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Blickpunkt:Film: Was bewog Sie zur Fortführung von "Die schnelle Gerdi"?

Michael Verhoeven: Vor 15 Jahren die "Gerdi" zu machen, war für mich ein großer Genuss. Aber eine Fortsetzung konnte ich mir nicht vorstellen, obwohl das ZDF unbedingt weitermachen wollte. Wir hatten jedoch bereits alles erzählt, was uns wichtig war. Inzwischen finde ich es aber interessant, einen Film über eine Person zu machen, die man vor 15 Jahren kennen gelernt hat. Gerdi war ein Mensch, der keine Möglichkeit auslässt, sich selbst alles kaputt zu machen. Was ist aus ihr geworden? Wie hat sie ihr Leben hingekriegt? Und so haben wir das Projekt noch einmal in Angriff genommen.

BF: Hat sich Gerdi in den 15 Jahren verändert?

MV: Nein, sie hat sich gar nicht verändert. Das ist ja das Schöne. Sie hat noch immer ihren Lebensmut, ihre Sehnsüchte, und glaubt immer noch, dass ihr die große Liebe begegnen wird. Sie ist kratzbürstig wie eh und je, aber auch versöhnlich. Sie ist nicht misstrauisch und fällt deshalb immer wieder rein, aber sie ist nicht dumm. Sie hat eine intuitive Klugheit. Wir haben das so aufgebaut, dass jede Folge mit einer Niederlage endet, doch mit Beginn der nächsten ist sie wieder obenauf. Gerdi als Stehauffrauchen kann man als eine Art Hauptprinzip der Serie betrachten. Ebenso wichtig finde ich, dass wir die Liebesgeschichte einer reifen Frau erzählen.

BF: Welche Figuren sind geblieben, welche sind neu?
MV: Gerdi hatte ja einen jüngeren Liebhaber, gespielt von [Michael Roll](/person/michael-roll). Das hatte damals noch eine gewisse Kraft. Danach hat die Senta ja viele solcher Rollen angeboten bekommen. Als wir für die Fortsetzung zugesagt haben, war für mich eines klar: kein jüngerer Liebhaber. Geblieben ist z.B. [Günther Maria Halmer](/person/guenther-maria-halmer) als Rocco, die Jugendliebe. Übersetzt ins große internationale Filmimage würde man sagen, er ist ein [Mastroianni](/person/marcello-mastroianni), ein Frauentyp. Sie begegnet aber auch einem sehr handfesten, bodenständigen Mann aus dem Osten. Beim Schreiben dieser Figur hatte ich bereits [Michael Gwisdek](/person/michael-gwisdek) im Kopf. Für mich war klar, dass so eine Rolle mit einer völlig anderen Biografie als eine, wie ich sie als Autor habe, nach einem Menschen verlangt, der das aus seinem eigenen Leben mitbringt. Und Gwisdek hat das in sich.

BF: Auffällig sind wieder die zahlreichen Gaststars.

MV: In jeder Folge wird einer hervorgehoben, das ist schon ein Prinzip. Der frühere Berliner Regierende Bürgermeister Walter Momper taucht auf, der Musical-Star Matthias Kostya und [George Tabori](/person/george-tabori), ebenso [Mario Adorf](/person/mario-adorf) als Gast der [Berlinale](/company/internationale-filmfestspiele-berlin). Nachdem [Caterina Valente](/person/caterina-valente) bereits 1989 einen Gastauftritt hatte, spielt nun ihr Bruder [Pietro Valente](/person/pietro-valente) als Clochard mit, als ein gestrandeter Zircusclown, mit dem sich Gerdi anfreundet. In der Folge "Die Tierschützerin" trifft sie Bundesministerin Renate Künast im Reichstag und greift in eine verbotene Demo ein.
BF: Warum Berlin?

MV: Ich habe einen starken persönlichen Bezug zu Berlin. Ich bin in Berlin geboren, habe dort noch vor dem Mauerbau studiert, später Theater gespielt und viele Filme gedreht - auch schon vor dem Mauerbau. Im Ostteil, in Berlin-Weißensee, betreibe ich ein eigenes Kino. Ich habe mir gedacht, wenn ich schon der Gerdi wieder mit der Kamera hinterherlaufe, dann interessiert mich auch, was das über das Land mitteilen kann, in dem wir leben. Und dafür ist Berlin der spannendste Schauplatz.

BF: Hatten Sie als Regisseur und Produzent eher den Eindruck, zwischen den beiden "Gerdi"-Filmen wäre die Zeit stehen geblieben oder war doch alles neu und anders? Haben Sie mit Leuten aus dem damaligen Team zusammengearbeitet?

MV: Mit niemandem. Das hatte vor allem damit zu tun, dass wir in Berlin gedreht haben. Außerdem ist mein damaliger Kameramann [Michael Epp](/person/michael-epp) leider gestorben. Und so hatte ich tatsächlich nicht das Gefühl, dass wir einfach weitermachen. Es war so aufregend, auch mit all den neuen Leuten vor der Kamera, etwa [Johann Adam Oest](/person/johann-adam-oest), der in Steins "Faust"-Gesamtinszenierung den Mephisto spielte, oder [Ingeborg Westphal](/person/ingeborg-westphal), auch eine Schauspielerin aus dem Osten.

Pläne für eine Münchner Nachkriegsgeschichte

BF: Ist das Kapitel "Gerdi" für Sie nun beendet oder könnten Sie sich eine weitere Fortsetzung vorstellen?

MV: Das hängt von den eigentlich nichts sagenden Quoten ab, die ja vom Parallelprogramm und vom Wetter bestimmt werden, jedenfalls mit der Qualität eines Films sehr wenig zu tun haben. Und es hängt davon ab, wie groß meine Lust als Autor ist. Wir werden sehen.
BF: Sie haben nach mehr als 30 Jahren wieder einen "Tatort" gedreht, " [Spieler](/movie/tatort-die-spieler)" für den [SWR](/company/suedwestrundfunk-swr). Wie kam es dazu?

MV: Als ich den ersten gemacht habe, gab es die Reihe ja noch nicht sehr lange. Das war 1971 mit [Sieghardt Rupp](/person/sieghardt-rupp) als Kressin, vor dem mich alle gewarnt haben. Beim Dreh war er dann aber ganz lieb. Damals hat auch mein Vater [Paul](/person/paul-verhoeven_2) mitgespielt. Bei dem neuen "Tatort" hat mich, glaube ich, [Eva Mattes](/person/eva-mattes) vorgeschlagen, die ja die Kommissarin der Bodensee-Tatorte vom SWR spielt. [Fred Breinersdorfer](/person/prof-dr-fred-breinersdorfer) hat einen sehr feinsinnigen, psychologischen Krimi geschrieben, in dem es vor allem um die Menschen geht, und das hat mich gereizt.

BF: Was sind Ihre nächsten Pläne mit [Sentana Film](/company/sentana-filmproduktion)?

MV: Ich habe die Rechte an dem Roman "Von Zuhause wird nichts erzählt" von Laura Waco erworben und arbeite am Drehbuch. Es ist als Kinofilm geplant. Ich verhandle gerade mit dem [BR](/company/bayerischer-rundfunk-br). Eine Beteiligung des Senders würde sich anbieten, da es sich um eine Münchner Nachkriegsgeschichte handelt.

Sentana Film produzierte "Gerdi"-Fortsetzung fürs ZDF