Blickpunkt:Film

Kino

Die deutsche Kinobranche trauert um einen Arthouse-Pionier, den Gründer und jahrzehntelangen Betreiber eines der ersten Programmkinos der Republik, den Mitgründer und ersten Vorsitzenden der AG Kino: Wie seine Familie mitteilt, ist [Werner Grassmann](/person/werner-grassmann) bereits am 14. August im Alter von 96 Jahren verstorben.

1970 hob Grassmann gemeinsam mit Winfried Fedder ein Kino aus der Taufe, das auch heute noch zu den wichtigsten Hamburger Spielstätten zählt - und das damals eines der ersten deutschen Programmkinos überhaupt war: das [Abaton](/company/abaton-kino), als dessen Geschäftsführer Werner Grassmann bis zuletzt gemeinsam mit seinem Sohn  [Felix Grassmann](/person/felix-grassmann) fungierte. Ein Kino, das seit seiner Gründung für herausragende Programmqualität stand - und dafür Jahr für Jahr unter anderem von der BKM, wie auch der Hansestadt Hamburg ausgezeichnet wurde.

Gewachsen war die Idee zu diesem besonderen Kino in einer Gruppe Hamburger Filmemacher, die in den 1960er Jahren eine Filmcoop gegründet hatten - mit dem Zentrum in Grassmanns Produktionsatelier. Zwar versandete die Idee einer Kino-Coop zunächst, doch Grassmann hielt an den Plänen fest - zumal er bereits Erfahrungen als Kinobetreiber gesammelt hatte. Tatsächlich markierte das Abaton Grassmanns „zweite Karriere“ als Kinomacher - denn schon 1953 hatte er in einem alten Buchlager ein kleines Kino mit 25 Plätzen eröffnet, dem behördliche Auflagen aber nach nur drei Jahren den Garaus machten.

Auch politisch prägte Grassmann die Branche. So zählte er 1972 zu den Mitgründern der AG Kino, die er als Vorsitzender bis 1987 leitete - in diese Zeit fielen wesentliche, von der AG Kino mitbetriebene Veränderungen des FFG und ein Kartellrechtsverfahren, das im Ergebnis eine gleichmäßigere Belieferung von Kinos sicherstellte. „Die AG Kino hat für die Etablierung der Programmkinos als neue Kinoform gesorgt und so der Filmkunst einen festen Platz im kulturellen Leben der Bundesrepublik verschafft!, heißt es dazu von seinem Sohn Felix Grassmann.

Werner Grassmann war aber auch Regisseur und Filmproduzent (Studio 1 Filmproduktion). Als solcher erhielt er eine Reihe Bundesfilmpreise, darunter 1993 ein Filmband in Gold. Seine Produktion „[Die Stimme des Igels](/movie/die-stimme-des-igels)“ von Jochen Kuhn lief 1994 als deutscher Beitrag auf den Internationalen Filmfestspielen in Venedig. Für sein langjähriges filmkulturelles Engagement wurde er 2006 vom Hamburger Senat mit der „Biermann-Ratjen Medaille“ ausgezeichnet. 

Seit 2002 war Werner Grassmann Mitglied der Freien Akademie der Künste, seit 2004 Mitglied des Präsidiums und Sprecher für die Sektion Medien.

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda würdigte den Verstorbenen als "Enthusiast des Films": "Ohne Werner Grassmann würde es das Abaton und die Idee des Programmkinos als Ort des guten und relevanten Films nicht geben. Seine Leidenschaft und sein Glaube an die Kraft des Kinos haben die Kunstform Film belebt. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.“

Und Geschäftsführer [Helge Albers](/person/helge-albers) erklärt im Namen der [MOIN Filmförderung](/company/filmfoerderung-hamburg-schleswig-holstein): „Mit Werner Grassmann verliert Deutschland einen seiner wichtigsten Kinomacher. In den 70er Jahren hat er mit dem Abaton im Grindelviertel den Grundstein für das Arthaus-Kino gelegt, so wie wir es heute in Deutschland kennen. Seine Programmarbeit wurde unzählige Male ausgezeichnet, bei ihm gingen Filmemacher:innen und Schauspieler:innen ein und aus. Sein Herz schlug für den Kinofilm – und für seine Leistung um eben diesen können wir ihm gar nicht genug danken."

Werner Grassmann verstorben