Blickpunkt:Film

Mit [„Call my Agent Berlin“](/tvshow/call-my-agent-berlin) (Start: 12.09.) präsentiert [Disney+](/company/disney_a7) die deutsche Version der französischen Erfolgsserie „Call my Agent“. Im Fokus steht die Schauspielagentur Stern – und natürlich zahlreiche berühmte Gaststars. Wir sprachen mit Produzent [Henning Kamm](/person/henning-kamm) und [Johann Buchholz](/person/johann-buchholz), Showrunner, Produzent, Headautor und Regisseur, über die Adaption der Serie.

**Herr Buchholz, Sie sind Showrunner von „Call my Agent Berlin“, haben das Drehbuch geschrieben, produziert, und Regie geführt. War die Serie also ein Herzensprojekt für Sie?**

**Johann Buchholz:** Und wie! Ich habe ja schon an anderen Formaten, in denen Schauspieler:innen sich selbst spielen, mitgearbeitet: Die [Joyn](/company/joyn)-Serie [„Jerks“](/tvshow/jerks-staffel-1) und die [Arte](/company/arte-deutschland)-Serie [„Paare“](/tvshow/paare). Da passte dieses französische Format „Call my Agent“ genau ins Profil. Schon seitdem ich die Serie das erste Mal gesehen habe, wollte ich eine deutsche Adaption realisieren. Doch erst als ich mit Henning Kamm zusammen die [Friday Film](/company/friday-film) gegründet habe, nahm diese Idee konkrete Formen an und schließlich konnten wir uns die Adaptionsrechte sichern. Der Weg zur fertigen Serie hat am Ende einige Jahre gedauert und ich bin besonders für das Vertrauen unserer Gesellschafter der [Studio Hamburg Production Group](/company/studio-hamburg-production-group), [Michael Lehmann](/person/michael-lehmann) und [Andreas Knoblauch](/person/andreas-knoblauch), dankbar, die von Anfang an hinter uns standen und das Projekt unterstützt haben. Außerdem haben wir mit Wild Bunch einen großartigen Koproduzenten gefunden, der uns – auch dank seiner französischen Wurzeln – bei den epischen Verhandlungen mit unseren französischen Partnern entscheidend zur Seite stand.

**Henning Kamm:** So sehr wir persönlich der Serie verbunden sind, war uns auch immer bewusst, dass das Projekt Bestandsprobe, Definitionsmoment und als erstes Projekt grundsätzlich ein Meilenstein für die Friday Film sein wird.

**Die Firma ist, wie Sie selbst sagen, noch recht neu. Wofür steht die Friday Film innerhalb von [Real Film](/company/real-film-gmbh) bzw. Studio Hamburg?**

**Henning Kamm:** Wir wollen schlicht und ergreifend unterhalten. Dabei setzen wir vor allem auf Humor, den wir mit der Friday Film in den verschiedensten Spielarten fördern wollen. Wir sind weder auf ein Genre noch auf ein Format festgelegt.

**Johann Buchholz:** Wir machen schon viel Komödie. Probieren dabei aber, nicht nur lustig zu sein, nicht dieses Pointenfeuerwerk abzuschießen, Wir suchen das Lachen, das sich seinen Weg durch Tränen suchen muss. So als wenn jemand während einer Beerdigung etwas über den Verstorbenen sagt, das einen trotz all der Trauer zum Lächeln bringt. Dieses Lachen ist sehr tief und schön und es ist das, was wir suchen.

![Katja Riemann in „Call my Agent Berlin“ (Credit: Disney/ Julia Terjung)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/a83f9394-f666-414f-8f25-65c629ae4049.jpg)

**Können Sie ein Beispiel dafür nennen, wie dieser Humor bei Friday Film bzw. „Call my Agent Berlin“ aussieht?**

**Johann Buchholz:** In der ersten Folge der Serie geht es um einen Schauspieler, der zu alt für bestimmte Rollen ist und sich damit grämt. Dem wird dann gesagt, er solle doch eine Schönheits-OP machen. Die Fallhöhe ist hier nicht enorm hoch, es gibt keine Leiche, keine Arbeiter, die ihre Lebensgrundlage verlieren oder ähnliches. Natürlich kann man diese Situation ganz albern finden und sich über den Schauspieler lustig machen. Wir nehmen das aber ernst, anstatt jedes mögliche Klischee und jeden Witz, der uns zu der Situation einfällt, auszuschlachten. Wir nehmen ihn ernst, und lassen daraus den Humor entstehen.

