Blickpunkt:Film

Kino

[Alfred Holighaus](/person/alfred-holighaus) führt für Blickpunkt:Film kurze Gespräche mit Kreativen über Kino und Corona, was die Krise verändert, und wie sie diese individuell bewältigen. Zum Abschluss der Reihe kommt ein Politiker zu Wort. Ein Gespräch mit Dr. Carsten Brosda, dem Hamburger Senator für Kultur und Medien, über politisches Krisenmanagement und die Wiedereröffnung der Kinos.


Alfred Holighaus: Wie geht´s, Carsten Brosda?


Dr. Carsten Brosda: Diese Frage ist in Zeiten von Corona nicht so einfach zu beantworten wie sonst. Mittlerweile habe ich mich recht gut in der neuen Normalität, die uns die Pandemie vorgegeben hat, eingerichtet. Für mich geht es jetzt vor allem darum, gemeinsam mit den Künstlerinnen, Künstlern und Kultureinrichtungen in Hamburg Wege zu finden, um unter den neuen Bedingungen Kulturproduktion und -erlebnisse zu ermöglichen. Dass wir nun die Museen, Gedenkstätten und Bibliotheken wieder öffnen konnten und gemeinsam Konzepte entwickeln, wie weitere Lockerungen aussehen können, hilft dabei, nach vorne zu schauen. Daher kann ich sagen: Es geht mir so gut, wie unter diesen Umständen nur möglich.


AH: Was haben Sie in der Zeit des Lockdowns am meisten vermisst?


CB: Am meisten fehlen mir sicher die Begegnungen und der Austausch mit anderen, das gemeinsame Erleben von Kunst und Kultur. Unsere Kultureinrichtungen ermöglichen ganz wesentlich die Begegnung von Menschen. Sie inspirieren, irritieren und geben Anlass zu Reflexion und Diskussion. Es ist großartig, wie Künstlerinnen, Künstlern und Kreative in kurzer Zeit Formen entwickelt haben, um ihre Kunst im Netz zu präsentieren. Aber es wurde auch deutlich, dass das kein dauerhafter Ersatz für Live-Erlebnisse vor Ort sein kann. Während des Lockdowns spürt man schmerzlich, was fehlt, wenn uns die Erfahrung genommen wird, Kunst und Kultur zu erleben und mit anderen zu teilen.


AH: Politik bedeutet ja immer auch Krisenmanagment. Aber wie fühlt es sich an, wenn Politik nur noch aus Krisenmanagement besteht? Und wie bewältigt man das?


CB: Wenn die Wellen hoch schlagen, werde ich meist ganz ruhig und setze einen klaren Fokus auf das, was in dem Moment wichtig ist. Zum Beginn des Lockdowns war schnell klar, worum es zuerst gehen musste: nämlich darum, die wirtschaftlichen Folgen für die Kultureinrichtungen, für Künstlerinnen und Künstler so gut wie möglich abzufedern und schnelle Hilfen auf den Weg zu bringen. Nun müssen wir gute Konzepte entwickeln, um das kulturelle Leben wieder hochzufahren und gleichzeitig den Gesundheitsschutz bestmöglich zu gewährleisten. Daran arbeiten wir jetzt gemeinsam. Im Übrigen habe ich es in dieser Zeit mit meiner Vorgängerin Barbara Kisseler gehalten: "Wir lösen die Probleme in der Reihenfolge ihres Auftretens."


AH: Die Lockerung des Lockdowns liegt in Sachen Kultur naturgemäß bei den Ländern. Nun funktioniert gerade Kino im Prinzip nicht föderal. Trotzdem gibt es sehr unterschiedliche Wiedereröffnungstermine. Wurde das unter Kulturministerkolleg*innen diskutiert?


CB: Ja, wir haben die Wiedereröffnungstermine im Kreis der Kulturministerinnen und -minister in den vergangenen Wochen intensiv diskutiert. Die Kulturministerkonferenz hat sich in ihrem Papier vom 15.5. für möglichst nahe beieinanderliegende Wiedereröffnungstermine ausgesprochen, die ausreichend Planungsvorläufe für die bundesweite Veröffentlichung neuer Filme erlauben - eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Neustart.


AH: Die Branche selbst drängt auf einheitliche Wiedereröffnungstermine. Diese variieren allerdings auch zwischen Juni und Juli. Sollte es nicht wirklich den von der Branche geforderten Schulterschluss zwischen den Ländern und der BKM geben, um sich zu einigen?


CB: Es wäre zunächst wünschenswert, dass sich die Branche verständigt. Aber natürlich wäre auch in der Politik ein bundesweiter Schulterschluss gut, um Produktionen zeitlich abgestimmt in die Kinos bringen zu können. Ich denke jedoch, dass man zwischen der grundsätzlichen Erlaubnis der Länder, wiederzueröffnen, und konkreten Startterminen differenzieren sollte. Da einige Länder bereits entsprechende Lockerungen vorgenommen haben, sollte aus meiner Sicht alles daran gesetzt werden, Wiedereröffnungen nun auch zeitnah in weiteren Ländern zu erlauben, so das Infektionsgeschehen es zulässt. Gleichzeitig sollte die Branche anstreben, sich auf einen synchronisierten Starttermin zu verständigen. Dabei sollte eine ausreichend lange Vorbereitungszeit für die Kinos eingeplant werden, die notwendig ist, um die Hygienekonzepte umzusetzen, sodass ein Kinobesuch sowohl für das Publikum als auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher ist.


AH: Berlin und Bayern haben noch gar keine konkreten Termine genannt. Einige Verleiher reagieren darauf mit Zurückhaltung und geben ihrerseits noch keine Termine für neue Filmstarts bekannt. Ohne inhaltliche Angebote macht eine Eröffnung aber gar keinen Sinn. Gibt es vielleicht doch noch mehr Gesprächsbedarf zwischen den Betroffenen in der Branche und der Politik?


CB: Die Kinos sind in der Tat vom überregionalen, oft bundeseinheitlichen Programmangebot der Filmverleiher abhängig - ohne Inhalt kein Screening. Mit Blick auf internationale Produktionen geht dies sogar noch weit über die nationale Perspektive hinaus. Eine gute Abstimmung zwischen der Filmbranche und der Politik ist in der Tat unerlässlich für einen erfolgreichen Neustart.


AH: Wie sind in dieser Beziehung Ihre Erfahrungen konkret in Hamburg?


CB: Gemeinsam mit der [Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH)...

Wie geht's, Dr. Carsten Brosda?

Alfred Holighaus (li.) unterhielt sich mit dem Hamburger Senator für Kultur und Medien, Dr. Carsten Brosda, wie er die aktuelle Corona-Krise bewältigt 