Blickpunkt:Film

Produktion

Gerade wurde der erste Trailer von „[Der Exorzist: Bekenntnis](/movie/untitled-exorcist-film-1)“ veröffentlicht, der am 12. Oktober im Verleih von Universal in die Kinos kommt. Wir nutzten die Gelegenheit, um mit Regisseur [David Gordon Green](/person/david-gordon-green) über seine Herangehensweise an den Horrorklassiker zu reden.

**Was macht William Friedkins „Der Exorzist“ zu einem so zeitlosen Film, dass Sie 50 Jahre später daran anknüpfen wollten?**

DAVID GORDON GREEN: Es ist ein Film, der essenzielle Dinge verhandelt und erst in zweiter Linie ein sensationell guter Horrorfilm ist. Friedkin arbeitet mit einer exzellenten Vorlage, William Peter Blattys Roman, und verzichtet auf billige Schockmomente. Vielmehr ist „Der Exorzist“ ein zutiefst beunruhigendes Drama, das auf eine erschütternde Weise erzählt wird. Der Film fühlt sich zutiefst authentisch an. Als wir uns unserem Film zuwandten, war es uns ein Anliegen, keinen Film zu machen, der all die sattsam bekannten Hollywood-Exorzismus-Klischees aufkocht. Naja, ein bisschen was gibt es schon, die Fans sollen auf ihre Kosten kommen. Aber wichtiger war es uns, die klinische, akademische und spirituelle Seite aufzugreifen, was das Original schon so effektiv gemacht hat. 

**Wie werden Sie das umsetzen?**

DAVID GORDON GREEN: Wir haben Ärzte als Ärzte besetzt, Priester als Priester, Polizisten als Polizisten. Mein Film soll wahres Leben atmen, ganze Sequenzen sollen sich anfühlen wie eine Dokumentation. Wissen Sie, was ich an „Der Exorzist“ am gruseligsten fand? Als eine Lumbalpunktion erhält und Blut herauskommt – und nicht das Gesicht von Pazuzu. Zugegeben, das ist schon auch cool. Aber was einen so zutiefst beunruhigt, ist der Schrecken, der sich aus dem Alltäglichen ergibt. 

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**Es gab bereits mehrere Fortsetzungen, von Filmemachern wie John Boorman, William Peter Blatty selbst, Paul Schrader, die allesamt nicht an das Original heranreichen. Was gibt Ihnen die Zuversicht, mit Ihrem Film bestehen zu können?**

DAVID GORDON GREEN: Unsere Ambition ist sehr groß. Friedkin ist ein meisterlicher Regisseur, und wir spielen mit einem Titel, der in vielen Menschen sehr unterschiedliche Dinge auslöst. Und ja, mag sein, dass keine der Fortsetzungen so großartig ist wie das Original. Aber sehen Sie sich die Filme an! Man kann ihnen nicht vorwerfen, nicht auch höchst verwegene Entwürfe zu sein. Das sind keine Nummer-sicher-Sachen. Jeder von ihnen hat sich gesagt: Wenn schon, denn schon. Und ich muss sagen, da stehen wir durchaus auf deren Schultern. Weil wir uns auch gesagt haben: Wenn schon, denn schon. Wenn man „Der Exorzist“ macht, dann richtig. Dann muss man die Latte hochlegen. Als Filmemacher haben wir sehr persönliche und sehr spezifische Entscheidungen getroffen. Anders geht es nicht, wenn man ein Statement abgeben, etwas Besonderes machen und nicht einfach nur einen Algorithmus befriedigen will. Ich kann Ihnen versprechen: Meine Mitstreiter und ich haben unsere Ärmel hochgekrempelt und ein paar verwegene Entscheidungen getroffen. 

**Kurz auf den Punkt gebracht: Was ist Ihre Vision für „Der Exorzist: Bekenntnis“?**

DAVID GORDON GREEN: Im Grunde ist es eine Konversation mit einem skeptischen Mann in einer Ausnahmesituation: Als seine Tochter nach ihrem spurlosen Verschwinden wieder auftaucht, weist sie unerklärliche klinische Effekte auf, befindet sich im Einklang mit einem anderen Mädchen, das sie nicht kennt, das aus einer anderen sozialen Schicht stammt. Wir sehen uns die Familien an und ihre Gemeinden. Es ist keine katholische Geschichte dämonischer Besessenheit. Bei uns prallen verschiedene Ansätze, Philosophien und Ideologien zusammen, um Antworten für die verstörenden Geschehnisse zu finden. 