**Humor und Drama liegen ja ohnehin immer nah beieinander.**

**Henning Kamm:** Ganz genau. Qua des Ursprungs der Firma könnten wir sagen: „Wir machen Comedy!“. Das stimmt natürlich, trifft aber nicht unseren Kern. Humor wirkt für uns erst dann richtig gut, wenn die Amplituden von tief bis hoch zusammenspielen.  Kurz gesagt, die Friday Film steht für die Idee, Drama und Comedy möglichst unterhaltsam zu verbinden.

![Henning Kamm & Johann Buchholz am Set von „Call my Agent Berlin“ (Credit: Disney/ Julia Terjung)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/15c4acba-c6ee-4c98-88c0-10577c002edd.jpg)

**Wie Sie schon erwähnten, basiert „Call my Agent Berlin“ auf einer französischen Serie. Inwiefern haben Sie das Drehbuch an Deutschland und ein deutsches Publikum angepasst?**

**Johann Buchholz:** Ich habe ja schon angesprochen, dass es recht lange gedauert hat, bis wir die Rechte an dem Stoff bekommen haben. Über diesen gesamten Zeitraum hinweg war aber klar, dass wir frei sein müssen, die Drehbücher auch anders zu schreiben als bei der Originalserie. In der französischen Version gibt es auch einen Humor, den wir nicht unbedingt reproduzieren wollen.

**Henning Kamm:** Wir haben weder versucht, uns auf Krampf vom Original zu unterscheiden, noch wollten wir es kopieren. Es ging immer darum, eine deutsche Variation zu machen und sich dieser Herausforderung völlig frei zu stellen.

**Können Sie das konkreter benennen?**

**Johann Buchholz:** In einer Folge des französischen Originals behauptet [Charlotte Gainsbourg](/person/charlotte-gainsbourg), sie sei auf einer Banane ausgerutscht, hat sich das Bein gebrochen und kann deswegen im Film ihres besten Freundes nicht mitspielen. Als herauskommt, dass sie gelogen hat, läuft der Freund wütend weg, sie läuft hinterher und rutscht diesmal tatsächlich auf einer Banane aus. Das bringt zwar jedem ein Lächeln ins Gesicht, ich fand es aber zu albern für unsere Produktion. Das wollte ich von deutschen Schauspieler:innen so nicht sehen. Es gibt Pointen, die akzeptieren wir bei amerikanischen oder französischen Darsteller:innen, deutschen Schauspieler:innn lassen wir sie aber nicht durchgehen. Da ist das deutsche Publikum streng. Meine größte Angst war, dass man sich die deutsche Version anschaut und Fremdscham empfindet. Es gab auch lange Gespräche mit den Drehbuchautor:innen und Regisseur:innen, in denen es darum ging, dass man bitte nicht jeden möglichen Witz einbauen sollte. Das Humorkonzept ist: Zwischen den Agenten ist eigentlich jeder Tag die Nacht der langen Messer, es ist alles sehr ernst. Nur haben diese Meistermanipulatoren als Klientel diese berühmten Stars mit ihren manchmal etwas albernen und oft der Eitelkeit geschuldeten Problemen. Daraus entsteht der Humor.

**Henning Kamm:** Dazu kommt, dass das Original inzwischen zehn Jahre alt ist – es liegen somit eine lange Zeit und zwei Kulturen dazwischen. Entsprechend war es wichtig und notwendig, dass wir Dinge ändern dürfen. Und ich glaube, dass die Zuschauenden positiv überrascht sein werden, dass es sich um keine klassische Comedy handelt. In einem Moment kann man lachen, im nächsten ist man plötzlich total berührt.

![Call my Agent Berlin (Credit: Disney/ Julia Terjung)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/f2aa9549-af1a-438a-937e-e3961c6dabd3.jpg)

**Im Cast sind zahlreiche bekannte Namen vertreten, etwa [Moritz Bleibtreu](/person/moritz-bleibtreu) oder [Heike Makatsch](/person/heike-makatsch). Wie schwierig war es, den Cast zusammenzustellen?**

**Henning Kamm:** Es war ein Wechselbad der Gefühle. Mit einigen LOIs gestartet, standen wir zehn Wochen vor Dreh, ehrlich gesagt, ganz schön nackt da. Es gab Zurückhaltung und Vorurteile. Man spürte, dass es nicht nur darum ging, ob wir in Deutschland überhaupt ein Starsystem haben, sondern auch, wie man sich in der deutschen Branche einem solchen Format nähert. Es gab große Vorbehalte, dass unsere Version zu albern ist – aber nichts lag uns ferner. Wir mussten uns das Vertrauen erst einmal erarbeiten. Wir haben dann intern einiges an unseren Prozessen geändert, was letztlich zum Erfolg geführt hat. Besonders möchte ich Johanns unermüdliche Kraft betonen, Menschen für das Projekt zu gewinnen. Das Ergebnis zeigt, es hat sich gelohnt!

