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Kino

Blickpunkt: Film: Wie ist Studio Babelsberg aufgestellt?
Carl Woebcken: In Deutschland haben wir ein Alleinstellungsmerkmal, weil es sonst keinen Atelierbetrieb gibt, der so große Flächen anbietet wie wir. Wenn man einen ausstattungsintensiven Film mit einem Budget ab 50 Mio. Euro aufwärts unterbringen will, braucht man Atelierflächen, wie nur wir sie in Deutschland anbieten. Die letzten drei US-Produktionen, die wir hatten, waren mittelgroße B-Movies. Jetzt sind wir aber auf dem Sprung zu A-Movies, weshalb wir unsere Atelierfläche vergrößert haben. Mit den Großateliers sind wir auf Kino ausgerichtet, mit den Kleinen auf Fernsehformate. Hier stehen wir innerhalb Deutschlands genauso wie bei Filmen der Größenordnung zwischen zehn bis 20 Mio. Euro im Wettbewerb, es sei denn sie sind besonders ausstattungsintensiv, dann sind wieder wir im Vorteil. Bei Serien gibt es zurzeit allerdings eine Verknappung der Atelierflächen. Bei Kino kommt es zudem nicht nur auf die Ateliergröße, sondern auch auf die Kompetenz an, etwas in der geeigneten Schnelligkeit und Qualität in diesen Hallen bauen zu können. Auch hier hat Studio Babelsberg ein Alleinstellungsmerkmal, traditionell schon immer gehabt. Hinzu kommt die Zusammenstellung der Filmcrews. Bei den letzten Filmen kamen die Crewmitglieder zu bedeutenden Teilen aus der Region.

BF: Wie groß ist die Atelierfläche jetzt?
Christoph Fisser: Wir haben 30.000 Quadratmeter, verteilt auf 23 Ateliers. Die größte Halle hat 7500 Quadratmeter und ist damit die größte in Europa. In der Mitte wird sie gestützt, sonst ist sie freitragend. Die Schalldämmung der neuen Hallen erfolgte nach US-Industrienorm.

BF: Mit welchen Anteilen sind nun Fernsehen und Film bei Ihnen vertreten?
CF: Unsere Ausrichtung und Vision ist klar Film. Film ist aber sehr zyklisch, daher bestreiten wir einen Teil der Auslastung mit Fernsehen. Die meisten Leute sind bei uns im Art Department beschäftigt. Ein Serienset wird für 300.000 Euro gebaut und steht ein Jahr. Für "[V for Vendetta](/movie/v-wie-vendetta)" haben wir für ein Volumen, für das wir sehr viele Telenovelas bauen müssten, in dreieinhalb Monaten 90 Sets gebaut.
CW: Der große Umsatz - nämlich 80 Prozent - wird durch den Kinobereich gemacht. Durch unsere Bücher gehen aber auch sehr viele Fremdkosten wie Crewhonorare, Unterbringungs- oder Transportkosten. Wir kontrollieren den gesamten German Spend. Bei der Wertschöpfung sieht es so aus, dass wir etwa ein Drittel mit dem Fernsehen erwirtschaften, zehn Prozent mit Werbung und 60 Prozent mit Kino.

BF: In der Bildabteilung wurden Investitionen vorgenommen.
CF: Auf der Videostrecke kooperieren wir mit [VCC](/company/psn-picture-und-sound-network-ag) und haben zum 1. November die Taurus Mediatechnik in München übernommen. So sind wir nun auch im Bereich Postproduktion und Sendebanderstellung sehr gut aufgestellt. Rushes können im Studio Babelsberg gemacht werden.
CW: Audio- und Videotechnik wird normalerweise aus einer Hand angeboten. Mit der Taurus Media Technik haben wir drei Synergien: die Videostrecke, die nun vollständig ist, die regionale Erweiterung nach Bayern sowie die Hinzugewinnung eines süddeutschen Kundenstamms.

BF: Und die Tonstrecke?
CF: Da haben wir auch gerade Investitionen freigeben, nachdem wir uns überlegt haben, wie wir uns hier aufstellen wollen. Das hat auch mit baulichen Veränderungen zu tun. Generell kann man zu unserer Postproduktionsaktivität sagen, dass wir weiterhin kooperationswillig sind, denn für uns ist es das Wichtigste, dass in der Medienstadt konzentriert Leistung angeboten wird. Der Bereich Visual Effects, der sich hier ansiedelt, ist für uns als Standortpartner genauso wichtig, weil wir glauben, dass wir davon profitieren.
BF: Wie sieht die mittelfristige Planung hier aus?
CW: Wir streben strategische Kooperationen im Bereich Studio- und Atelierbetriebe an. Auch im Postproduktionsbereich wollen wir mit Partnern zusammen das Angebot stärken und darüber Kosten sparen, denn der Wettbewerb innerhalb Deutschlands ist sehr stark.
CF: Im internationalen Bereich führen wir Gespräche mit renommierten Postproduktionshäusern, um sie zu bewegen, hier zumindest eine Dependance zu eröffnen, damit wir für internationale Produktionen auch wirklich alles anbieten können.
CW: In Deutschland ist die Postproduktion an sich recht schwach. Mir ist kein Majorfilm bekannt, für den hier die Bildbearbeitung durchgeführt wurde. Da ist London als Zulieferer der US-Filmindustrie stark, aber durch den Wegfall des Sale&Leaseback-Systems nicht mehr so interessant. Und letztendlich bestimmen die Produzenten, wohin die Aufträge gehen.

