François Montoya, verwies in seiner Kurzpräsentation nochmals auf die Vorteile einer künftig digitalen Projektion in punkto Kopienpreis, Verschleißfreiheit und Bildqualität. Seiner Ansicht nach profitierten von der Produktion über den Verleih bis hin zu den Kinos alle von der neuen Technik. TI-Europe-Geschäftsführer David Monk ist überzeugt, dass bei einer Serienproduktion ab September der Preis für einen Projektor von derzeit rund 250.000 Dollar schnell sinken, die Leistungsfähigkeit dabei rasch zunehmen werde. Tatsächlich ist die Bildqualität der für den Besucher einzige Vorteil der digitalen Projektion. Wie bei der Präsentation von Das Werk -Vorstand Thomas Tannenberger mit Ausschnitten aus "The Million Dollar Hotel" deutlich wurde, ist der Unterschied - demonstriert an einem Sony Cinema Products Europe (SDDS) -Prototyp - aber noch marginal, zumindest solange der "Film" nicht auch digital gedreht wurde. Dann allerdings, das zeigte ein Video von U2, besticht das Bild schon jetzt durch extreme Schärfe und Flackerfreiheit. Oliver Pasch (Cinemaxx) wies darauf hin, dass ein Vergleich mit 35 Millimeter schwer falle, weil die oft nachlässig gezogenen Massenkopien weit hinter den eigentlichen Fähigkeiten des Materials zurück-blieben. "Aus Betreibersicht muss man die Entwicklung genau beobachten, Grund zur Hast besteht aber überhaupt nicht", so Pasch. Die Herzen der Kinobetreiber gewann Michael Ballhaus, der mit "gone underground" Pionierarbeit in Sachen digitaler Kamera leistete. Er dämpfte die Digital-Euphorie der Industrie. So sei die von ihm getestete Sony HDTV 24p-Kamera "noch keine Kamera für die Spielfilmproduktion". Noch fehle auch bei der Projektion der "Aha-Effekt". Der Druck zur Umrüstung gehe wegen der Kostenersparnis von den Studios aus: "Zahlen soll deshalb derjenige, der den Vorteil hat. Die Kinos sind das nicht." Dieser Logik folgend meinte Ballhaus zu Ideen, digitales Kino könnte als Luxuskino vermarktet werden, dass die niedrigeren Vertriebskosten im Gegenteil zu niedrigeren Eintrittspreisen führen müssten. Filmhersteller Kodak sieht wegen der hohen Investitionen noch eine lange Übergangszeit von 35 Millimeter zu digital. Kodak arbeite, so Cinema Operations Manager Europe, Denis Kelly, deshalb parallel an einer Verbesserung des Printfilms. 2005 würden etwa erst 5000 der weltweit 125.000 Leinwände digital bespielt. Kelly warnte vor zu geringen Qualitätsstandards und davor, die digitalen Vertriebskosten zu unterschätzen. Eine Investition lohne sich erst, wenn die Basiskosten um die Hälfte gesunken und zusätzliche Einnahmequellen erschlossen seien, etwa durch "Premium"-Eintrittspreise. Auf einer Basis von 135.000 Mark Grundkosten bei "doppelter Qualität" beruhen auch die Konzepte der ProSieben -Tochter CM Community Media und der Heinefilm-Union-Werbeweischer-Gruppe, so Heinefilm-GF Stephan Birkenholz. Auf Basis des satellitengestützten Foyer-Werbe- und Unterhaltungssystems E:Max will man künftig auch das Hauptprogramm in Kinos übertragen, als "Gesamtkonzept für Werbung und Kino". Noch seien die qualitativen und ökonomischen Voraussetzungen aber nicht gegeben.