**Johann Buchholz:** Eigentlich sind wir hier viel liebevoller zu den berühmten Menschen als z.B. bei „Jerks“. Trotzdem war es aber erst einmal schwierig. In Frankreich war übrigens der Macher Dominique Besnehard selbst eine Legende in der französischen Agentur-Landschaft. Und selbst da wollten die Schauspieler:innen sich lange Zeit nicht selbst spielen – bis Cécile De France als Erste zugesagt hat. Bei uns war diese erste Person Heike Makatsch. Ihr gefiel das Drehbuch, was Timon Kaleyta geschrieben hatte, und sie konnte über sich lachen. Nach und nach kamen dann auch andere Stars dazu.

**Bei [„Krank Berlin“](/tvshow/krank-berlin_2), die von Real Film produziert wurde, sagten Sie, dass die Stadt Berlin darin eine zentrale Rolle spielt. Ist das bei „Call my Agent Berlin“ ähnlich?**

**Johann Buchholz:** Nicht unbedingt, bei uns sind diese Agentur und Berlin die ganz große Welt. Wir hatten diese internationale Marke „Call my Agent“, die es schon in verschiedenen Ländern gibt. Ich dachte dabei auch an Serien wie „CSI: Miami“ – „Call my Agent Berlin“ hört sich dann ein bisschen an, als seien wir Teil einer großen Bewegung.

**Henning Kamm:** Johann hatte sehr früh den richtigen Riecher, die Serie „larger than life“ zu erzählen, und keinen naturalistischen Erzählansatz zu wählen. Das sprach von vorneherein gegen Berlin als eigenständigen Charakter.

![Frederick Lau in „Call my Agent Berlin“ (Credit: Disney/ Julia Terjung)](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/10645e58-3252-478c-86e0-c822f3a0fc60.jpg)

**Beim Original basieren viele Handlungselemente auf realen Erfahrungen des Showrunners. Inwiefern wird in „Call my Agent Berlin“ die reale deutsche Filmwelt dargestellt oder persifliert?**

**Johann Buchholz:** Wir hatten Gespräche mit mehreren echten Agent:innen und haben viele tolle Geschichten gehört. Einige davon haben es in die Serie geschafft. Genaueres können wir leider nicht erzählen, mit einer Ausnahme: Einige Zeit lang hat Katja Riemann eine sehr schlechte Presse bekommen. Deshalb war die Idee für eine Folge, dass der Agent dort sagt, er habe keine Zeit, weil er mit Katja Riemann reden muss – schließlich sei die Situation mit ihr so schwierig. In Wirklichkeit ist sie dann diejenige, die dem Agenten hilft, der gerade ein privates Problem hat. Insofern haben wir den Ruf einer Person benutzt, dann aber eine ganz andere Geschichte erzählt, als die Zuschauenden es vielleicht erwarten würden. Außerdem spielen sich viele Schauspielende in der Serie als sehr eitel und auch das ist aus dem Leben gegriffen.

**Henning Kamm:** Bei unserem exklusiven Pre-Screening mit den Agent:innen, mit denen wir im Rahmen der Seire zusammengearbeitet haben, wurde unabhängig von den Geschichten rund um die Stars an vielen Stellen herzlich gelacht, weil gewisse Situationen aus dem Agenturalltag in ihrer Überhöhung wiedererkannt wurden.

**Hierbei handelt es sich um das erste große Projekt von Friday Film. Was haben Sie für die Zukunft geplant?**

**Henning Kamm:** Unter anderem arbeiten wir an „Eurovision Murder Mystery“, einer französisch-deutschen Koproduktion mit Emmanuelle Guilbart/ APC Studios aus Paris. Wie der Titel ziemlich eindeutig verrät, handelt es sich um eine Krimiserie, die beim Finale des ESC spielt.  Die Entwicklung wurde soeben von Nordmedia gefördert, als Partner sind bisher RTBF aus Belgien, BNNVARA aus Holland und der NDR an Bord. Weiter Partner folgen in Kürze. Gedreht wird nächstes Jahr.

*Das Gespräch führte Lea Morgenstern.*



Johann Buchholz und Henning Kamm zu „Call my Agent Berlin“: „Drama und Comedy möglichst unterhaltsam verbinden“