BF: Durch die beiden Telenovelas "[Tessa](/tvshow/leben-fuer-die-liebe-230-folgen)" und "[Julia](/tvshow/julia-wege-zum-glueck)" sind Sie im Fernsehbereich ausgelastet?
CF: Und für 2006 rechnen wir mit einer guten Auslastung im filmischen Bereich. Mit "[Gute Zeiten, schlechte Zeiten](/tvshow/gute-zeiten-schlechte-zeiten)" und "[Schloss Einstein](/tvshow/schloss-einstein)" sind zehn Studios mit TV-Produktionen belegt - das ist Oberkante.

BF: Was sind das für Kinoproduktionen, die 2006 für volle Ateliers sorgen?

CF: Am 27. November begannen in zwei Studios der Marlene-Dietrich-Halle die Dreharbeiten zu "[Black Book](/movie/black-book)", die bis Weihnachten gehen. Im Frühjahr erwarten wir zwei deutsche Projekte, für die wir den Production Service übernehmen würden. Über das Jahr gesehen, bis Mitte 2007 rechnen wir mit einer guten Auslastung.

BF: Es steht noch immer ein zweites Projekt mit [Joel Silver](/person/joel-silver), dem Produzenten von "V for Vendetta", im Raum.

CF: Wir gehen davon aus, dass dies eins der Projekte ist, das im kommenden Jahr hier gedreht wird.

BF: Wie stark lässt sich der Kostennachteil aufheben?
CW: Die Entscheidung, wo eine Produktion stattfindet, wird in der Regel aufgrund der Locations gefällt. Selbst wenn man hauptsächlich im Studio dreht, gibt es auch Drehorte außerhalb des Studios, und dafür will man sich mit dem ganzen Tross nicht unbedingt wieder auf den Weg machen. Das kostet. Bei den Kosten sind wir etwa gegenüber den Barrandov Studios wettbewerbsfähig. Von 20 Mio. Euro, die bei einem Film wie "[Aeon Flux](/movie/aeon-flux_5)" durch unsere Bücher gehen, bleiben vielleicht fünf Mio. bei uns, der Rest fließt an andere wie Hotels, Restaurants und hauptsächlich Honorare für die Crew. Der einzige Kostennachteil kommt von der Set-Construction. Von der fünf Mio. Euro eigenen Wertschöpfung sind ungefähr drei Mio. Euro Ausstattungsbau. In Prag wäre der etwa eine Mio. Euro günstiger. Diesen Posten können wir aber bei den Unterbringungskosten für die Crew wieder aufholen, die hier nicht nur günstiger als in Prag sind.
CF: Einen echten Wettbewerbsnachteil haben wir mit Ungarn, da es dort ein attraktives Tax-Incentive-Modell gibt, das dem Produzenten einen Einspareffekt von 20 Prozent seiner dort eingesetzten Ausgaben bringt.

BF: In diesem Geschäftsjahr rechnen Sie mit einem Umsatz von 80 Mio. Euro und einer schwarzen Null. Im kommenden mit dem gleichen Umsatz, bei fünf Prozent Umsatzrendite. Die Börse liebt Sie, Ihrer Aktie werden sechs Euro zugetraut. Eine Kapitalerhöhung hat gerade 4,5 Mio. Euro gebracht. Wohin geht das Geld?
CF: Damit haben wir den Großteil des Kaufs der Taurus Media Technik finanziert, um nicht unsere liquiden Mittel, die wir von Vivendi mitbekommen haben, angreifen zu müssen. Thomas Steiger

Studio-Babelsberg-Chefs im Interview

Carl Woebcken||Der 1956 geborene Woebcken studierte Maschinenbau in Darmstadt und Betriebswirtschaftslehre an der Fernuniversität Hagen. Unter anderem arbeitete er als Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group und als Finanzchef und stellvertretender Vorsitzender im Vorstand der TV Loonland AG. Zusammen mit Christoph Fisser erwarb er im Juli 2004 Studio Babelsberg.