**Im Trailer sieht man nicht nur [Ellen Burstyn](/person/ellen-burstyn). Außerdem verwenden Sie das berühmte Musikmotiv aus Mike Oldfields „Tubular Bells“. Was sonst haben Sie noch aus dem Original übernommen?**

DAVID GORDON GREEN: Dass wir die Musikrechte bekommen haben, ist ein ganz aktueller kleiner Sieg, über den ich mich sehr freue. Unsere Komponisten sitzen bereits daran, Motive aus „Tubular Bells“ in ihren Score zu integrieren. Mike Oldfields Musik hört man gar nicht so oft im Original, aber jeder assoziiert die Musik und den Film sofort miteinander. Aber Sie müssen verstehen, wir klammern uns nicht sklavisch an das Original, wir haben uns nicht hingesetzt und eine Checkliste erstellt, was wir übernehmen könnten. Es ist mehr so, dass wir uns überlegt haben, wie es Chris MacNeil, gespielt von Ellen Burstyn, ergangen sein mag, wie sie 50 Jahre später sein könnte. Sie ist ein gutes Gegengewicht: Während die Familien die Katastrophe, die sie erlebt hat, gerade durchmachen, kann sie davon erzählen, wie sich diese Erfahrung auf ihr Leben ausgewirkt hat. Ich muss nicht betonen, wie aufregend es war, mit Ellen arbeiten zu können, deren Leben sich ihrerseits durch „Der Exorzist“ maßgeblich verändert hat. 

**[Linda Blair](/person/linda-blair) spielt nicht mit in Ihrem „Der Exorzist“. War Sie dennoch in irgendeiner Form involviert?**

DAVID GORDON GREEN: Wir hatten Sie als Beraterin am Set. Das war vor allem für unsere jungen Darsteller von unschätzbarem Wert, weil sie natürlich auch die eine oder andere Geschichte über ihre Erfahrung am Set der Filme zu erzählen hatte, wie natürlich auch Ellen. Ich bin ein großer Filmfan, und „Der Exorzist“ ist einer dieser Filme, die mich mein ganzes Leben begleitet haben. Nie hätte ich mir vorstellen lassen, eines Tages selbst in diese Fußstapfen treten zu können. 

**Vor „Der Exorzist: Bekenntnis“ haben Sie Ihre „Halloween“-Trilogie mit Jamie Lee Curtis realisiert und haben damit einem weiteren klassischen Horrorstoff Ihren persönlichen Stempel aufdrücken können. Hat Ihnen diese Erfahrung bei der Arbeit an Ihrem neuen Film geholfen?**

DAVID GORDON GREEN: Diese beiden Universen sind in vielerlei Hinsicht absolute Gegensätze. Das ist auch einer der Gründe, warum ich nach „Halloween“ gleich wieder in diesem Genre arbeiten wollte. Es ist einfach etwas ganz Anderes, bedarf keiner krassen Gags oder Schockmomente, wie man sie einsetzen muss, wenn man einen ikonischen Slasherfilm zu neuem Leben erweckt. „Der Exorzist“ ist viel spiritueller, von innen heraus erzählt, es geht mehr um Bedrohung, Angst, Nervosität, Unsicherheit. Als Filmemacher war eine ganz andere Seite gefragt, mussten andere Werkzeuge eingesetzt werden. Beide Stoffe sind, jeder auf seine Weise, aufregend. 

**Nach seiner Veröffentlichung war „Der Exorzist“ nicht nur bis zum Start von „Der weiße Hai“ zwei Jahre später der erfolgreichste Film aller Zeiten an den US-Kinokassen, sondern beherrschte auch den öffentlichen Diskurs. Denken Sie, dass so etwas auch heute möglich ist mit Kino?**

DAVID GORDON GREEN: Warten wir’s ab. Als das Original 1973 in die Kinos kam, wusste kaum jemand im Land, was ein Exorzist überhaupt ist. Mittlerweile gibt es hunderte von Filmen, die sich auf das Original berufen oder sich davon inspirieren ließen, das Thema als solches wurde wieder und wieder durchgekaut. Wenn man sich „Der Exorzist“ heute mit einem Kinopublikum ansieht, hört man es manchmal kichern und lachen – was damals ziemlich garantiert nicht der Fall war. Wir sind zynischer geworden, abgebrühter. Wir nehmen einfach nur ein paar der Themen und Konzepte und versetzen sie in einen modernen, aktuellen Kontext. Manche der Fragen sind ähnlich, über Glauben und Familie. Aber wir gehen auch unseren ganz eigenen Weg, machen Abzweigungen und drücken dem Ganzen unseren Stempel auf. Wir wollen dem gerecht werden, womit William Friedkin, William Peter Blatty und Ellen Burstyn Filmgeschichte geschrieben haben. 

Das Gespräch führte Thomas Schultze.


David Gordon Green zu „Der Exorzist: Bekenntnis“: „Wenn schon, denn schon“

Director David Gordon Green on the set of The Exorcist: Believer.