Blickpunkt:Film

Kino

Das Kinojahr 2006 ist wechselhaft. Wie läuft es für Universum Film?
Tania Reichert-Facilides: Für uns waren die letzten 15, 16 Monate ausschlaggebend. Wir haben klarere Vermarktungsstrukturen gefunden und konnten erste deutliche Erfolge feiern, die uns gezeigt haben, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Der Jahresbeginn war mit "[Felix 2 - Der Hase und die verflixte Zeitmaschine](/movie/felix-2-der-hase-und-die-verflixte-zeitmaschine)" ein bisschen enttäuschend. Aber jetzt schauen wir nach vorn und wollen sehen, wie sich "Asterix und die Wikinger" entwickelt.

Wie viele Filme will Universum pro Jahr auswerten?
TRF: Zwischen zehn und zwölf Filme. Dabei handelt es sich entweder um kommerzielle Filme für die breite Masse, die auch gut zu RTL passen, oder um Filme mit einem gewissen Bildungsauftrag. Zu der ersten Gruppe gehört sicherlich "Asterix" oder in der Vergangenheit "[The Transporter](/movie/the-transporter)". In die Arthouse-Sparte fallen aktuelle Projekte wie "Les filles du botaniste" oder "[Water](/movie/water)" von [Deepa Mehta](/person/deepa-mehta). Ausnahmen wie "Felix 2" gibt es natürlich immer.

Auf welchen Film setzen Sie in diesem Jahr besonders?
TRF: "Asterix" wird sicherlich ein Thema sein. Schließlich handelt es sich hierbei um ein klassisches Familienthema, das sich selbst treu geblieben, aber trotzdem innovativ und witzig ist.
[Jasna Vavra](/person/jasna-vavra): Ein echter Höhepunkt wird "[Burt Munro](/movie/mit-herz-und-hand)" sein. Der Film hatte die allerbesten Ergebnisse im Testscreening und ist ein echtes Herzensprojekt von uns. Aber auch ein guter Film muss eben sein Publikum finden.
TRF: Wir werden "Indian" klar als Arthouse-Film positionieren, hoffen aber, dass er ähnlich wie "[Kalender Girls](/movie/kalender-girls)" über sich hinauswächst.

Gibt es feste Partner beim Einkauf?
TRF: Es gibt keine festen Partner oder Output-Verträge, aber natürlich gewachsene Partnerschaften. Wenn man einige Höhen und Tiefen miteinander durchgemacht hat, arbeitet man gern und gut zusammen.

Was haben Sie für Vorstellungen und Strategien im Bereich Koproduktion?
TRF: Wie suchen noch nach einer klaren Strategie. Auf der einen Seite koproduzieren wir zurzeit den Actionthriller "[Adrift](/movie/open-water-2)", auf der anderen Seite das Family-Entertainment-Produkt "Lilly Fee und der Mondbär". Wir machen einen Schritt nach dem anderen, sind am Screenen und offen für jedes Projekt, um dadurch auch unseren Weg und unsere Partner zu finden.

Als [RTL](/company/rtl-television)-Tochter hat Universum viele verschiedene Auswertungsmöglichkeiten. Was gibt den Ausschlag, einen Film ins Kino zu bringen?
TRF: Das ist ganz eindeutig Marktforschung. Wir werten keinen Film aus, der nicht durch die Marktforschung gegangen ist, zur Not auch fünfmal. Es gibt Filme wie zum Beispiel Straight-Forward-Actionfilme, die früher im Kino gut liefen. Heute kaufen wir sie für den Videobereich ein, da sie hier besonders gut funktionieren. Auf eine Kinoauswertung sind wir in solchen Fällen nicht angewiesen. Wir finden, dass zu viele Filme auswertet werden, deren Relevanz fürs Kino zu gering ist. Deshalb haben wir uns auch auf die Fahnen geschrieben, im Zweifel gegen eine Kinoauswertung zu entscheiden.

Aber ist nicht ein Vorstart im Kino entscheidend für den DVD-Erfolg?
TRF: Er kann helfen, aber eine Kinoauswertung ist kein Muss für eine DVD. Als Beispiel fällt mir "[Elektra](/movie/elektra_d)" ein. Wir wussten, dass der Film keine guten Ergebnisse bringen würde, mussten ihn damals aber ins Kino bringen. Er lief dann auch schlecht, obwohl wir ihn stark beworben haben. Das hat sich aber im Videobereich ausgezahlt. Wir haben fast doppelt so viele Videostückzahlen abgesetzt wie Kinobesucherzahlen generiert. Das würde ich jetzt aber nicht mehr machen. Wenn sich im Testscreening zeigt, dass ein Film nicht fürs Kino gemacht ist, starten wir eine größere Videokampagne vor dem DVD-Start. Dadurch sparen wir uns Kopien und viel Presse.

Ihre Partner [Buena Vista](/company/walt-disney-studios-motion-pictures-germany) und [Central](/company/central-film-verleih) übernehmen das Booking-and-Billing für Universum Film. Wie wichtig ist Ihnen ein enger Kontakt zu den Kinobetreibern?
JV: Wir suchen den Kontakt und haben auch eine eigene Abteilung für das lokale Marketing. Wir verlassen uns nicht nur auf den Vertriebspartner, sondern wollen auch wissen, was im Kino läuft und gebraucht wird beziehungsweise nicht gebraucht wird. Wir besuchen die wichtigsten Messen und Tradeshows. Die Zusammenarbeit mit Buena Vista und Central läuft sehr gut, es gab nie Probleme.

Welche Stellung beziehen Sie als Film- und Videoverleiher in der Debatte um das Auswertungsfenster?
TRF: Es gibt unterschiedliche Arten von Filmen, bei denen
es auch in Ordnung ist, unterschiedliche Vermarktungsstrategien anzuwenden. Nach manchen Popcornfilmen kräht doch nach vier Wochen kein Hahn mehr. Ich gebe allerdings auch zu, dass der Endverbraucher, wenn die Frist für den DVD-Release bekannt ist, möglicherweise generell auf die Disc wartet. Das ist das Dilemma.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus Vermarktungsstufen wie Video on Demand und Electronic Download?
TRF: Wir müssen mehr dazu übergehen, uns alle Rechte zu sichern. Wir können es uns nicht leisten, unsere Wertschöpfung allein auf DVD zu basieren, wenn der Markt noch durch viele andere Auswertungsformen ergänzt wird. In2movies ist dabei ohne Zweifel ein potenzieller Partner.

Muss man sich Sorgen um das Kino machen?
TRF: Das Kino hat meiner Meinung nach so viel zu bieten, dass es schade wäre, nicht hart daran zu arbeiten, um es am Leben zu erhalten. Ich stelle in Deutschland eine generelle Vermarktungsmüdigkeit fest. Das Kino wird auch in Zukunft weiter relevant sein, wenn man es richtig nutzt.

Der Universum-Film-Marktanteil lag 2005 bei 2,6 Prozent. Welchen Ehrgeiz haben Sie in der Konkurrenz mit den anderen Indies?
TRF: Ein Marktanteil von fünf Prozent wäre schön, weil man da auch anders wahrgenommen wird. Wenn der Marktanteil jedoch durch ein großes Werbebudget erkauft wird, bringt das nichts. Die Zielgröße im Haus ist
die Rentabilität des Kinobereichs und nicht der Marktanteil. Sonst würden wir nämlich jeden Film rausbringen.

Wie wird das Kinojahr 2006?
TRF: Das Kinojahr wird gut laufen - trotz WM. Die Filme sind in diesem Jahr gut.

Tania Reichert-Facilides und Jasna Vavra im Interview

Tania Reichert-Facilides||Die Betriebswirtin stieg 1994 als Marketingleiterin bei BMG Video/Universum Film ein. Rund ein Jahr später übernahm sie zusätzlich die Verantwortung für den Einkauf und die Verwertung Nebenrechte, um Mitte 1997 zur stellv. Geschäftsführerin ernannt zu werden. Seit 1999 ist sie Geschäftsführerin von Universum Film und verantwortet die Bereiche Kino und Video.